Existenz

redet, und er verzichtet auf Slang-Ausdrücke von der Insel. In der Öffentlichkeit oder bei seinen Shows ist es manchmal schwer, ihn ohne Untertitel zu verstehen.
    Professor Noozone winkte, und der Holoprojektor reagierte auf seine Gesten. Die dreidimensionalen Bilder veränderten sich. »Unsere … Ihre … früheren Fernsucher-Teleskope haben durchaus Leben dort draußen gefunden, auf einem halben Dutzend Planeten! Doch jene Welten sind bisher enttäuschend gewesen. Keine von ihnen ist ein Neu-Zion. Und dann der nächste Schritt. Leben muss Intelligenz entwickeln, und diese Intelligenz muss einen technischen Weg einschlagen.
    Es gibt zahlreiche Diskussionen darüber, wie groß die Rolle des Zufalls bei der Entstehung des Lebens hier auf der Erde war, und anschließend beim Aufstieg des Menschen. Und man streitet auch darüber, wie man am besten nach älteren Völkern suchen sollte, die eventuell in den Weiten des Alls existieren. Bedeutet das Fehlen auffallender Signalfeuer, dass es da draußen gar keine älteren Völker gibt?
    Oh, das Eintreffen des Livingstone-Objekts scheint diese Frage endlich beantwortet zu haben!« Professor Noozone lachte mit der Zufriedenheit von jemandem, dessen Meinung sich nach einer hundertjährigen Debatte als richtig herausgestellt hatte.
    »Allein die Existenz des Artefakts und die vielen Aliens in seinem Innern deuten darauf hin, dass wir von zahlreichen hoch entwickelten Zivilisationen umgeben sind! Ihre Einladung ›Schließt euch uns an‹ , die Aufforderung, Mitglieder einer wundervollen Gemeinschaft von Sternenbrüdern zu werden, hat bereits Milliarden von Menschen auf diesem einsamen Planeten in Aufregung versetzt und inspiriert. Obwohl es sicher einige Troglodyten und Gestrige gibt, die sich vor Veränderung fürchten.«
    Profnoo schien Laceys ironische Grimasse oder ihre kollidierenden Loyalitäten nicht zu bemerken. Rein persönlich sollte sie seinen nach vorn gerichteten Eifer teilen. Ohne die Sorge um Hacker hätte auch sie voller Enthusiasmus über die Möglichkeiten des Erstkontakts spekuliert. (Allerdings hätte sie dabei behutsamere Worte gewählt als der superextrovertierte Professor.)
    Andererseits … Ihre Kaste, ihre Peers in der Top-Aristokratie, sie glaubten nicht, dass sich aus dieser Sache viel Gutes ergab. Selbst wenn das außerirdische Artefakt von einer freundlichen, hoch entwickelten Föderation stammte, die sowohl großzügig als auch weise war: Die psychologischen Erschütterungen konnten neue Wellen der Furcht, Paranoia oder des begehrlichen Zorns schaffen. Interstellare Handelsbeziehungen bedeuteten vielleicht, dass eine wahre Flut neuer Technik über die Erde hereinbrach, und damit waren erhebliche Gefahren verbunden. Man nehme nur die ökonomischen Auswirkungen. Ganze Wirtschaftsbereiche konnten plötzlich veraltet und überholt sein, wodurch viele Millionen ihren Arbeitsplatz verlieren würden, von dem Ruin für zahlreiche Anlage-Portfolios ganz zu schweigen.
    Kein Wunder, dass es zu Verhandlungen zwischen der Klade und Tenskwatawas Abkehrbewegung gekommen war. Nur wenige Kulturen haben den Kontakt mit überlegenen Fremden ohne generationenlange Einschüchterungen und Opfer hinter sich gebracht. Japan in der Meiji-Zeit hat es geschafft, aber die damalige Methode war nicht die der Demokratie.
    Lacey brachte ihre Gedanken in die Gegenwart zurück. Der von ihr bezahlte Wissenschafts-Showman setzte seine hektischen Erklärungen fort, ohne dass sein Elan nachließ.
    »… selbst das bleibt für uns rätselhaft! Wir können nur hoffen, dass die Artefakt-Kommission alle linguistischen Barrieren überwindet. Vor allem jetzt, da die verdammten Bürokraten es mir endlich gestatten – und natürlich auch Ihnen, Madam –, nahe genug an das Ding heranzukommen, um Fragen zu stellen!«
    »Was sollten wir zuerst fragen, Professor?«
    »Oh, es gibt so viele Fragen. Zum Beispiel … Allein die Existenz des Artefakts hier auf der Erde beweist, dass interstellare Reisen möglich sind!«
    Immer angenommen, dass es keine Fälschung ist, dachte Lacey und nahm zur Kenntnis, dass Profnoo noch keine Frage gestellt hatte.
    »Zugegeben, wir wissen noch nicht, wie das Objekt die gewaltige Kluft zwischen den Sternen überwunden hat. Aber da es sich in einem festen kristallinen Zustand befindet, möchte ich wetten, dass die Antriebsmethode nicht besonders rücksichtsvoll war! Vielleicht wurde es von einer gewaltigen Akzelerator-Kanone auf fast relativistische Geschwindigkeit