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Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Titel: Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Obermaier
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Allen anderen Obermaier-Kindern wurde immer mal wieder etwas zugeschoben, wenn sie etwas brauchten. Für mich gab es keinen Pfennig. Ich glaube, sie dachten wirklich, sie könnten so meinen Willen brechen und mich reumütig nach Hause kriechen lassen. Im Nachhinein betrachtet, war das aber gar nicht so schlecht, denn so zwangen mich die Umstände, mich auf eigene Beine zu stellen und wirklich selbständig zu werden. Auch wenn das hart klingt, gewöhnte ich mich daran, alles alleine zu machen, zu entscheiden und für mich zu sorgen.

Mama, Hans und Buick

In dieser Zeit, in der mir von Deutschland der kalte Wind meiner Familie entgegenblies, war es ausgerechnet der Hans, der zu meiner Mama sagte: »Weißt du was, wir fahren jetzt nach Amerika. Wir besuchen die Uschi, die braucht uns.«
    Das war sehr groß von ihm, und es rührt mich heute noch, wenn ich daran denke. Ich war ja so gemein gewesen und habe ihn so entwertet. Aber jetzt war einige Zeit vergangen, ich hatte gelernt, mehr von einem Menschen zu sehen, dank meiner Zeit mit Bockhorn, und auch hinter eine Fassade zu schauen, die ich hässlich fand. Da mochte ich nun wirklich Abbitte tun. Vielleicht habe ich auch gelernt, dass ich schon immer auf dem Boden unterwegs war und fliegen konnte. Beides eben. Die Bodenhaftung hatte ihr Grauen verloren. Ich habe gelernt, dass mich die Erde trägt. Vielleicht kann ich auch gar nicht so hoch fliegen, wie ich immer dachte. Heute bin ich gerne am Boden, down to earth.
    Als die beiden dann nach Amerika kamen, hatten wir eine schöne Zeit zusammen. Das war toll für mich. Ich konnte ja mittlerweile Auto fahren und chauffierte uns drei mit einem tollen roten Buick in den Southwest und zum Grand Canyon. Eine Freundin von mir hat damals in einem Reisebüro gearbeitet und mir beim Planen geholfen. Sie hatte auch Zimmer reserviert mit Canyonblick. Hans war sehr skeptisch und meinte: »Das kennen wir schon, das versprechen die immer. Und dann sitzt man irgendwo hinten.« Aber: Bumm, es war so. Tatsächlich hatten wir Zimmer mit Canyonblick. Also, da habe ich einen schweren Stein im Brett bei ihnen gehabt. Sie fanden es auch toll, dass ich sie in unserer »Luxuslimousine« herumfuhr. Und plötzlich wurden beide ganz stolz auf mich. Sie bewunderten sogar meine Art, wenn wir irgendwo hinkamen, in ein Restaurant zum Beispiel, und ich sagte: »Wir möchten gerne den besten Platz.« Wir bekamen den auch immer, wirklich! »Ja, sofort, sofort.« Alle Türen gingen auf, sie fühlten sich wohl und waren glücklich, und da war ich dann natürlich auch stolz auf mich. Du kommst ja nicht so selbstbewusst auf die Welt. Das lernst du im Lauf der Zeit durch deine Erfahrungen. Die machen etwas aus dir, wenn du es mit dir machen lässt. Die formen dich, machen einen Menschen aus dir oder einen Schatten.
    Da haben der Hans und meine Mama auf jeden Fall gesehen: »Hmm, irgendwas ist ja doch an der dran.« Sie haben gemerkt, dass doch irgendetwas richtig daran war, an dem Leben, für das ich mich entschieden hatte, auch wenn es sich von ihrem so unterschieden hat.
    Später haben wir noch gemeinsam eine Hawaiireise gemacht. Wir hatten da ein schönes Apartment direkt am Meer. So wunderschön. Der Hans hat immer das Essen gemacht, weil meine Mama ja nicht so gut im Kochen war. Einmal habe ich mir einen Schweinebraten gewünscht, das ist typisch bayrisch, und ich hatte Lust darauf. Den hat er auch wirklich gemacht – so gut! – und war völlig baff, dass das Fleisch so groß blieb und nicht wie zu Hause in Deutschland klein zusammengeschrumpelt ist. Das war es dann wirklich: Er war von den amerikanischen Schweinen nachhaltig beeindruckt und dem Schlaraffenland, das ich mir zum Leben ausgesucht hatte – und ich von seinem Schweinebraten. Von da an hatten wir ein wirklich gutes Verhältnis.
    Von meiner Cousine Renate bekam ich dann später mein nächstes Auto geschenkt. Sie kaufte es mir, weil mein Vater sich so schäbig mir gegenüber verhalten hatte. So kam ich zu meinem Jeep Cherokee.
    In der Zeit danach landete ich immer wieder bei Wally und Joyce, wenn ich keinen Unterschlupf hatte. Das blieb auch so noch für viele Jahre. Sie wollten mich immer in ihrem Haus aufnehmen und hatten auch genügend Räume, aber ich wollte in meinem Bus bleiben. Das war eben mein Schneckenhaus. Darin habe ich mich wohlgefühlt und konnte mich erholen. Das war mein style und mein Geschmack. Manche Leute legen ja alles ab, was sie an einen geliebten Toten erinnert. Bei mir

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