Ex
hielt abwehrend die Hände hoch. »Vergiß es. Hysterische Weiber kriegen die Grippe und sehen Gespenster. Es reicht.«
»Ein Gespenst zu sehen ist genau das, was wir uns erhoffen – einen Geist, den wir selbst erzeugt haben. Wie du für dich in diesem Gemälde einen erzeugt hast, indem du dein Bild von Adam darauf projiziert hast.«
»Ich hab’ doch schon gesagt, daß ich kapituliere. Okay?«
»Entschuldigung, ich wollte nicht darauf herumreiten…«
Mit einer Geste, als schließe sie ihm den Mund mit einem Reißverschluß, bedeutete sie ihm, endlich still zu sein. Sam lachte. »Setz dich hin, ich bring’ dir was zu essen.«
Ein paar Minuten später saßen sie neben dem Fenster, ihre Teller auf den Knien. »Ich habe übrigens darüber nachgedacht«, meinte er schließlich, »und wenn es dir wirklich nichts ausmacht, würde ich die Sitzung heute abend doch gerne stattfinden lassen.«
»Ich habe nichts dagegen«, nickte sie.
»Wir zeichnen ja sowieso alles auf, so daß du nichts Wichtiges verpaßt. Und im Moment läuft das Experiment so gut, daß ich es nicht unterbrechen möchte.«
»Du hast völlig recht. Und nächstes Mal bin ich ja wieder dabei.«
Nachdem sie ihre Teller leer gegessen hatten, griff er nach der Salatschüssel. »Willst du noch ein bißchen?«
»Gibt es da nicht eine Regel, die besagt, daß man eine Erkältung füttern und ein Fieber aushungern soll?« fragte sie, während ihr Sam erneut den Teller füllte.
»Nichts als Ammenmärchen«, erwiderte er und grinste abschätzig. »Glaub bloß nichts davon. Übelster Aberglaube.«
KAPITEL 22 Clifton Webb saß in der Badewanne und tippte an einer seiner gehässigen Rezensionen, und Joanna mußte daran denken, wie sehr er sie an Ward Riley erinnerte. Oder erinnerte Ward Riley sie an Clifton Webb? Er war jünger als der Schauspieler und weniger eingebildet, doch sie konnte ihn sich bestens als den giftigen Waldo Lydecker in dem Film Laura vorstellen, den sie nun schon zum vierten oder fünften Mal im Kabelfernsehen sah und der sie noch immer begeisterte.
Mit einem Mal gab es einen Knall in ihrem Zimmer, so als ob jemand geschossen hätte und eine Kugel in die Wand eingeschlagen hätte. Sie wußte, daß es nicht aus dem Fernseher kam, dazu hatte sich der Knall zu echt angehört, der ihr noch immer in den Ohren dröhnte. Außerdem kannte sie den Film, in dieser Szene wurde nicht geschossen.
Da passierte es wieder. Diesmal sprang sie aus dem Bett, trat auf den Zipfel ihres Morgenrocks und flüchtete stolpernd in eine Ecke, damit sie nicht für irgendwelche schießwütigen Spinner auf der Straße zur Zielscheibe wurde. Als sie jedoch vorsichtig aus dem Fenster spähte, sah sie, daß niemand draußen war und auch die Scheibe kein Loch hatte.
Zitternd ging sie zu der Stelle, wo sie den Einschlag vermutete. Doch der Verputz war in Ordnung, es war nichts zu sehen, was das Geräusch hätte erklären können.
Ein hämmernder Schlag an ihrer Wohnungstür ließ sie erschrokken herumwirbeln. Dann verharrte sie reglos und wartete auf den nächsten Schlag, dem die Tür wahrscheinlich nicht mehr standhalten würde. Doch nun herrschte Stille.
Sie schlich an den Wänden ihres Schlafzimmers entlang und durch den schmalen Flur bis zur Wohnungstür, wo sie vorsichtig durch das Guckloch blickte. Doch auf dem Treppenabsatz war niemand zu sehen. Wenn jemand hiergewesen war, war er inzwischen wieder gegangen.
Aber Joanna wußte, daß niemand dagewesen war, zumindest nicht im üblichen Sinn. Eine innere Stimme sagte ihr, daß sie gerade Besuch von Adam bekommen hatte.
Zu ihrer eigenen Verwunderung blieb sie bei diesem Gedanken seltsam ruhig, ihre anfängliche Angst war verflogen.
Fünfzehn Minuten nach neun war Sam da. Sie hatte ihm in seinem Büro eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, den er nach seiner Sitzung abgehört hatte. Gleich danach hatte er sie angerufen und versprochen, sofort zu ihr zu kommen – mit dem Videoband.
In einer Ecke des Bildes war die Zeit eingeblendet, und Joanna sah die Zahlen vorbeihuschen, während Sam das Band vorspulen ließ. Joanna wußte, daß der Punkt, an dem Sam das Band stoppen würde, exakt mit der Zeit übereinstimmen würde, zu der sie die Geräusche in ihrer Wohnung gehört hatte.
»Da ist es.« Sam betätigte die Fernbedienung, und die Bilder liefen in normaler Geschwindigkeit weiter. Die Gruppe – mit Ausnahme von Joanna – saß wie immer am Tisch, vor sich das Ouija-Brett mit dem Zeiger,
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