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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Namen suchen.
    Danach schwiegen sie wieder und blickten in das Tal hinab, während sie ihren Kaffee austranken. Es war ein einsames, romantisches Fleckchen mit nur wenigen Anzeichen von Zivilisation – ein paar verstreut liegende Höfe, einige vereinzelte Häuser und eine kleine Steinkirche am Hang gegenüber.
    Da sahen sie, wie eine Versammlung von vielleicht zwölf oder fünfzehn Menschen aus der Kirche kam und zu der Handvoll Autos vor dem Kirchhof ging. Kurz darauf erschien der Priester, ein großer, magerer Mann in einer schwarzen Soutane, und stieg auf sein uraltes Motorrad. Knatternd und stotternd tuckerte es auf dem Feldweg dahin, bis sie es aus den Augen verloren.
    »Etwas ungewöhnlich, finden Sie nicht?« sagte Ralph nachdenklich.
    »Ein Priester auf einem Motorrad? Hm, nicht besonders.«
    »Nein – ich meine, daß in diesem Teil der Welt eine Kirche aus Stein gebaut worden ist.«
    »Das sieht man manchmal, wenn auch nicht oft.«
    »Kennen Sie diese Kirche?« fragte er.
    Joanna schüttelte den Kopf. »Ich bin öfter daran vorbeigeritten, habe aber nie sonderlich darauf geachtet.«
    »Ich auch nicht. Ich würde sie mir gern mal näher ansehen. Wollen Sie mitkommen?«
    »Aber gern.«
    Sie stiegen wieder auf, und nachdem sie einen steilen Abhang zu einem Fluß hinuntergeritten und auf der anderen Seite wieder hinaufgeritten waren, erreichten sie zwanzig Minuten später das Tor vor dem nun menschenleeren Kirchhof. Dort ließen sie ihre Pferde stehen und schlenderten zu der hölzernen Eingangstür. Das Gebäude wirkte aus der Nähe sogar noch kleiner, es war eher eine Kapelle als eine Kirche.
    »Mitte achtzehntes Jahrhundert, so wie es aussieht«, meinte Ralph, als sie eintraten. »Da steht’s ja – 1770.« Er deutete auf die Inschrift über der Tür.
    Nach einer Weile ging Joanna wieder hinaus, während Ralph im Innern der Kirche zurückblieb und sich noch ein paar interessante Einzelheiten anschaute. Sie spazierte zwischen den Gräbern umher, die insgesamt recht gepflegt wirkten, auch wenn die Grabsteine im Lauf der Jahre abgesackt waren und schief standen. Die Inschriften waren ziemlich verwittert und manchmal gar nicht mehr zu entziffern. Verwundert fragte sich Joanna, warum man in den letzten Jahren kaum noch jemanden hier beerdigt hatte. Da entdeckte sie, daß hinter einer Trennmauer ein weiterer Friedhofsteil angelegt worden war, der abgesehen von einigen wenigen Gräbern neueren Datums noch leer war. Hier, in dem alten Teil, gab es schon lange keinen Platz mehr.
    Neugierig geworden, wollte Joanna wissen, aus welcher Zeit die ältesten Gräber stammten. Die Inschrift über der Kirchentür lautete 1770, aber sie hatte schon einen Grabstein gefunden, auf dem als Sterbejahr 1753 oder ’58 angegeben war, das konnte man nicht ganz genau erkennen. Aber es deutete darauf hin, daß es dort, wo jetzt die Kirche stand, vielleicht schon vorher eine noch kleinere gegeben hatte.
    Die ältesten Gräber befanden sich alle in einer Reihe auf einer Seite des Friedhofs. Mindestens ein Dutzend der Steine war völlig unleserlich, doch als sie die Reihe weiter entlangging, konnte sie allmählich Namen und Daten erkennen, so als würde sich der Schleier der Vergangenheit lüften. Sämtliche Steine waren aus demselben Stein gehauen, und diejenigen aus der Zeit kurz vor 1760 hatten sich zwei Jahrhunderte lang gegen Wind und Wetter behaupten können.
    Da stieß sie auf einen Namen, der sie erstarren ließ und ihr den Atem raubte. Unter einer graugrünlichen, samtartigen Moosschicht waren schwach, aber unverkennbar fünf Buchstaben zu lesen: WYATT.
    Ohne den Blick abzuwenden, trat sie behutsam näher heran, als könnte es sich um irgendeine Falle handeln. Vorsichtig schabte sie etwas von der moosigen Schicht ab.
     
    Joseph Wyatt
    1729 – 1794
    Der geliebte Ehemann von Clarissa
     
    Darunter stand, offensichtlich nachträglich hinzugefügt:
     
    Clarissa Wyatt
    1733 – 1797
    Ehefrau von Joseph Wyatt
     
    Unter Sand und wucherndem Gras war eine weitere Zeile verborgen. Das Herz schlug Joanna bis zum Hals, als sie den Stein sauber wischte und die Worte sichtbar wurden:
     
    Mutter von Adam
     
    Das Wiehern eines Pferds nur wenige Meter entfernt ließ sie herumwirbeln. Plötzlich stampften beide Tiere unruhig auf, als hätte sie etwas erschreckt – vielleicht ein davonlaufendes Kaninchen oder ein Hase. Aber sie konnte nichts sehen.
    Gerade wandte sie sich wieder dem Grabstein zu, als ihr Blick scheinbar zufällig, aber mit

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