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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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der sich unter der Berührung ihrer Fingerspitzen schnell hin und her bewegte.
    »Wo… ist…Joanna?« hörte sie Sam Buchstabe für Buchstabe vorlesen.
    »Joanna liegt krank zu Hause«, antwortete er. »Aber das nächste Mal ist sie bestimmt wieder bei uns. Hast du irgendeine Nachricht für sie?«
    Der Zeiger rückte auf das Wort »Ja«.
    »Was willst du ihr sagen?« fragte Sam weiter. Aber danach rührte sich nichts mehr.
    »Halt!« Joanna griff nach der Fernbedienung und schaltete auf Standbild. Die Zeitangabe in der oberen rechten Ecke lautete 19:43. »Genau da ist es passiert«, sagte sie. »Ich bin aus dem Bett gesprungen und habe mich in der Ecke versteckt, weil ich dachte, draußen auf der Straße würde jemand schießen. Ich weiß nicht warum, aber ich habe auf die Uhr da drüben gesehen, und es war 19 Uhr 43. Dann tat es einen Schlag an der Tür.«
    »Anscheinend ist deine Vermutung richtig«, stellte Sam fest. »Adam wollte mal eben ›hallo‹ sagen.«
    »Weißt du, was das Merkwürdigste daran ist?« meinte Joanna nach einer Weile. »Wie selbstverständlich ich das alles hinnehme. Hättest du mir vor sechs Monaten gesagt, daß ein körperloses Wesen gegen meine Wände hämmern und ich darauf nur sagen würde: ›Ach, das ist bloß Adam, ein Geist, den wir erschaffen haben‹ – ich hätte dich für komplett verrückt erklärt. Aber genau das mache ich jetzt, und ich weiß nicht warum. Was ist nur los mit mir?«
    »Dein Horizont hat sich etwas erweitert, sonst nichts. Du warst darauf programmiert, alles Übersinnliche von vornherein als Schwindel abzutun. Jetzt stellst du fest, daß das nicht stimmt, ja daß das Übersinnliche sogar etwas ganz Normales ist.«
    »Trotzdem habe ich das Gefühl, daß irgend etwas Unheimliches an der ganzen Sache ist. Ach, allmählich weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich glauben soll.«
    »Da bist du nicht die einzige.« In seiner Stimme schwang ein ungewohnter Unterton, der Müdigkeit und Resignation verriet. Schließlich griff er nach der Fernbedienung und drückte auf die Play-Taste.
    »Ich glaube, er will uns keine Nachricht für Joanna geben«, ertönte Sams Stimme nun aus dem Fernsehlautsprecher.
    »Bestimmt würde er sie ihr lieber persönlich überbringen«, meinte Roger schmunzelnd, »wie das ein Mann mit guten Manieren eben macht.«
    Joanna und Sam wechselten einen stummen Blick.
    »Na schön, Adam«, sagte Sam auf dem Bildschirm, »du wiederholst allmählich nur noch deine alten Tricks, und das wird auf Dauer ein bißchen langweilig. Möchtest du uns nicht irgendwas Neues zeigen?«
    Der Zeiger bewegte sich wieder und zog ihre Finger über das Brett, bis sich die Worte »WAS DENN?« ergaben.
    »Nun, es wäre zum Beispiel schön, wenn wir dich mal zu sehen bekämen«, schlug Sam vor. »Kannst DU vor uns Gestalt annehmen?«
    Eine Pause trat ein. Dann rutschte der Zeiger entschieden auf »Nein«.
    »Gibt es einen bestimmten Grund, warum das nicht geht?«
    Die Frage kam von Ward Riley. Der Zeiger bewegte sich nur kurz weg, um gleich wieder auf »Nein« zu deuten.
    »Gibt es denn irgend etwas, womit du uns beeindrucken könntest?« fragte Barry mit milder Ungeduld und warf einen amüsierten, erwartungsvollen Blick in die Runde.
    Mit gemessener Langsamkeit rückte der Zeiger in die Mitte des Bretts zurück und rührte sich nicht mehr. Alle warteten. Joanna spürte, daß sich jeder in der Gruppe fragte, ob sie weitermachen oder sich zurücklehnen oder etwas sagen sollten, oder ob die Sitzung damit zu Ende war.
    Während dieser allgemeinen Ratlosigkeit ertönte plötzlich ein dumpfer Schlag, der sie alle aufrüttelte. Es klang, als hocke jemand unter dem Tisch und versuche aufzustehen. Alle wichen zurück, und da begann sich der Tisch wieder zu bewegen. Niemand berührte ihn, als er sich ganz langsam und gleichmäßig vom Boden hob.
    Gebannt starrte Joanna auf den Bildschirm, während der Tisch immer höher schwebte und alle Blicke ihm folgten. Obwohl es ein durchaus beeindruckendes Bild war, mußte Joanna unwillkürlich an so manche Kommentare denken, die sie immer wieder sowohl von Sam als auch von Roger gehört hatte: Was auch immer man auf Film oder Tonband aufgezeichnet hat, wirkt nie hundertprozentig überzeugend. Nach jahrzehntelanger Berieselung mit filmischen Spezialeffekten waren die Menschen abgestumpft. Alles war möglich, weil nichts real war. Sie dachte an die verblaßten Sepiafotografien aus der Zeit der Jahrhundertwende, die sie gesehen hatte; für

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