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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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sonst niemand im Haus, der mir weiterhelfen könnte.«
    Die Frau schaute ihn weiter mit unbewegter Miene an.
    »Ich möchte wissen, natürlich rein dienstlich, ob das Medikament Diazepam in Ihrem Haus Anwendung findet, zum Beispiel im Zusammenhang mit Operationen.«
    »Brauchen Sie es?«
    »Nein, wie meinen Sie das?« Für Grabbe hatte es geklungen, als wäre sie unter Umständen bereit, ihm Diazepam zu verschreiben.
    »Warum fragen Sie dann?«
    »Es geht um eine Ermittlung.«
    »Haben Sie es gefunden und wollen es zurückgeben?«
    »Nein, ist denn Diazepam gestohlen worden?«, fragte Grabbe.
    »Was weiß denn ich?« Die Ärztin nahm ihre Brille ab und steckte sie in die Brusttasche ihres Kittels. Diese Frau musste wirklich schon seit vielen, vielen Stunden Dienst haben, dachte Grabbe seufzend.
    Zuerst wollte er nur raus aus der Klinik, aber an der Pforte besann er sich. Aus dem Verschlag klang getragene Filmmusik. Bevor er an die Scheibe klopfen konnte, schaute der Pförtner zu ihm hoch.
    »Die August-Antz-Straße«, Grabbe sah zur Sicherheit noch mal auf seinen Zettel, auf dem er Holbachs Adresse notiert hatte. »Wissen Sie, wo die ist?«
    »Zurück zur Bahnunterführung, direkt dahinter ist die August-Antz-Straße.« Diesmal deutete der Pförtner genau in die entgegengesetzte Richtung als vorhin zur Notaufnahme.
    *
    »Noch mal das Gleiche mit einem tritonischen Extraschuss.« Holbach stellte nebenan geräuschvoll seinen Becher auf der Theke ab. Er hatte sich noch nicht umgezogen.
    »Und, kannst du schon schwimmen?« Holbach ging vor Annika in die Hocke, die etwas näher an ihren Vater heranrückte.
    »Ich war nicht da!«
    »Sie hat den Schwimmkurs im Kindergarten versäumt«, übersetzte Walde.
    »Dein Vater kann dir sicher auch Schwimmen beibringen. Möchtest du den mal halten?« Holbach hielt Annika seinen Dreizack hin.
    Sie griff vorsichtig danach, als könne sie sich daran verbrennen. Schließlich hielt sie den Dreizack mit beiden Händen und schaute sich strahlend um.
    Eine Frau in einem Steppmantel war an Holbachs Seite aufgetaucht. »Ich fahre nach Hause.«
    Walde war der Ehefrau des Glaukosdarstellers dankbar, dass sie das Stricktrikot gegen den Mantel eingetauscht hatte.
    »Bleib doch noch ein bisschen«, bat ihr Mann.
    »Ich bin total durchgefroren. Die Duschen sind kalt, das warme Wasser ist bis auf den letzten Tropfen verbraucht«, sagte sie und trippelte mit den Füßen. »Es wäre gut, wenn du dich auch bald umziehen würdest.« Sie küsste ihren Mann flüchtig auf die Wange und ging los.
    »Nimm dir was von dem Glühwein mit!«, rief er ihr nach.
    »Ich hab’ noch Punsch zu Hause.« Sie drehte sich um und zwinkerte. »Aber ich kann nicht versprechen, ob nachher noch was davon übrig ist.«
    Walde wandte sich an Holbach: »Wissen Sie, wo ich Jacco Hoek finden kann?«
    Holbach pustete in seine dampfende Tasse. »Die Ehrung wurde aus aktuellem Anlass abgesagt.« Aus Glaukos’ Hülle sprach der sachliche Pressesprecher Konrad Holbach.
    »Wissen Sie denn, wo Herr Hoek ist?«, fragte Walde und beobachtete seine Tochter, die vorsichtig mit der Fingerkuppe die Zacken des Spießes untersuchte.
    »Keine Ahnung, ob er sich hier aufhält.« Holbach schaute sich um. »Ehrlich gesagt, weiß ich nicht einmal genau, wie er aussieht, wir haben bisher immer nur telefoniert.«
    Als Walde das Telefon aus seiner Jackentasche zog, fiel sein Blick auf seinen leeren Becher auf der Theke. Über dem Schriftzug des Tauchclub Mosel war eine Figur mit langem Bart und Dreizack abgebildet.
    »Hallo, Herr Hoek, hier ist Kommissar Bock von der Polizei.«
    »…«
    »Wo sind Sie?«
    »…«
    »Da bin ich auch.« Während er sich umschaute, stellte Walde sich auf die Zehenspitzen und streckte seinen rechten Arm in die Höhe.
    *
    Durch die vom Pförtner beschriebene Bahnunterführung war Grabbe zur Klinik gekommen, aber als er dahin zurückfuhr, zeigte sich, dass sie als Einbahnstraße nur in eine Richtung passierbar war. Er musste lange über die dunkle und holprige Straße am Bahndamm entlangfahren, bis er endlich eine weitere Unterführung fand. Dahinter hielt er sich wieder nach links, doch nach hundert Metern war schon wieder die Durchfahrt verboten, und Grabbe musste nach rechts ausweichen. Er hatte Hunger und Durst, und eigentlich wollte er um diese Zeit längst zum Abendessen zu Hause sein.
    Auf dem Straßenschild waren nur die ersten drei Buchstaben ‚AUG’ zu lesen, der Rest war mit dem Hinweis ‚200 Jahre’

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