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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Menschheit, eine Berufung, die alle Kulturen und Epochen überspannte und überall weitaus öfter anzutreffen war als leidenschaftslose Rationalität. Man kombiniere dies mit genug Sehnsucht , und man erhielt ein Gebräu, das einen durch die schlimmsten Zeiten und selbst durch Perioden völliger Verzweiflung bringen konnte.
    Diesen Eindruck bekam Hamish von den besten Geschichten. Sie ermöglichten es ihm, für gewisse Zeit durch eine andere Welt zu wandeln, in der andere Regeln herrschten. Bessere Regeln als die drögen Uhrwerk-Rhythmen dieser Welt.
    Die Kopffüßerin kam langsam und vorsichtig aus dem Habitatkäfig, kurz nachdem ihre Betreuer die Tür geöffnet hatten. Zwei ihrer acht Tentakel tasteten über den Rand, als Tarsus ihren knollenförmigen Kopf nach vorn brachte und mit einem großen Auge, in dem wilde Intelligenz leuchtete, durch das Becken starrte. Steine und Tang zierten den Grund. Für einen Moment folgte ihr Blick einigen Fischen weiter oben, aber sie waren zu schnell und zu weit entfernt, als dass der Versuch lohnte, einen von ihnen zu fangen. Die langsamen und unaufmerksamen hatte sie schon vor einer ganzen Weile verspeist.
    Da keine Gefahren oder anderen Gelegenheiten in Sicht waren, gab sich Tarsus einen Stoß mithilfe ihres Trichters und näherte sich dem einzigen interessanten Objekt, einem von Menschen hergestellten Kasten mit zwei Deckeln.
    Ihre Freilassung bedeutete, dass eine Aufgabe auf sie wartete – eine, die Tarsus gut kannte.
    Oh, sicher, die Wissenschaft war nicht wertlos. Hamish wusste, dass es in den großen Laboratorien noch immer reichlich zu tun gab. Es mangelte nicht an Rätseln der Natur, die es zu lösen galt. Die Forschung war oft ein nobles Unterfangen – Hamish sah es noch immer auf diese Weise –, aber sie konnte einen auch leicht in die Irre führen.
    Doch jeden Abend, selbst damals während seiner Studienzeit, hörte er den Ruf seines altmodischen Laptops und der Figuren, die in ihm wohnten. Tagsüber, während langweiliger Vorlesungen und nervtötender Arbeit in den Laboratorien, fielen ihm immer neue Szenen ein. Und die meisten Geschichten, die aus seinen Fingerspitzen flossen, drehten sich um eine einzelne alte Sorge.
    Ja, das Experiment ist fantastisch, der neue Apparat vielversprechend. Er könnte das Leben mancher Menschen erleichtern.
    Aber was, wenn etwas auf schreckliche, katastrophale Weise schiefgeht?
    Angenommen, diesmal sind wir zu weit gegangen?
    Er stellte sich Schleimbrocken vor, die aus den Gefängnissen ihrer Laborschalen entkamen, schreiende Mitarbeiter überwältigten und dann eine ganze Stadt verschlangen. Ein neues Medikament, eigentlich dazu bestimmt, Gutes zu bewirken, hatte schreckliche Nebenwirkungen und verwandelte geliebte Personen in entsetzliche Fremde. Hamish dachte an Roboter, die die Fesseln ihrer Sicherheitsprogramme abstreiften, mordend umherzogen und dann ihre früheren menschlichen Herren als Ersatzteillager benutzten. Das nächste von Archäologen entdeckte uralte Grab enthielt Sporen oder Geister. Eine neue Antibabypille schuf Kinder der Verdammnis, die zusammen mit abgetriebenen Föten Amok liefen! Oder Umweltschützer ruinierten die Industrie des Landes und verursachten eine neue Steinzeit. Er stellte sich vor, wie die SETI-Suche räuberische Computerviren einfing, die die Menschheit hypnotisierten und versklavten. Sicher, es waren furchtbare Szenarien, aber deshalb machte es mehr Spaß, über sie zu schreiben!
    Natürlich gab es immer eine zentrale Person, die mit Hamishs Stimme sprach und zu Beginn eines jeden Buches mit erhobenem Zeigefinger vor dem bevorstehenden großen Fehler warnte. Ein Protagonist, der viele Tote später verkündete: »Ich habe es ja gesagt!«
    Mit kleinen Wasserstößen aus ihrem Trichter hielt sich Tarsus über dem Kasten, bevor sie alle acht Tentakelarme nach unten streckte und seine glatte Holzoberfläche betastete. Sie brachte erst ein Auge näher heran und dann auch das andere, betrachtete die neuen Verzierungen auf den beiden miteinander verbundenen Deckeln.
    Sie wusste, dass es ihr nur gestattet war, eines der beiden Fächer zu öffnen. Wenn sie versuchte, den einen Deckel zu heben, wurde der andere verriegelt. Es spielte keine große Rolle, denn sie bekam immer eine Belohnung – eine leckere Krabbe –, ganz gleich, welches Fach sie wählte. Aber trotzdem traf sie ihre Auswahl nicht rein zufällig.
    Gesichter kamen näher, die Gesichter von Menschen auf der anderen Seite des

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