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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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noch etwas fester ans Fenster drückte.
    Sein Zeitgefühl verschwand, löste sich in Schmerz auf. Das kleine Bullauge fühlte sich an, als stünde es in Flammen. Mit Füßen, Beinen und Rücken kämpfte Bin gegen den instinktiven Teil seiner Persönlichkeit, der immer verrückter zu werden schien und offenbar glaubte, er wollte das ans Glas gepresste Auge einem Ungeheuer zum Fraß anbieten.
    Dann …
    Wieder erschienen schwarze Buchstaben, doch diesmal blieben sie schemenhaft und ließen sich nicht entziffern. Sie drängten sich bei seiner Fovea zusammen, tanzten dort und versuchten, seine Aufmerksamkeit zu erringen, was die Konzentration beeinträchtigte. Bin schluchzte laut, noch während die grünen Reflexionen verschwanden.
    »Ich weiß! Ich … versuche durchzuhalten!«
    Schließlich bildeten die Zeichen ein einzelnes Wort, das das ganze Blickfeld seines schmerzenden Auges ausfüllte.
    STOPP.
    Es dauerte einige Sekunden, bis er verstand. Dann, mit einem lauten Stöhnen, gab er dem eigenen Gewicht nach und sank nach hinten. Zitternd brach er auf dem einen Passagiersessel zusammen.
    Etwa eine Minute verging. Bin rieb sich Tränen aus dem linken Auge. Das rechte schmerzte so sehr, dass er es nicht zu berühren wagte. Aber es war nicht etwa blind geworden, wie er vielleicht erwartet hätte, sondern voller seltsamer Leuchterscheinungen und vager Schemen, die keine Einzelheiten verrieten, jedoch auf Unheilvolles hinwiesen.
    Langsam zeichneten sich erste Muster ab.
    »Bitte lasst mich in Ruhe!«, flehte Bin. Aber wie sollte man Mitteilungen entkommen, die im eigenen Auge entstanden? Indem man sich das Auge ausriss? Ein verlockender Gedanke.
    Bin verfluchte noch die moderne Technik, als sich neue Zeichen bildeten, mit einer Helligkeit am Rand, die es zuvor nicht gegeben hatte. Es gab noch andere Unterschiede, die die Kalligrafie betrafen, und außerdem bemerkte Bin diesmal einen persönlichen Touch.
    Peng Xiang Bin, ich repräsentiere eine Gruppe, einen Smartmob mit Mitgliedern überall auf der Welt.
    Wir haben dein Augenimplantat übernommen.
    Also … welche Gruppe auch immer ursprünglich das Implantat – vielleicht Dr. Nguyens Clique, oder Rivalen, denen es gelungen war, etwas Komplexeres in Bins Auge zu schmuggeln – programmiert hatte, und von wem auch immer die Software stammte, die ihn veranlasst hatte, das Auge ans Fenster zu drücken … Jetzt lag die Kontrolle bei jemand anderem! Bei einer anderen Gruppe, die den kurzen Kontakt genutzt hatte, den Chip zu übernehmen.
    Es war alles so verwirrend kompliziert. Es überraschte Bin, dass er nicht völlig die Übersicht verlor.
    Wir möchten dir helfen.
    Nicht nur Form und Farbe der Zeichen waren anders, stellte er fest. Sie fühlten sich weniger wie einfache Antworten einer KI an, mehr wie Mitteilungen von einer lebenden Person.
    Offenbar hatte Bin den Gedanken als Frage subvokalisiert, denn es bildeten sich neue Zeichen, die ihm eine Antwort anboten.
    Peng Xiang Bin, mein Name lautet Tor Powlow.
    Im Namen der Baskischen Chimäre, von Birdwoman303 und allen anderen Mitgliedern unserer Gemeinschaft möchte ich dir sagen, wie froh ich bin, dass ich dich gefunden habe. Es hat uns ziemlich viel Mühe gekostet!
    Einer der Namen klang vertraut für Bin. Vielleicht hatte er ihn irgendwann schon einmal gehört. Er schien einen benachteiligten Außenseiter zu betreffen, wie auch er einer war.
    Ich fürchte, wir müssen jetzt darauf bestehen, dass du aufstehst und handelst. Es bleibt nur wenig …
    »Ich weiß! Es bleibt nur wenig Zeit!« Fast hätte er hysterisch gelacht. So viele Gruppen, und sie alle betonten, wie knapp die Zeit war und dass er sich beeilen musste.
    Ein Knacken und Knirschen erreichte seine Ohren. Die Vibrationen der Roboterschlange nahmen wieder zu.
    Wir haben die Maschine dazu gebracht, ihr Maul zu öffnen, aber vielleicht bleibt es nicht lange offen.
    Bin brauchte keine zusätzliche Aufforderung. Das rechte Auge geschlossen, schob er den Weltstein in den Ranzen und kroch los, als der große Roboter erbebte. Er schob den Ranzen vor sich her, durch einen pulsierenden Schacht.
    Kurz darauf erreichte er den geöffneten Rachen. Der große Kopf hob und senkte sich mit den Wellen, und Meerwasser spritzte herein. Die Kiefer zitterten, als wollten sie sich gleich wieder schließen.
    Bin griff nach einem grässlich wirkenden Zahn, zog sich daran nach vorn, dem Licht entgegen …
    … und zögerte vor dem Sprung nach draußen.
    Hab keine Angst, Bin …
    »Sei

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