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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Und ich war von Anfang an nicht auf der Höhe des Geschehens gewesen. Und jetzt diese reichlich verhängnisvolle Sehnsucht nach ihr, diese unvorhersehbare Reaktion auf ihren Duft, ihren Anblick, ihre Berührung.
    Wenigstens diesen Teil mußte ich unter Kontrolle kriegen. Im Zweifelsfall hatte sie schon tausend Sklaven wie mich ausgebildet, und letztlich waren sie ihr völlig egal, genauso wie mir die »Gebieter« und »Gebieterinnen« egal waren, die mich unter Martins wachsamem Auge im Haus trainiert hatten.
    Mir war sogar Martin verdammt egal, wenn man es bei Licht betrachtete. Ich mochte ihn natürlich, liebte ihn vielleicht gar; und - das ist wahr - der Gedanke an ihn törnte mich an. Aber wenn es um Sex ging, um das wundervoll ausgeklügelte, sado-masochistische Ritual, dann war mir absolut Wurscht, wer es ausführte, abgesehen von einigen ästhetischen Kriterien.
    Und jetzt justierte sich mein Geist auf sie. Sie gewann die Oberhand. So, als materialisiere sie sich dort, wo nur eine vage Gestalt gewesen war. Mir behagte das ganz und gar nicht.
    Doch die leise, pulsierende Erregung war schlimmer geworden, das Gefühl, wirklich ein Sklave zu sein, ihr völlig ausgeliefert zu sein, und meine Hände und Knie wurden immer wunder.
    Als ich dann ins Bad gebracht wurde, wußte ich, daß ich zu ihr gehen würde. Köstliche, heiße Dusche, exquisite Massage - so lebten die artigen Jungs.
    Dazu kam die Provokation, so viele andere glänzende Leiber auf den Massagetischen zu sehen, und die Badesklaven, die wie eine Herde kleiner Nymphen und Faune zwischen den Blumentöpfen mit Fuchsien und Farnen herumhuschten und mit Zahnpasta-Reklame-Lächeln besänftigend schnatterten (»Du darfst jetzt reden, Elliott, wenn du magst«).
    Warum hatte ich mich gefürchtet zu fragen, was los war? Warum hatte ich gewartet, bis der hübsche, kleine Ganymed, der mit seinen stählernen Fingern an mir arbeitete, sagte: »Du gehst zur Chefin, Elliott, du solltest vorher ein bißchen schlafen.«
    Wenn ich bis dahin vor mich hingedöst hatte, so machte mich das hellwach.
    »Die Chefin?« fragte ich.
    »Das ist sie«, hatte er erwidert. »Sie leitet den Club. Sie hat ihn praktisch erfunden. Und sie ist deine Trainerin. Viel Glück.«
    »Die Chefin«, murmelte ich. Eine ganze Kette von Knallfröschen war in meinem Schädel explodiert.
    »Mach die Augen zu«, befahl er. »Glaub mir, du wirst diese Pause dringend nötig haben.«
    Ich hatte geschlafen. Mußte geschlafen haben. Ich muß total erschöpft gewesen sein, denn plötzlich fand ich mich wieder, wie ich an die in fabelhaften Ornamenten bleiverglaste Zimmerdecke starrte. Neben mir stand der Aufseher und sagte: »Komm, Elliott, e Perfektionistin lassen wir nicht warten.« Nein, natürlich nicht.
    Und so verstrichen die letzten Augenblicke meines Lebens vor Lisa im Labyrinth.
    Wir blieben stehen. Weißer Korridor, üppig geschnitzte Doppeltür. Stille. Okay. Du bist viel zu stabil für einen Nervenzusammenbruch.
    Der Aufseher schnippte mit den Fingern.
    »Geh rein, Elliott, und warte still auf den Knien.«
    Die Tür schloß sich hinter mir. Er war fort, und ich fühlte die Panik so stechend wie noch nie zuvor.
    Ich war in einem großen, vollständig in Blautönen gehaltenen Raum mit grellen Tupfern, die das Licht auffingen. Es gab keine elektrische Beleuchtung. Nur die Sonne erhellte durch blau und violett geblümte Vorhänge vor den Fenstertüren das Zimmer.
    Quadratmeterweise dunkelroter Teppich, an den Wänden riesige Renoirs und Seurats, viele haitianische Gemälde – brillante Arbeiten, ein haitianischer Himmel über grünen Hügeln und dunklen, stangengestaltigen Haitianern bei der Arbeit, beim Spiel, beim Tanz.
    Es gab langgesichtige afrikanische Masken, indianische Masken in leuchtend rotem und grünem Lack. Elegante, gewundene afrikanische Holz- und Stcinskulpturcn standen hier und dazwischen Palmen und Farnen. Und zu meiner Linken war mit dem Kopfende zur Wand ein breites Messingbett.
    Das Ding erinnerte mich an einen riesigen goldenen Käfig. Es war mit Schnörkcln und Stangen verziert und mit weißer Baumwollspitze verhangen, die es in eine durchsichtige Wolke hüllte. Berge von spitzenbesetzten Kissen türmten sich auf dem gerüschten Baumwollüberwurf. Ein Laubennest war es, ein phantasievolles Ding, das Männer oft besonders schätzen, aber selber nicht auf die Reihe kriegen und es darum den Frauen in ihrem Leben überlassen, es zu erfinden.
    Ich stellte mir vor, wie ich darauf

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