Exil im Kosmos: Roman (German Edition)
Bastionen, die luftigen Brücken, die Knochenhaufen, die gelegentlichen Bruchstücke einer zerstörten Sonde. Stumm drängte er Burke weiter, wissend, dass er in nicht allzu vielen Tagen selbst diese Route gehen musste. Und er fragte sich, ob Burke sein Leben genauso teuer sei wie ihm das seine.
Burke brauchte eine knappe Stunde, um Zone H zu durchdringen und die Grenze zu Zone G zu erreichen. Er zeigte keine Erleichterung, kein Nachlassen von Konzentration, als er die Grenze überschritt; sie wussten alle, dass G kaum weniger gefährlich war als H. Aber bisher schien das Leitsystem sich zu bewähren. Burke führte eine Art mörderisches Ballett auf, tanzte um die Bodenfallen, zählte seine Schritte, sprang, drehte sich seitwärts und überquerte mit weitem Spreizschritt eine verderbenbringende Klappfalle im Straßenpflaster. Er kam gut und sicher voran. Aber der Computer konnte ihn nicht vor der zähnestarrenden kleinen Bestie warnen, die vierzig Meter in Zone G auf einer bröckelnden Mauerkrone lauerte. Sie gehörte nicht zum Plan des Labyrinths.
Sie war eine zufällige Bedrohung, die auf eigene Rechnung tätig war. Burke standen nur die Aufzeichnungen vergangener Erfahrungen in diesem Bereich zur Verfügung.
Das Tier war nicht größer als ein sehr starker Kater, aber es hatte lange Zähne und scharfe Krallen. Burke merkte etwas, als es ihn von hinten ansprang – aber da war es bereits zu spät. Er machte eine halbe Körperdrehung und griff nach seiner Waffe, doch das Tier war schon auf seinen Schultern und fuhr ihm an die Kehle.
Die Kiefer öffneten sich weit, als ob sie dehnbar wären, und in ihnen waren drei Reihen nadelscharfer Zähne, vielleicht um die Beute leichter zerreißen zu können, oder vielleicht nur ein Ersatz für den Fall, dass die äußeren Zähne herausbrächen. Im nächsten Augenblick schnappte dieser Wald von Fangzähnen zu.
Burke stürzte zu Boden, krallte nach seinem Angreifer und suchte ihn wegzureißen. Blut spritzte. Mensch und Tier wälzten sich zweimal herum, und Burkes Beine schlugen den Boden in verzweifelter Agonie; dann, als seine Bewegungen bereits erlahmten, geriet er in irgendein verborgenes Relais, und ein Ausbruch ölig schwarzen Rauchs hüllte die grässliche Szene ein. Als er Minuten später abzog, waren Mann und Tier verschwunden.
Rawlins musste erbrechen, und Boardman verfügte eine Ruhepause, während der er ruhelos auf und ab stapfte. Dann rief er seine Leute zusammen und sagte: »Wir haben eben etwas gelernt. Die Tiere greifen keine Metallsonden an, aber Menschen. Von nun an werden wir Infrarotdetektoren mitnehmen und in Zweiergruppen gehen.«
So wurde es beim nächsten Versuch gemacht. Ein hoher Preis war für die Erfahrung bezahlt worden, aber nun wussten sie, dass sie es nicht nur mit den diabolischen Tricks vorzeitlicher Ingenieure zu tun hatten, sondern auch mit angriffslustigen Raubtieren. Zwei Freiwillige, Marshall und Petrocelli, gingen gemeinsam ins Labyrinth, schussbereite Waffen in den Händen, nervös in alle Richtungen blickend. Kein Tier konnte in ihre Nähe kommen, ohne seine thermische Ausstrahlung an die Infrarotdetektoren zu verraten. Sie schossen vier Tiere ab, darunter ein sehr großes, obwohl keines Anstalten gemacht hatte, sie anzugreifen. Darauf schien ihre Nervosität nachzulassen, und sie hatten keine weiteren Schwierigkeiten.
Tief in Zone G kamen sie an die Stelle, wo der Neutralisationsschirm die Sonden lahmgelegt hatte.
Wie arbeitete dieser Abwehrschirm? Boardman wusste von militärischen Entwicklungen auf diesem Gebiet, die direkt auf die Sinne einwirkten und völlig normale Sinneswahrnehmungen im Gehirn verwirrten, so dass alle Korrelationen zerstört wurden. Aber dieser Schirm musste anders sein. Er konnte nicht das Nervensystem einer Sonde angreifen, denn die Sonden hatten keine Nervensysteme, und ihre mechanischen Augen gaben wirklichkeitsgetreu wieder, was sie sahen. Aber was die Sonden vor diesem Abwehrschirm gesehen und dem Computer überspielt hatten, stimmte nicht mit der wirklichen Geometrie an diesem Punkt des Labyrinths überein. Dieselben Sonden hatten, sobald sie jenseits des Schirmbereichs gewesen waren, ganz andere und verlässlicher erscheinende Darstellungen des Terrains gegeben, die sich auch mit denen der Luftbeobachtung deckten.
Folglich musste dieser Abwehrschirm mit irgendeinem unmittelbar optischen Prinzip arbeiten, die Umgebung selbst verändern, die Perspektiven verschieben, die Umrisse von Dingen
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