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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Schwarzweißzeichnung mit einem Kreis, in dem sich eine lange, kunstvoll gewundene Spirale befand, die um sich selbst geschlungen war, so daß ein merkwürdiger dreidimensionaler Effekt entstand. Ohne jeden Zweifel handelte es sich um das gleiche Muster, das sie auf dem Gegenstand in der Gipshand gesehen hatten. Die verschiedenen geraden Linien und ihre Verbindungen untereinander waren nun deutlich zu erkennen.
    »Es sind alchemistische Symbole«, erklärte Barry. »Manche davon sind ägyptisch, aber die Spirale ähnelt mehr einem tibetanischen Mandala. Das steht alles in dem Text.«
    Joanna blätterte zur Titelseite, auf der nur ein einziges Wort stand: »Magick.« Dann betrachtete sie wieder die Zeichnung. »Was ist das eigentlich?« fragte sie.
    Bevor Barry zur Antwort ansetzte, holte er tief Atem. Er wollte sich seine Nervosität nicht anmerken lassen. »Wer dieses Ding besitzt, hat angeblich die Macht, seine Feinde mit einem tödlichen Fluch zu belegen.«
    Joanna starrte ihn an. »Was?«
    »Wenn jemand dieses Ding ansieht und zugleich seinem Besitzer in die Augen schaut, ist sein Leben in dessen Hand.« Mit einem Achselzucken schien er sich für die Absurdität seiner Worte entschuldigen zu wollen, aber auch dafür, daß er das Ganze nicht als Unsinn abtun konnte.
    Joanna vertiefte sich in das Buch, überflog ein paar Absätze, blätterte um. »Es heißt, Cagliostro habe dieses Ding besessen«, wandte sie sich wieder an Barry. »War das nicht…?«
    »Der Mann, von dem Ward erzählt hat«, ergänzte Barry. »Und Adam hat danach bestätigt, daß er ihn in Paris getroffen hat.«
    Beide schwiegen einen Augenblick.
    »Was wissen wir eigentlich über diesen Cagliostro?« fragte sie dann.
    Barry ging quer durchs Zimmer, an einer mächtigen Hi-Fi-Anlage mit riesigen Lautsprechern vorbei, und blieb vor den Bücherregalen stehen, die eine ganze Wand einnahmen. Mit dem Zeigefinger fuhr er die peinlich geordneten Reihen entlang, bis er fand, was er suchte. Es war ein gebundenes, fast genauso abgegriffenes Buch wie das, das er Joanna eben gezeigt hatte. Blätternd kam er zurück und hielt es ihr wortlos hin. Es war aufgeschlagen bei einem Kapitel mit der Überschrift: »Cagliostro, Alessandro, Graf von (1743-1795)«.
    »Ob er ein Scharlatan war oder nicht, das kann niemand sagen«, sagte Barry. »Aber es wird berichtet, daß er sich 1785 in Paris mit hochrangigen Freimaurern traf, die einen Beweis für seine angeblichen Zauberkräfte sehen wollten. Er demonstrierte ein auf Zahlenmystik beruhendes System, das sich aus den Buchstaben der Namen bestimmter Leute herleitete. An jenem Tag sagte er voraus, daß es vier Jahre später in Frankreich eine Revolution geben würde und daß die königliche Familie und zahlreiche andere Personen exekutiert werden würden. Dazu lieferte er konkrete Namen und Daten. Und genauso, wie er es prophezeit hatte, kam es dann auch. Außerdem sagte er den Aufstieg Napoleons und seine spätere Verbannung auf Elba voraus. All das geschah vor einer Zuhörerschaft von mindestens einhundert höchst gebildeten, geachteten und einflußreichen Männern.«
    »Haben sie ihm geglaubt?«
    »Offenbar nicht so ganz. Im darauffolgenden Jahr wurde er wegen eines Finanzskandals, der sogenannten Halsbandaffäre, verhaftet und in die Bastille geworfen, dann auf Anweisung des Königs nach neun Monaten freigelassen und des Landes verwiesen. Er starb zehn Jahre später in einem Gefängnis in Rom – zu einem Zeitpunkt, als sich fast alles bewahrheitet hatte, was er vorausgesehen hatte, und seine übrigen Prophezeiungen sollten sich kurz darauf bestätigen.«
    Barry machte eine Pause, damit Joanna seine Worte verdauen konnte, dann zuckte er wieder schuldbewußt die Achseln. »Wie man es auch betrachtet, er war ein Mensch mit außerordentlichen Fähigkeiten. Ich würde mich nicht mit ihm anlegen wollen.«
    Joanna besah sich wieder das Buch in ihren Händen und stieß auf ein Porträt von Cagliostro – ein feistes, grobgeschnittenes Gesicht mit leicht hervortretenden Augen und vollen Lippen. Sein schulterlanges, zurückgekämmtes Haar war entweder weiß oder hellblond. Er schien eine gewölbte Brust und eine kräftige Statur zu haben, war aber nicht besonders groß.
    »Willst du damit sagen, daß das, was wir herbeigerufen haben, gar nicht Adam war, sondern dieser Cagliostro?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Barry. »Ich weiß nur, daß wir eine Brücke zu einer sehr fremdartigen Welt geschlagen haben – und ich

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