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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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letztes Wort wiederholte.
    *
    »Grabbe scheint sein Handy noch nicht gefunden zu haben. Warum hat er sich nicht Ersatz besorgt?«, fragte Gabi, während sie mit dem Telefon am Ohr neben Walde die Treppe zur Wohnung von Marlene Roth hochstieg, und gab die Antwort gleich selbst: »Weil er in manchen Dingen total optimistisch ist.«
    Vorher hatte sie ihren Kollegen bereits vergeblich im Präsidium zu erreichen versucht.
    Marlene Roths Schwester öffnete die Tür. Sie führte sie ins Wohnzimmer. Hier kam die Musik her, die sie bereits in der Diele gehört hatten. Während Gabi wie am Abend zuvor auf der Couch Platz nahm, blieb Walde neben dem Plattenspieler stehen, auf dem sich eine Langspielplatte drehte. Auf dem Plattencover las er den Namen Charles Trenet.
    »Ich sammle Chansons und … Gerd Jazz.« Marlene Roth war ins Zimmer gekommen. Mit einer Fernbedienung regulierte sie die Lautstärke zurück. Walde setzte sich neben Gabi. Frau Roth nahm in der gleichen geraden Haltung wie am Abend zuvor auf der vorderen Sitzkante des Sessels Platz.
    »Er ist es«, kam sie den Besuchern zuvor.
    Walde nickte. Er sah ihre geröteten Augen und die entzündete, geschwollene Nase. Sie schien sich nichts vorgemacht zu haben.
    »Gerd war absolut zuverlässig, er hätte sich gemeldet.« Sie sprach sehr leise, wie zu sich selbst. Walde und Gabi hörten stumm dem Monolog der Frau zu. Sie erzählte, dass sie bis zum Abzug der Französischen Division dort als Zivilangestellte gearbeitet habe. Nur die Wohnung war ihr von damals geblieben. Bei ihrem Teilzeitjob als Verkäuferin in einem Kaufhaus kämen ihr manchmal die Sprachkenntnisse bei französisch sprechenden Kunden zugute. An den Wochenenden sei sie oft gemeinsam mit ihrem Mann auf Flohmärkten gewesen, Gerhard auf der Suche nach Jazzplatten und sie nach Chansons.
    Waldes Blick fiel erneut auf das Plattencover, das er vor sich auf den Tisch gelegt hatte. Eine leicht gepixelte Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigte einen lächelnden Mann, dunkler Anzug, weißes Hemd, Krawatte, Einstecktuch, die leicht gewellten Haare nach hinten gekämmt, am Mikrofon.
    Marlene Roth war seinem Blick gefolgt.
    »Hatte Ihr Mann Probleme?«, fragte Walde. »Gab es irgendwelche Konflikte?«
    Sie verneinte mit einer leichten Kopfbewegung, bei der sie die Augen schloss.
    »Bereitete ihm etwas Sorgen?«, meldete sich Gabi zu Wort. »Hat ihn etwas bedrückt?«
    »Früher hatte er gelegentlich melancholische Phasen.«
    »Und die hat er überwunden?«
    »Ja, weitgehend.«
    »Was heißt das, war er in ärztlicher Behandlung?«
    »Nein, schon seit Jahren nicht mehr.« Die Frau fuhr sich mit der Hand an die Stirn. »Zuletzt wirkte er manchmal nachdenklicher.«
    »Gab es einen Grund?«
    »Der Herbst war immer eine schwierige Zeit, er mochte die lange Dunkelheit nicht. Im Winter ist Trier nicht immer ein Ort der Freude, wenn es tagsüber nass und neblig ist und es, kaum dass es mal hell geworden ist, schon am frühen Nachmittag wieder dunkel wird. Dann ist er auch nicht mehr abends Rad gefahren.«
    »Hat sein Rad denn kein Licht?«, fragte Walde.
    »Da durfte kein Gramm zu viel dran sein, kein Dynamo, keine Schutzbleche, nicht mal eine Klingel. Ein Wunder, dass sein Rad überhaupt Bremsen hatte.« Ihre Stimme hatte eine heitere Färbung angenommen. »Das hatte er immer im Kangoo, wenn er keine Touren für die Tafel machte oder zuletzt beim Plakatieren bei den Linken half.«
    »Und jetzt?«, fragte Walde.
    »Was?«
    »Das Rad, wo ist es jetzt?«
    »Im Keller.«
    *
    Bei gutem Willen hätten die Kollegen vom Rauschgiftdezernat eine Viertelstunde gebraucht. Inzwischen war über eine halbe Stunde vergangen, es hatte zu nieseln begonnen. Der Wind wechselte minütlich die Richtung. Als ein Streifenwagen neben ihm anhielt, musste Grabbe die Kapuze seines Parkas lüpfen, um den uniformierten Mann mit der im Drachenlook gegelten Frisur auf dem Beifahrersitz zu erkennen.
    Grabbe nannte seinen Namen, konnte aber den des Kollegen nicht verstehen, weil er die Kapuze erst vom Kopf streifte, als er auf dem Rücksitz Platz genommen hatte.
    »Ich konnte eben am Telefon nicht offen sprechen«, sagte Grabbe, der sich insgeheim darüber ärgerte, dass die vom Rauschgiftdezernat die Sache an die Schweicher Polizeiinspektion weitergegeben hatten.
    »Okay«, kam es aus dem Kaugummi kauenden Mund des Polizisten.
    »Es geht um Marihuana«, sagte Grabbe. »Die Pflanzen stehen im Moselvorland, hier neben dem Steinbruchgelände.«
    »Dann wollen wir mal

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