Expedition ins Paradies
nichts getrübt wurde. “Ach was, du willst mir nur Angst einjagen.”
“Keineswegs. Im Kakadu ist man gut beraten, damit zu rechnen, dass in jeder Pfütze ein Krokodil lauern kann. Wenn der Wasserspiegel fällt, bleiben selbst im kleinsten Tümpel oder Rinnsal öfter Krokodile zurück.”
Elizabeth schauderte. “Aber würde man vorher nicht irgendwelche Anzeichen sehen, dass da so ein Tier auf dem Sprung liegt? Die Augen, ein Stück vom Kopf, eine Bewegung? Seit wir hier angekommen sind, hat sich die Wasseroberfläche nicht im Geringsten verändert.”
“Krokodile können über eine Stunde unter Wasser bleiben.” Tom lächelte genüsslich, als Elizabeth ihn entsetzt ansah. “Ich komme lieber mit, wenn du die Eimer füllst. Das ist sicherer. Dein Vater würde mir nie verzeihen, wenn ich zuließe, dass dich ein Krokodil frisst.”
Zweifelnd blickte Elizabeth Tom an, weil sie nicht sicher war, ob er sich nicht doch über sie lustig machte. Dennoch war sie einverstanden, dass er sie zum Ufer begleitete. Sie spürte, dass Tom sie aufmerksam beobachtete, während sie den ersten Eimer füllte. Als sie ihn hochhieven wollte, griff Tom nach dem Henkel und nahm ihr den Eimer ab.
“Komm, lass mich das tragen. Er ist schwer.”
Er war nicht zu schwer für Elizabeth, aber sie widersprach nicht und füllte den zweiten Eimer.
Wortlos folgte sie Tom, der beide Behälter zu einem geschützten Platz unter den Bäumen trug, der sich in sicherer Entfernung vom Ufer befand. Hier in der Wildnis war es besser, sich zu fügen. Abwartend blieb Elizabeth stehen, als Tom die Eimer abstellte und sich zu ihr umdrehte.
“So, jetzt kannst du dich waschen”, erklärte er. “Ich kümmere mich inzwischen ums Abendessen.” Vorher hatte er bereits einen Teil des Proviants aus dem Geländewagen geholt.
Elizabeth packte die Dinge aus, die sie brauchte, um sich frisch zu machen, auch ein Mückenschutzmittel, nachdem Tom ihr gesagt hatte, dass sie es nachts unbedingt brauchen würde, vor allem in Wassernähe.
Im Schutz einiger dickblättriger Eukalyptusbäume und Büsche machte Elizabeth sich ans Werk. Sie wusch sich, so gut sie konnte, und behielt dabei Hemd und Shorts an. Später, im Zelt, würde sie sich umziehen. Während sie sich das Gesicht mit einem Handtuch abtrocknete, stiegen ihr köstliche Düfte in die Nase, die vom Lagerfeuer herüberwehten.
Zwiebeln. Nichts ging über den Geruch von gebratenen Zwiebeln.
Wie eine Motte, die vom Licht angezogen wird, näherte Elizabeth sich dem lockenden Lagerfeuer.
“Oh!” Erschrocken sprang sie zurück, als etwas an ihr vorbeihuschte. Im letzten Moment erkannte sie eine kleine Eidechse, die in den Büschen verschwand.
“Was ist?” fragte Tom, dem ihre Reaktion nicht entgangen war.
Elizabeth lachte verlegen. “Es war nur eine Eidechse.” Was für anderes Getier wird wohl jetzt, nachdem es dunkel ist, aus den Büschen hervorkriechen? fragte Elizabeth sich unwillkürlich. Dicke Spinnen? Schlangen?
Tapfer verbot sie sich, weiter darüber nachzudenken.
Die letzten Meter bis zum Feuer rannte sie fast. “Mm … das riecht ja köstlich!” Sie schnupperte, und beim Anblick der großen Steaks, die zusammen mit Tomaten, Zwiebeln und Paprikaschoten auf Toms tragbarem Grill brutzelten, lief ihr das Wasser im Mund zusammen.
In der Glut garten Folienkartoffeln, und hinter dem Grill schmorte etwas in einer geschwärzten Pfanne.
Erbsen und Karotten, vermutete Elizabeth, die eine Dose mit entsprechendem Etikett neben der Feuerstelle bemerkt hatte.
Das war ja ein Festmahl! Sie hatte nicht geahnt, dass Tom kochen konnte - oder sich auch nur die Mühe machen würde, ihr ein warmes Essen zuzubereiten. Früher hatte er es immer bequemer und schneller gefunden, irgendwo unterwegs eine Pizza oder eine Tüte Pommes frites mitzunehmen.
“Woher hast du denn die Steaks?” fragte Elizabeth erstaunt. Sie befanden sich mitten im Kakadu National Park, hatten den ganzen Tag in glühender Hitze verbracht, und nun kam Tom ihr unerwartet mit frischem Fleisch. Zwar hatte der Geländewagen tagsüber die meiste Zeit im Schatten von Bäumen gestanden, aber die Hitze in seinem Innern musste fürchterlich gewesen sein.
“Ich habe sie heute Morgen in Jabaru gekauft und sie den ganzen Tag über im Gefrierfach des Wagenkühlschranks aufbewahrt.” Toms Augen funkelten vergnügt. “Hast du Appetit?”
“Ich sterbe vor Hunger.” Elizabeth wünschte, er würde sie nicht so ansehen. Das erinnerte sie zu sehr
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