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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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verformen oder ganz verbergen. Jedes Sehorgan würde innerhalb des Schirmbereichs ein völlig überzeugendes, aber durchaus unrichtiges Bild der Umgebung empfangen, ob es von einem denkenden Verstand kontrolliert wurde oder nicht.
    Ein sehr interessantes Phänomen, dachte Boardman. Vielleicht könnte man später die Mechanismen dieses Ortes untersuchen und meistern. Später einmal.
    Er konnte nicht wissen, welche Form das Labyrinth für Marshall und Petrocelli angenommen hatte, sobald sie den Wirkungsbereich des Abwehrschirms betraten. Im Gegensatz zu den Sonden, die alle Wahrnehmungen ihrer elektronischen Sinnesorgane kodiert an den Computer geliefert hatten und von diesem mit genauso kodierten Anweisungen gesteuert worden waren, waren die beiden Männer nicht direkt an den Computer angeschlossen und konnten ihre visuellen Wahrnehmungen auch nicht auf den Bildschirm übertragen. Sie konnten bestenfalls beschreiben, was sie sahen. Und was sie beschrieben, passte nicht zu den Bildern, die die Fernsehaugen auf ihren Rückentraggestellen zurücksendeten; auch hatte es nichts mit den wirklichen Konfigurationen gemein, die von außerhalb des Schirmbereichs sichtbar waren.
    Marshall und Petrocelli taten, was der Computer sagte. Sie gingen vorwärts, wo ihre eigenen Augen ihnen tiefe Abgründe zeigten. Sie kauerten nieder, um durch einen Tunnel zu kriechen, dessen Dach von Guillotinenklingen blitzte. Der Tunnel existierte nicht. »Jeden Augenblick kann eine von diesen Klingen herabsausen und mich in Stücke schneiden«, sagte Petrocelli. Es gab keine Klingen. Am Ende des Tunnels wandten sie sich gehorsam nach links, zu einem massiven Dreschflegel, der mit wilden Schlägen den Boden bearbeitete. Es gab keinen Dreschflegel. Widerwillig gingen sie dem einladenden Transportband aus dem Weg, das aus dem Bereich des Abwehrschirms hinauszuführen schien. Das Transportband war imaginär; sie konnten das Säurebecken nicht sehen, das tatsächlich dort war.
    »Es wäre besser, wenn sie einfach die Augen schließen würden«, sagte Hosteen. »So, wie die Sonden durchgegangen sind – blind.«
    »Sie sagen, es mache ihnen zuviel Angst, so etwas zu tun«, antwortete Rawlins.
    »Was ist besser – keine visuellen Informationen zu erhalten, oder falsche Informationen?«, fragte Boardman. »Sie könnten den Anweisungen des Computers geradeso gut mit geschlossenen Augen folgen. Und es gäbe keine Gefahr, dass …«
    Petrocelli schrie auf. Auf dem Kontrollschirm, der die beiden von oben zeigte, sah Boardman die tatsächlichen Verhältnisse – ein ebenes, harmloses Stück Straße –, aber das von den mitgeführten Fernsehaugen der beiden Kundschafter übertragene Bild zeigte plötzlich aufschießende Stichflammen von ihren Füßen.
    »Stehenbleiben!«, schrie Hosteen. »Nur keine Panik! Da ist nichts!«
    Petrocelli, einen Fuß hoch in der Luft, brachte ihn mit äußerster Selbstüberwindung wieder herunter. Marshalls Reaktionszeit dauerte länger. Er war zurückgesprungen, um der feurigen Eruption zu entgehen, als Hosteen gerufen hatte, und bevor er stehenblieb, kam er zu weit nach rechts ab. Er machte ungefähr einen halben Schritt neben dem sicheren Weg halt. Ein schimmerndes Metallband schoss aus einer Steinplatte und schlang sich um seine Beine, durchschnitt Fleisch und Knochen. Marshall fiel, und eine schwere Metallklammer durchbohrte seinen Körper und heftete ihn an eine Wand.
    Ohne sich umzusehen, durchschritt Petrocelli unverletzt die Flammenwand, ging vorsichtig zehn Schritte weiter und blieb stehen, jenseits des Wirkungsbereichs des Abwehrschirms. »Dave?«, fragte er heiser. »Alles in Ordnung?«
    »Er kam vom Weg ab«, sagte Boardman. »Es war ein rasches Ende.«
    »Was soll ich machen?«
    »Bleiben Sie, wo Sie sind. Beruhigen Sie sich und versuchen Sie nicht, irgendwohin zu gehen. Ich schicke Chesterfield und Walter zu Ihnen. Warten Sie, wo Sie sind.«
    Petrocelli zitterte. Er setzte sich vorsichtig auf den Boden und vermied es, sich nach seinem aufgespießten Gefährten umzusehen. Er nahm ein Beruhigungsmittel und wartete auf die anderen.
    Chesterfield und Walter benötigten zwei Stunden, um den Abwehrschirm zu erreichen, und weitere fünfzehn Minuten vergingen, bis sie mit kurzen, schlurfenden Schritten die vom Schirm kontrollierte Strecke zurückgelegt hatten. Sie taten es mit geschlossenen Augen, und dies fiel ihnen sichtlich schwer, aber die furchterregenden Phantome des Labyrinths konnten blinde Männer nicht schrecken,

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