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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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uns auch wieder eingewöhnen hier.
    Cassie hatte ein riesiges Abendessen mit Nachtisch. Danach ist sie gleich eingeschlafen. Ich bin jetzt im Flur direkt vor ihrem Zimmer. Ich halte immer die Ohren offen. Ihr Zimmer ist nur durchs Bad von unserem Schlafzimmer getrennt. Nachts lasse ich beide Türen offen und ein Nachtlicht brennen, damit ich regelmäßig nach ihr schauen kann, ohne sie zu wecken.«
    »Kommen Sie so denn jemals zum Schlafen?«
    »O ja, das schaffe ich schon. Wir sind so viel zusammen, daß wir fast immer gleichzeitig müde werden, und dann legen wir uns gemeinsam hin.«
    »Übernimmt Chip auch manchmal eine Schicht?«
    »Nein, das geht nicht. Sein Stundenplan ist in diesem Semester wirklich voll. Kommen Sie uns bald besuchen?«
    »Ja. Wie war's mit morgen?«
    »Morgen? Warum nicht? Am besten nachmittags, so gegen vier.«
    Ich dachte an den Verkehr um die Zeit und fragte: »Ginge es vielleicht auch früher, um zwei etwa?«
    »Hm, ja. Ich habe einiges zu erledigen. Wie war's mit halb drei?«
    »In Ordnung.«
    »Großartig, Dr. Delaware. Wir freuen uns schon.«
    Auf dem Weg ins Schlafzimmer dachte ich, wie nervös sie geklungen hatte im Vergleich zum Krankenhaus. Setzte irgend etwas in ihrem Haus das Münchhausen-Verhalten in Gang? Andererseits konnte es nicht überraschen, daß es ihr dort unheimlich war, besonders wenn sie vollkommen unschuldig war. Zu Hause lauerte schließlich das Unheil.
    Ruth ließ das Badewasser einlaufen, stieg in die Wanne und rief mir zu, ich sollte ihr Gesellschaft leisten. Das wollte ich gerade tun, als das Telefon klingelte.
    »Dr. Delaware? Hier spricht Janie von Ihrem Telefondienst. Ich habe einen Anruf von Chip Jones in der Leitung.«
    »Danke. Stellen Sie bitte durch.«
    Ich fragte Chip, was er auf dem Herzen hatte.
    »Nichts Medizinisches, Gott sei Dank. Cindy hat mich soeben angerufen und gesagt, daß Sie morgen nachmittag vorbeikommen wollen. Ich wollte nur wissen, ob Sie mich dabeihaben wollen.«
    »Ihre Anwesenheit ist natürlich immer willkommen, Chip, aber warum fragen Sie? Wäre das schwierig für Sie?«
    »Ich fürchte, ja. Ich habe um halb zwei eine Nachmittagsklasse und gleich danach eine Besprechung mit ein paar Studenten.«
    »Kein Problem«, sagte ich, »dann werde ich Sie eben beim nächstenmal treffen.«
    »Ausgezeichnet. Und wenn Ihnen etwas einfällt, das Sie mich fragen wollen, rufen Sie mich einfach an. Meine Nummer haben Sie ja.«
    Ich bedankte mich und legte auf.
    Irgend etwas störte mich an dem Anruf, ich wußte nur nicht, was.
    Ruth rief mich noch einmal, und ich ging ins Badezimmer. Das Licht war gedämpft. Sie war bis zum Hals mit Schaum bedeckt. Ihr Kopf lehnte auf dem Wannenrand. Ich ließ mich ins Wasser sinken, massierte ihre Zehen und versuchte, mich zu entspannen. Doch das war unmöglich; Chips Anruf wollte mir nicht aus dem Kopf gehen.
    Cindy hat mich soeben angerufen und gesagt, daß Sie morgen nachmittag vorbeikommen wollen.
    Das heißt, er war nicht zu Hause. Er konnte nicht der Mann gewesen sein, mit dem ich Cindy hatte sprechen hören.
    Und dann ihre Nervosität…
    »Was ist los?« fragte Ruth. »Deine Schultern sind ganz verspannt.«
    Ich erzählte ihr, woran ich dachte.
    »Vielleicht war es ein Verwandter, der zu Besuch war, oder ein Freund«, versuchte sie mich zu beschwichtigen.
    »Ja, vielleicht. Aber ich hatte das Gefühl, sie war nervös, als hätte ich sie bei etwas ertappt.«
    »Na gut, dann hat sie eben eine Affäre. Du verdächtigst sie sowieso, ihr Kind zu vergiften; was macht das bißchen Ehebruch da noch aus?«
    »So meine ich es nicht. Es geht darum, daß jeder Streßzustand bei Leuten mit Münchhausen-Tendenzen zu einem Ausbruch der Krankheit führen kann. Und nicht nur das, Ruth. Eine Affäre wäre auch ein mögliches Motiv: weg mit Mann und Kind, endlich frei für den Liebhaber.«
    »Es gibt einfachere Wege, die Familie loszuwerden.«
    »Wir reden über jemanden, der ernsthaft krank ist.« Sie lehnte sich vor und berührte mein Gesicht. »Die Geschichte scheint dir wirklich an die Nieren zu gehen.«
    Wir gingen ins Bett und machten uns über die Sonntagszeitung her. Diesmal las ich sie gründlich und suchte nach irgendeiner Zeile über Western Ped oder Laurence Ashmore, konnte aber nichts finden. Um Viertel vor elf klingelte das Telefon. Ruth nahm ab.
    »Hallo, Milo!«
    Er sagte etwas, das sie zum Lachen brachte. Sie sagte: »Genau«, gab mir den Hörer und kehrte zu ihrem Kreuzworträtsel zurück.
    »Schön, ihre

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