Exit to Eden
zuging. Ich trug einen schwarzen Smoking und hatte ein Blumensträußchen in der Hand, gewöhnliche Margeriten, und bückte mich, um ein Mädchen zu küssen, das in dem Bett lag.
Diese Art von Bett. Aber es lag kein »Mädchen« darin. Sie war nirgendwo zu sehen.
Zeit, die Intensität des Zimmers zu genießen, die wundervolle Art und Weise, mit der es das Verbotene andeutete, selbst an diesem verbotenen Ort. Die leisen Bewegungen der grünen Äste hinter den geblümten Gaze-Vorhängen muteten an wie ein Tanz.
Ich fühlte, wie mir das Blut in den Kopf schoß, eine plötzliche Orientierungslosigkeit. Als hätte sich eine Falltür geöffnet und ich wäre in eine geheime Kammer gestürzt. Das ganze Zimmer verwirrte mich plötzlich und ohne jeden Grund: das Durcheinander silberner Gerätschaften vor dem runden Spiegel der Frisierkommode, Dosen, Parfümflaschcn, Bürsten. Ein hochhackiger schwarzer Satinschuh, der neben dem Stuhl lag. Diese ganze schneeweiße Spitzenpracht.
Ich setzte mich auf die Fersen und schaute mich um, wünschte, mein Gesicht wäre nicht so heiß, wünschte, mir wäre nicht so heiß. Ich war in den stickigen viktorianischen Frauenschlafzimmern in Martins Haus gewesen, aber das hier war anders, ungekünstelt, beinahe ein bißchen verrückt. Nicht ein Bühnenbild für all die Verrücktheiten hier, sondern ein echtes Zimmer.
Es gab reihenweise Bücher. Die Regale an der gegenüberliegenden Wand waren voll, und alle waren abgegriffen, als habe sie jemand tatsächlich gelesen. Taschenbücher und Hardcover durcheinander, manche mit Klebestreifen geflickt.
Ich starrte vor mich hin, auf alles und nichts; auf einen weißen Lederriemen mit einem Paar lederner Handschellen, der von der Decke baumelte, auf den schwarzen Satinschuh, der auf der Seite lag.
Und als sich mit fast unhörbarem Klicken irgendwo eine Tür öffnete, standen mir die Härchen im Nacken zu Berge.
Sie war aus dem Bad gekommen; ich konnte den duftenden Dampf des Bads riechen, einen dieser durchdringend süßen Blumendüfte, sehr angenehm, und ein anderes Aroma, sauber und etwas rauchig, mischte sich mit dem Parfüm: ihr Geruch.
Sie bewegte sich geräuschlos durch das Zimmer in mein Blickfeld. Sie trug weiße Satinsandalen mit hohen Pfennigabsätzen, wie der schwarze neben dem Stuhl. Und darüber trug sie nichts als ein kleines, weißes, spitzenbesetztes Hemdchen, das ihr über die halben Schenkel reichte. Der Schlüpfer war aus Baumwolle. Pech.
Das Gefühl eines Körpers unter Nylon läßt mich mehr oder weniger kalt. Aber ich verliere den Kopf bei einem Körper in zarter Baumwolle.
Unter dem Hemdchen waren ihre Brüste nackt, und ihr Haar hing wie ein dunkler Jungfrau-Maria-Schleier über ihre Schultern; durch den Stoff konnte ich das dunkle Dreieck zwischen ihren Beinen sehen.
Wieder hatte ich das Gefühl, daß Kraft von ihr ausging. Schönheit allein konnte nicht diese Wirkung hervorrufen, nicht einmal in diesem verrückten Zimmer, auch wenn sie zweifellos wirklich schön war.
Ich hätte mich ohne ihre Erlaubnis nie auf die Fersen setzen dürfen. Und sie so direkt anzuschauen war eine Verletzung der Spielregeln, aber ich tat es trotzdem.
Ich schaute zu ihr auf, wenn auch mit leicht gesenktem Kopf, und als ich ihr kleines, scharfkantiges Gesicht sah, ihre großen, beinahe nachdenklichen, braunen Augen und wir uns gegenseitig anstarrten, verstärkte sich das Gefühl ihrer Kraft.
Ihr Mund war unbeschreiblich sinnlich. Sie trug einen glanzlosen Lippenstift, so daß das tiefe Rot natürlich wirkte, und ihre leicht herabhängenden Schultern wirkten aus rätselhaften Gründen ebenso erregend wie die vollen Hügel ihrer Brüste.
Aber die Elektrizität, die von ihr ausging, war nicht die Summe all der fabelhaften körperlichen Details. Nein. Es war, als strahle sie unsichtbare Hitze ab. Sie glimmte in dem knappen Hemdchen und den zarten Satinsandalen. Man konnte den Rauch nicht sehen, aber man wußte, daß er da war. Sie hatte etwas beinahe Unmenschliches an sich. Sie ließ mich an ein altmodisches Wort denken. Wollust.
Ich senkte den Blick. Auf Händen und Knien bewegte ich mich aul sie zu und hielt inne, als ich ihre Füße erreicht hatte. Ich fühlte die Kraft, die von ihr ausging, die Hitze. Ich drückte meine Lippen auf ihre nackten Zehen, auf den Spann über dem Satinriemen, und wieder fühlte ich diesen seltsamen, verwirrenden Schock, der meine Lippen prickeln ließ.
»Steh auf«, sagte sie leise, »und falte die Hände auf
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