Ex
und Laken hindurch ihren warmen Körper streichelte, fühlte sie plötzlich einen Adrenalinstoß, der wunderbarerweise ihre Stirnhöhle klärte und sie leichter atmen ließ. Trotzdem konnten sie immer noch nicht abschalten und sich entspannen. An der Tür küßte Sam sie zum Abschied.
»Und ich soll ganz bestimmt nicht dableiben, einfach nur so?« fragte er zögernd.
Joanna schüttelte den Kopf. »Mir geht es gut. Aber wenn du nichts dagegen hast, möchte ich morgen früh Maggie anrufen und sie darüber befragen, wie sie über die Sache denkt.«
»Na klar, es ist schließlich deine Story. Schreib sie so, wie du willst.«
Nachdem Sam gegangen war, schloß Joanna die Tür ab, ging wieder ins Bett und spielte sich noch einmal das Band vor, das er ihr dagelassen hatte. Hin und wieder machte sie sich Notizen, wenn ihr etwas einfiel, das sie in ihrem Artikel verwenden wollte. Es war schon nach eins, als sie in einen überraschend traumlosen Schlummer sank. Und als sie um sieben aufwachte, ging sie schnurstracks zu ihrem Computer, wo sie über eine Stunde lang das Material ordnete und eine Einleitung für die Story entwarf. Erst danach fiel ihr auf, daß die Grippesymptome sich nahezu verflüchtigt hatten und sie sich so erholt fühlte wie nach einer Woche Urlaub. Zum Frühstück gönnte sie sich Kaffee, Saft und Cornflakes, dann nahm sie ein ausgiebiges Bad, zog sich an und legte ein wenig Make-up auf. Jetzt war sie wieder ganz die alte und strotzte vor Energie, als sie Maggies Nummer wählte.
Nach dem zweiten Klingeln hob jemand ab. Doch es war nicht Maggie, sondern eine jüngere Frau. An ihrem verhaltenen Ton erkannte Joanna sofort, daß etwas nicht stimmte. »Ist das nicht der Anschluß von Maggie McBride?« fragte sie.
»Doch.« Die Stimme zitterte.
»Kann ich sie bitte sprechen? Mein Name ist Joanna Cross.«
»Ich fürchte, das ist nicht möglich, Miss Cross. Meine Mutter ist letzte Nacht gestorben.«
Heather McBride war Mitte Dreißig, schlank und von schlichter Eleganz – ganz die New Yorker Karrierefrau, wie man sie vor allem an der Wall Street sieht. Aber es war auch eine Sanftheit in ihr, an der sie Joanna sofort als Maggies Tochter erkannte. Es schmerzte sie, mit dieser gefaßten, doch offenkundig zutiefst betrübten Frau in Maggies tadellos aufgeräumtem Wohnzimmer zu sitzen, im rückwärtigen Trakt der riesigen Wohnung an der Park Avenue, wo Maggie einst als Haushälterin gearbeitet hatte.
»Meine Mutter hatte es schon seit zehn Jahren am Herzen«, vertraute die Tochter ihr an. »Erst vor kurzem hatte sie sich mit dem Gedanken abgefunden, daß eine baldige Operation wohl unvermeidlich war. Aber sie nahm Medikamente, und die Ärzte waren überzeugt, daß keine unmittelbare Gefahr bestand.« Ihr entfuhr ein leiser Schluchzer. »Offensichtlich haben sie sich geirrt.«
»Wird es eine Autopsie geben?«
Miss McBride schüttelte den Kopf. »Ich habe mit meinem Bruder gesprochen, und wir halten es beide für überflüssig. Er ist übrigens auf dem Weg hierher, er kommt aus Portland in Oregon«, setzte sie hinzu, als müsse sie erklären, warum er bei ihrem Gespräch nicht dabei war. »Darf ich fragen, Miss Cross«, meinte Miss McBride dann nach einem kurzen Zögern, »darf ich fragen, in welcher Beziehung Sie zu meiner Mutter standen? Ich kann mich nicht erinnern, daß sie je Ihren Namen erwähnt hat.«
Joanna erzählte ihr gerade so viel von der Sache, wie sie für unbedingt notwendig hielt, während Heather McBride vor sich auf den Teppich starrte und hin und wieder nickte. »Ich weiß, daß meine Mutter sich für dieses Zeug interessiert hat«, meinte sie, als Joanna zu Ende geredet hatte. »Allerdings fürchte ich, daß ich nicht viel damit anfangen kann. Wir haben auch kaum darüber geredet.«
Da klingelte es an der kleinen Tür im rückwärtigen Teil der Wohnung, Maggies separatem Eingang. Joanna hatte etliche Zeit gebraucht, ihn zu finden, obwohl Heather ihn ihr ausführlich beschrieben hatte.
Heather öffnete die Tür und kam mit einem großen Mann in schwarzem Anzug und weißem Priesterkragen zurück. Er hatte ein schmales Gesicht und war zwischen vierzig und fünfzig. »Reverend Collingwood«, stellte sie ihn vor. »Priester der Unitarierkirche, der meine Mutter angehörte.« Joanna sei eine Freundin ihrer Mutter gewesen, setzte sie noch hinzu, und die beiden schüttelten sich die Hand.
»Ich habe Ihren Namen bereits gehört, Miss Cross«, sagte der Priester. »Und zwar erst gestern
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