Existenz
während sich Chaos und Verzweiflung auf der Welt ausbreiteten?
Hamish hatte schon vor einigen Monaten einen Termin mit Tarsus vereinbart, bevor irgendjemand von irgendwelchen Kristallen mit außerirdischem Innenleben gewusst hatte. Als sein wichtigstes Anliegen die Suche nach der Baskischen Chimäre gewesen war, den Sohn von Agurne Arrixaka Bidarte. Eine Suche, die ihm jetzt nebensächlich, sogar unwichtig erschien.
An diesem Tag hatte er Tarsus eine ganz andere Frage stellen wollen. Über etwas, das zeitgemäßer und sogar persönlich war.
Und wenn sich Tenskwatawa deshalb ärgerte?
Und wenn schon. Soll er den kleinen Neandertaler ohne mich suchen.
Hamishs Gefühle waren noch immer verletzt wegen des Elite-Treffens in der Schweiz, als das Oberhaupt der Abkehrbewegung ihn vom Hauptereignis ferngehalten hatte, von einer privaten Vorführung des größten Schatzes von Rupert Glaucus-Worthington: eines Kristallschädels, der einst ein Emissär aus dem All gewesen sein musste. Ohne das Eingreifen eines unbekannten Dritten hätte Hamish überhaupt nichts davon erfahren. Seit jenem Abend nahm Hamish eine Veränderung seiner Loyalität wahr. Sie betraf nicht seinen Glauben an die Abkehrbewegung; der blieb intakt. Aber er stellte immer mehr seine Bereitschaft infrage, alle Entscheidungen einem Oberhaupt zu überlassen.
Einem Oberhaupt, das sich mit Zillionären verbündet hatte.
Und?, fragte des Teufels Advokat in ihm. Gibt es eine andere Gruppe, die die Abkehr durchsetzen kann? In einer Demokratie klappt es nicht. Die Zillis haben wenigstens Erfahrung darin, große Unternehmen zu leiten und im Hintergrund Ent scheidungen zu treffen. Die Geschichte zeigt, dass nur eine Oligarchie die halsbreche rische Geschwindigkeit reduzieren kann, mit der neue Technologien entstehen und sich entwickeln. Und die Konferenz in der Schweiz zeigte einen ermutigenden Aspekt. All die intellektuellen Papiere darüber, wie eine Elite mit Noblesse oblige regieren kann … Wenigstens hat es den Anschein, dass sie ihre neue Verantwortung ernst nehmen.
Außerdem: Was bleibt uns anderes übrig?
Die Menschheit konnte nur überleben, indem sie den Weg der Außer irdischen ablehnte. Indem sie zu ihren Wurzeln zurückkehrte. Zu den sozia len Mustern, die alle anderen Zivilisationen bestimmt hatten, bis auf diese.
Und doch …
Hamishs Rolle bei all diesen Ereignissen schien mit jedem verstreichenden Tag an Bedeutung zu verlieren. Selbst wenn ihn der Prophet nach seiner Meinung fragte … Es geschah nur noch der Form halber. Eine Erkenntnis reifte in Hamish heran, bitter aber wahr.
Er wollte nicht ein weiterer Eierkopf auf der Lohnliste der Oligarchen sein.
In der Jackentasche ertasteten seine Finger einen kleinen versiegelten Behälter, nicht größer als eine Fingerkuppe – er enthielt eine einzelne KIntaktlinse. Wenn er sie aufsetzte, bekam er vielleicht wieder Kontakt mit den rätselhaften Fremden, die ihn durch die Flure von Rupert Glaucus-Worthingtons riesiger Villa geleitet hatten, damit er die Neuen Herren bei ihrer geheimen Begegnung beobachten konnte. Damit er mit eigenen Augen sah, wie Rupert und seinesgleichen sich dem Unerwarteten gegenüber verhielten. Jener Moment hatte ihn verändert.
In ihren Gesichtern hatte er nur stumpfsinnige Überraschung gesehen, nicht die Klugheit von Leuten, denen es zustand, die ganze Menschheit zu führen. Es waren nicht Platos Philosophenkönige gewesen, sondern verblüffte, dumme Männer, die an Vorurteilen festhielten und ebenso große Fehler machen konnten wie alle anderen.
Und wenn das stimmt: Sind sie dann besser qualifiziert als ich, einen Weg für die Menschheit zu wählen?
Bevor Hamish diesem Gedanken weiter folgen konnte, lenkte ihn etwas ab. Wriggles, der digitale Assistent in seinem Ohrring, meldete sich.
»Es ist etwas passiert, Hamish. Es hat mit Roger Betsby zu tun. Sie haben gebeten, über wichtige Entwicklungen in dieser Sache informiert zu werden.«
Hamish blinzelte.
Betsby? Oh, ja. Die Strong-Affäre. Die Sache schien so dringend gewesen zu sein … die Karriere eines dämlichen US-Senators zu retten, nachdem er sich bei einem öffentlichen Auftritt fast um Kopf und Kragen geredet hatte. Jetzt erschien Hamish die Angelegenheit als PA … Prä-Artefakt. Sicher, bei der Formulierung einer angemessenen Politik für die neue Ära konnte Senator Strong noch immer recht nützlich sein. Aber das Erste, woran Hamish in diesem Zusammenhang dachte … Ein Teil von ihm freute sich auf
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