Expedition ins Paradies
unbeteiligt zu geben.
Nein, sie würde warten, bis sie mit ihrem Vater gesprochen hatte. Ihn würde sie fragen, nicht Tom Scanlon. Wenn sie Charlie ins Kreuzverhör nahm, würde er schließlich mit der Wahrheit herausrücken. Und sobald sie die kannte, würde sie wissen, was zu tun war.
“Wir sollten jetzt besser unser Programm für morgen durchsprechen”, erklärte Elizabeth kampflustig. “Als Erstes möchte ich zum Nourlangie Rock. Und zwar frühzeitig, ehe die Touristenbusse dort anrollen. Du warst ja sicher schon dort, oder?”
“Mehrmals.” Tom lehnte sich zurück und berichtete Elizabeth von dem mächtigen Felsen und von den uralten Malereien an den Wänden, die Besucher aus aller Welt anlockten.
Elizabeth ging darauf ein und sorgte dafür, dass das Gespräch unverfänglich dahinplätscherte, bis sie den Hauptgang beendet hatten. Einen Nachtisch lehnte sie ab, obwohl er verlockend aussah. Schließlich griff sie in ihre Handtasche, denn ihr war nicht entgangen, wie teuer alles in dem Restaurant war, vor allem auch der Wein.
Ganz selbstverständlich legte sie einige Geldscheine auf den Tisch. “Das musste meinen Teil der Rechnung und ein Trinkgeld abdecken. Würdest du bitte bezahlen, Tom?” sagte sie und stand auf. “Ich bin müde und möchte jetzt schlafen gehen. Wir treffen uns morgen früh um sieben in der Hotelhalle.” Die Zeit für ein richtiges Frühstück würde sie sparen und sich vorher einfach nur ein Glas Orangensaft und Obst aufs Zimmer bestellen.
Als Elizabeth sich umdrehte und davongehen wollte, hörte sie Tom sagen: “Träum süß, Elizabeth.”
Ein Schauer überlief sie. Süß träumen? Während Tom Scan-Ion im Nebenraum war? Mit der Aussicht, dass er in den kommenden Nächten noch viel näher bei ihr schlafen würde? Seit sie ihm wieder begegnet war, hatte sie nicht mehr friedlich geschlafen!
Mach dir doch nichts vor, Elizabeth Beale! Du hast nicht mehr friedlich geschlafen, seit Tom Scanlon vor eineinhalb Jahren aus deinem Leben verschwunden ist.
5. KAPITEL
Dunstschleier hingen tief über dem Buschland, als Elizabeth und Tom zum Nourlangie Rock aufbrachen. Aus den Eukalyptusbäumen am Wegrand drangen Vogelgeräusche zu ihnen herüber, die von schmelzendem Gesang über Gekrächze bis zu durchdringendem Geschrei reichten. Elizabeth saß entspannt auf dem Beifahrersitz des Geländewagens. Nachdem sie in der Nacht überraschenderweise gut geschlafen hatte, war sie abenteuerlustig und gut aufgelegt. Nicht einmal Toms Anblick konnte ihre Stimmung an diesem Morgen trüben.
Heute würde sie zu arbeiten anfangen und sich nur darauf konzentrieren. Ihre Kamera, der Zeichenblock und die Malausrüstung, bestehend aus Pinsel, einem Reise-Set Aquarellfarben und einer Mappe mit Wasserfarbenpapier, lagen hinten im Wagen. Nun konnte Elizabeth es kaum erwarten, ein interessantes Motiv zu finden und loszulegen.
Wenn sie sich nur mit all dem Neuen um sich her und der einmalig schönen, urtümlichen Landschaft beschäftigte, die sie malen wollte, und einfach nicht an Tom dachte, würde sie dieses Abenteuer unbeschadet überstehen. Sie musste nur aufhören, in ihm ihren früheren Verlobten zu sehen, und durfte sich von seinem neuen, umwerfenden Aussehen nicht beeindrucken lassen.
Schlagartig setzte Elizabeth sich auf. Jetzt beschäftigte sie sich schon wieder mit ihm!
Sie blinzelte, als könnte sie damit die Gedanken an Tom verscheuchen, und beugte sich vor.
“Dort drüben ist ein Känguru!” rief sie, froh, dass etwas sie von der eintönigen, nebligen Buschlandschaft rechts und links des Wagens und vor allem von Tom Scanlonsablenkte.
“Das ist ein Bergkänguru.” Tom verlangsamte die Fahrt, doch das Tier verschwand bereits im Schutz der Bäume. “In den trockenen Berggegenden, in die wir jetzt kommen, wirst du viele sehen, auch verschiedene kleinere Känguruarten.”
Das zunehmend holpriger und unwegsamer werdende Gelände beanspruchte Elizabeths Aufmerksamkeit, bis Tom auf dem Parkplatz unterhalb des Nourlangie Rock eine schattige Stelle zum Parken fand. Steil ragten die Sandsteinwände vor ihnen auf.
“Vergiss deine Wasserflasche nicht, Elizabeth”, ermahnte Tom sie, als sie Kamera, Farben und Notizblock nahm. “Und auch nicht deinen Hut.” Zufrieden ließ er den Blick über ihr locker sitzendes dschungelgrünes Hemd, die weiten Shorts und die derben Wanderstiefel schweifen. “Wahrscheinlich brauchst du auch ein Insektenschutzmittel, um die unbedeckten Körperteile damit
Weitere Kostenlose Bücher