Exit to Eden
Ich habe gesagt, das ist dummes Zeug.«
Der Barmann beugte sich plötzlich zu mir hin und sagte, die Bar sei natürlich die ganze Nacht geöffnet und es sei ihm schrecklich peinlich, uns bitten zu müssen zu gehen, doch zwischen vier und fünf sei die Zeit, wo sie saubermachten. Ob wir vielleicht um die Ecke zu Michael's gehen würden?
Michael's war ein trister Laden. Kein Sägemehl, keine Bilder, keine Neonlampen. Nur ein rechteckiger Raum voller Holztische. Sic hatten keinen Johnny Walker Black Label. Lisa weinte nicht wirklich. »Du irrst dich!« Und es war interessant in Michael's Bar.
Die Leute, die reinkamen, waren gerade aufgewacht oder wirkten so. Sie hatten nicht die ganze Nacht gebechert wie wir. Aber wer steht morgens um fünf Uhr auf, wenn es noch dunkel ist, und fangt sofort im Michael's zu trinken an ? Da waren zwei unglaublich riesige Tunten mit Perücken und dickem Make-up, die mit einem jungen Mann sprachen, der entschieden getrunken und geraucht hatte. Sein Gesicht wirkte geschrumpft, und seine Augen waren blutunterlaufen. Ich hätte ihn zu gerne fotografiert. Sollten wir tatsächlich nach Venedig fahren, ßte ich einen Fotoapparat mitnehmen.
Jeder, der hereinkam, kannte die anderen. Aber unsere Anwesenheit störte nicht.
»Was meintest du eigentlich damit, du würdest kein Drehbuch schreiben?« fragte ich. »Wann sagst du mir endlich, was wir hier tun? Können die Leute einfach so vom Club abreisen und wiederkommen? Wenn man einen Sklaven hat, kann man dann den Sklaven einfach mitnehmen und ihn irgendwann wieder zurückbringen? Nehmen wir mal an, ich würde mich jetzt einfach aus dem Staub machen, jetzt sofort. Ich habe alle meine Sachen ...«
»Möchtest du das?« Sie strich sich über die Arme und sah überwältigend aus, ein bißchen italienisch mit dem inzwischen wirklich zerzausten Haar und den Augen, die immer größer wurden, je betrunkener sie war; ihre Zunge stolperte nur ein wenig.
»Nein.«
»Warum sagst du es dann?«
Wir waren wieder draußen. Der Regen hatte aufgehört. Ich konnte mich nicht erinnern, wann es zu regnen begonnen hatte. Wir saßen im Café Monde am Fluß, gegenüber vom Jackson Square. Wir waren in weißes Licht getaucht, und große, laute Lieferwagen dröhnten schon über die Rue Decateur.
Der Café lait war köstlich, heiß, süß und perfekt, und ich aß Dutzende von kleinen, warmen, zuckerbestreuten Krapfen und erzählte Lisa von Fotoapparaten und Porträtaufnahmen und davon, wie man Leute zur Mitarbeit überredet.
»Weißt du, ich könnte für immer hierbleiben«, sagte ich. »Es ist eine heruntergekommene Stadt, aber sie ist authentisch. Kalifornien ist unecht. Hast du Kalifornien je für echt gehalten?«
»Nein«, sagte sie.
Ich hatte Lust auf noch mehr Scotch oder ein paar Dosen Bier. Ich stand auf, ging um den Tisch herum und setzte mich ganz dicht neben sie. Ich nahm sie in die Arme und küßte sie und drückte sie und hob sie vom Stuhl. An der Straßenecke blieben wir stehen und stellten fest, daß wir beide keine Ahnung hatten, wo das Hotel war.
Als wir endlich dort anlangten, klingelte das Telefon. Sie wurde wütend.
»Habt ihr alle verfluchten Hotels von New Orleans angerufen, um mich zu finden?« schimpfte sie in den Hörer. »Und ihr ruft mich morgens um sechs Uhr an, verdammt noch mal!« Sie ging mit dem Telefon in der Hand barfuß auf und ab. »Was ist denn los? Verhaftet'mich doch!« Sie legte auf und zerriß die Telefonnotizen, die außen an die Tür gepinnt worden waren.
»Das waren sie, nicht wahr?« fragte ich.
Sie rieb sich die Schläfen und klang, als würde sie gleich zu weinen anfangen.
»Worüber regen sie sich denn so auf?«
Sie lehnte sich an meine Schulter, und ich summte ganz leise »I Can't Give You Anything But Love, Baby«, und wir tanzten eine lange Weile, ohne die Füße zu bewegen.
Es war Tag, und ich hielt eine Rede.
Der Garten war naß und noch üppiger und duftender, als er es im Dunkeln gewesen war. Sämtliche Fenster des kleinen Dienstbotenhauses standen offen, und sie saß auf dem hohen Bett in ihrem weißen Baumwollhöschen. Ich roch überall die Blumen. In Kalifornien duften die Blumen nie so wie in Louisiana. Es war berauschend, der rosa Oleander, der Jasmin, die wilden Rosen. Ich nannte sie »Pretty Baby« und erklärte ihr, ß ich sie liebte. Ich machte lange, komplizierte Ausführungen über das, was diese Liebe war und warum sie anders war als alles, was mir bisher widerfahren sei, ß sie Dinge über
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