Existenz
Bewegung zu verschaffen. Doch die vom Artefakt erzählte Geschichte sprach direkt zum Raumfahrer in ihm, und deshalb fiel es ihm schwer, sich von dem Objekt loszureißen.
In einer Ecke des Kontaktbereichs, hinter einem Wandschirm, trafen Gerald und Akana auf Emily Tang und Gennadi Gorosumow. »Was ist los?«, fragte Gerald und versuchte, die Anspannung aus seinem Leib zu vertreiben, indem er sich auf die Zehenspitzen stellte und den Oberkörper nach rechts und links neigte.
Emily hob einen Finger.
»Erstens, es ist bestätigt: Die Mikrobeben während des letzten Tages sind von vor langer Zeit auf die Erde gestürzten Botschaftersonden verursacht.«
»Im Ernst? Es ist bereits bestätigt? Aber wie konnte …«
Emily deutete auf einen Schirm, der Menschen und Roboterassistenten dabei zeigte, wie sie sich durch den Schlamm einer Flussmündung gruben. Auf einem anderen Display sah Gerald Menschen zwischen Felsbrocken, die sich gerade aus dem Sedimentgestein einer Klippenwand gelöst hatten. Emily aktivierte den schnellen Vorlauf, und in vier verschiedenen Fällen war die Entdeckung zu beobachten: aufgeregte Rufe und etwas, das auf menschliche Berührungen reagierte, indem es Licht aussandte.
Von Schlamm und Dreck befreit, oder aus uraltem Fels gehauen … Was die Arbeitenden schließlich fanden, war nie so glatt und intakt wie das Havanna-Artefakt. Aber selbst bei den Fragmenten und Bruchstücken war die Ähnlichkeit offensichtlich. Und bei zwei entdeckten Exemplaren konnte man Reaktionen beobachten, als nach langer, langer Zeit Sonnenlicht ihre Außenfläche erreichte: graues Wogen, Farbflecken, eine Andeutung von Mustern, die bestrebt zu sein schienen, deutlicher zu werden.
»Offenbar dienten die Explosionen nicht nur dazu, unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen. Einigen Objekten gelang es, sich damit aus denn Schichten zu befreien, in denen sie festsaßen, wodurch wir sie wesentlich leichter finden konnten. Jene, die sich in der Nähe der Oberfläche oder am Rand einer Klippe befanden, hatten natürlich Glück. Die meisten Sonden jagten einen Teil von sich selbst in die Luft, ohne etwas damit zu erreichen, weil sie unter Millionen von Jahren altem Schlamm oder Sedimenten begraben liegen. Den größten Teil dieser Relikte werden wir nie finden, wie sehr wir uns auch bemühen …«
»Erzählen Sie ihm von der zweiten Sache«, forderte Akana Emily auf.
»Ja, in Ordnung.« Mit Klick-Kommandos veranlasste Emily die Schirme und Displays, etwas Neues zu zeigen. Sterne erschienen, und Gerald rechnete halb mit einer der Darstellungen, wie er sie vom Artefakt kannte. Aber nein. Vertraute Konstellationen boten sich seinem Blick dar: das Sternbild Skorpion … das Kreuz des Südens … die Waage … Sterne, wie man sie von der Erde aus sah, oder von einem Ort in relativer Nähe.
»Sehen Sie das Pulsieren?« Emily deutete auf einen »Stern«, der keiner sein konnte. Er war zu grün, sein Blinken zu regelmäßig.
»Parallaxe?«, fragte er.
»Die meisten davon scheinen sich im Asteroidengürtel zu befinden«, erwiderte Gennadi. »Bisher etwa zweihundert. Einige weitere sind bei L-3 und auf dem Mond entdeckt worden.«
»Jesus und die Maya. Hunderte ? Aber wann …?«
»Alle in der letzten Stunde oder so. Und die Anzahl steigt.«
»Aber …« Geralds Gedanken rasten. »Wie konnten all die Objekte wissen , dass die Zeit gekommen ist, nach Aufmerksamkeit zu rufen? Sicher, einige könnten nahe genug sein, um die Sendungen von unseren Gesprächen mit dem Artefakt zu empfangen. Aber so weit dort draußen ? Oder tief im Boden?«
Emily und Gennadi wechselten einen Blick. Dies alles geschah zu schnell, fast an der Grenze der menschlichen Fähigkeit, Daten zu verarbeiten.
»Ist etwas davon an die Öffentlichkeit gelangt?«
Akana zuckte die Schultern. »Wie sollten wir es zurückhalten? Sehen Sie sich Haihong Ming da drüben in der Ecke an, mit der aufgesetzten Privatsphärenkapuze – er spricht mit seiner Regierung. Worüber reden sie wohl, ausgerechnet jetzt? Sie wissen ganz offensichtlich schon Bescheid. Alles deutet darauf hin, dass fünf weitere Nationen und drei Gilden ebenfalls auf dem Laufenden sind. Und die Amsci-Clubs schnüffeln überall wie Bluthunde. Viele von ihnen verfügen über optische Geräte, die die Phänomene entdecken können, und sie werden sie finden.
Außerdem bin ich gar nicht sicher, welchen Vorteil eine Geheimhaltung in der derzeitigen Situation hätte. Die Erdbeben-Korrelation geht auf eine von
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