Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ex

Ex

Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
Vom Netzwerk:
fürchten. Adam hielt sich mit Angelique in einem Schrank in einem der königlichen Schlafzimmer versteckt. Nur durch das Eingreifen von Lafayette mit seiner Nationalgarde wurden sie gerettet. Aber Lafayettes Autorität war im Schwinden begriffen. Der Mob drohte ihn zu hängen, falls er und seine Truppen die königliche Familie nicht dazu zwangen, nach Paris zurückzukehren und künftig im bescheideneren Palast in den Tuilerien zu leben, wo sie praktisch Gefangene wären.
    Das sollte für Adams Leben in Frankreich der Wendepunkt sein. Er liebte seine Frau und war gefangen in dieser dem Untergang geweihten Welt, in der sie nur so kurze Zeit glücklich waren und die nun unter einer Woge von Blut begraben wurde. Die Ereignisse schritten mit gnadenloser Unerbittlichkeit voran. Adam wußte, daß er und Angelique früher oder später zur Flucht gezwungen sein würden, aber noch hielt sie ihre Loyalität im Land. Er stand zu Lafayette und sie zur Königin. Eine Revolutionsfraktion nach der anderen bemächtig-te sich der Macht, jede schwamm auf einer neuen Welle von Blut. Die Guillotine arbeitete jetzt Tag und Nacht, über der ganzen Stadt lag der Gestank von Tod und Verderben. Ende 1792 wurde Lafayette in Österreich gefangengenommen und als ›gefährlicher Revolutionär‹ ins Gefängnis geworfen. Nur kurz darauf wurde in Paris der König geköpft. Und plötzlich war es zu spät, um wegzulaufen. Also versuchten Adam und Angelique sich zu verstecken und standen Tag für Tag Todesängste aus. Als sie mit ansehen mußten, wie die Königin, erst siebenunddreißig Jahre alt und doch schon eine alte, gebrochene Frau mit vorzeitig ergrautem Haar, zum Schafott geschleift wurde, hielt Adam seine Frau in den Armen und versuchte ihr herzzerreißendes Schluchzen zu ersticken. Um sie herum tanzte und jubelte die Menge in niederträchtiger Freude… und einer, der das junge Paar ausmachte, das die revolutionäre Begeisterung in diesem epochemachenden Augenblick nicht teilte, machte die Bürgerwehr auf sie aufmerksam.
    Sie versuchten wegzurennen, aber vergeblich. Die Menge hatte sie in ihrer Gewalt, und Adam fürchtete schon, man würde sie in Stücke reißen. In diesem Moment nackter Angst tat er etwas, was ihn bis ins Grab und darüber hinaus verfolgen sollte: Als er sah, wie Angelique überwältigt wurde und in ihrer Verzweiflung ihre Liebe zur toten Königin herausschrie und die Schufte verfluchte, die sie umgebracht hatten, behauptete Adam, diese Frau nicht zu kennen.
    Diese Lüge sollte ihm nichts nützen. Schlimmer noch, Angelique hatte sein Leugnen gehört. Plötzlich verstummte sie und starrte ihn an, blind für ihre Umgebung und gleichgültig gegenüber dem, was mit ihr geschah.
    Adam sah, wie man sie wegschaffte, einem nur allzu gewissen Schicksal entgegen. Und er rief ihr nach, flehte sie an, ihm zu vergeben, schwor ihr unsterbliche Liebe. Doch es war zu spät. Nichts ließ sich mehr ungeschehen machen.
    In dieser Nacht starrte er durch das Eisengitter einer Gefängniszelle, ohne den Gestank der verängstigten Menschen um sich herum wahrzunehmen. Bereits morgen würden sie alle tot sein. Doch bis dahin blieb ihm noch genug Zeit, um sein Leben zu betrauern und zu bereuen, daß er sein Vaterland verlassen hatte. Zu leicht hatte er sich zu diesem neuen Leben verführen lassen. Zuerst hatte er zu viel, und zuletzt nicht genug geliebt.
    Als der Morgen dämmerte, nahm er sein Schicksal mit einem bitteren Gleichmut hin, den die anderen fälschlicherweise für Tapferkeit hielten. Mit grimmigem Lachen erinnerte er sich daran, daß er schon einmal für tapfer gehalten worden war. Dies hatte ihn letztlich hierher und in diese Lage gebracht. Mit diesem Gedanken erklomm er die Stufen des Schafotts, auf dem am Vortag die Königin ihr Leben gelassen hatte und, wie er vermutete, auch bereits seine Frau. Die Hände auf dem Rücken zusammengebunden, kniete er sich nieder wie zum Gebet und schloß in Erwartung des Todes die Augen.
     
    KAPITEL 16 Alle Mitglieder der Gruppe nickten und murmelten beifällig, als sie ihre Kopien des Manuskripts lasen. Jeder hatte etwas zu ›Adams Geschichte‹ beigetragen, obwohl man jetzt nicht mehr sagen konnte, wer dieses Detail oder jenen Part vorgeschlagen hatte. Jede freie Minute hatten sie genutzt, sich in die Epoche einzulesen. Und die Französische Revolution war nicht nur hervorragend dokumentiert, sondern auch in vielen allgemein verständlichen Werken dargestellt. Großzügig illustrierte

Weitere Kostenlose Bücher