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Export A

Export A

Titel: Export A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kränzler
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Keenans Stimme:
    »Eine halbe Tasse Staubzuckerein Viertel Teelöffel Salz eine Messerspitze türkisches Haschisch ein halbes Pfund Butter ein Teelöffel Vanillezucker ein halbes Pfund Mehl einhundertfünfzig Gramm gemahlene Nüsse ein wenig extra Staubzucker ⁠… und KEINE EIER
    in eine Schüssel geben Butter einrühren gemahlene Nüsse zugeben und den Teig verkneten
    augenballgroße Stücke vom Teig formen im Staubzucker wälzen und
    sagt die Zauberwörter simsalbimbamba saladu saladim
    auf ein gefettetes Backblech legen und bei zweihundert Grad für fünfzehn Minuten backen und KEINE EIER bei zweihundert Grad für fünfzehn Minuten backen und KEINE EIER bei zweihundert Grad für fünfzehn Minuten backen und KEINE EIER «
    Der fremde Sound trifft mich unvorbereitet, und ich erkenne meine Muttersprache erst nach drei oder vier Sätzen wieder. Verwirrt sitze ich da, trage Bernies Krone und lausche der Wiedergabe eines Backrezepts. Bevor ich fragen kann, was das soll, hält er mir das CD-Cover vor die Nase und sein unterdrücktes Grinsen nicht länger ­zurück. Mit dem Zeigefinger tippt er auf Lied 10: »Die Eier von Satan«.
    Ich muss lachen. Lachen und übersetzen und das Rezept aus dem Booklet vorlesen. Natürlich mit besonders tiefer Stimme und extra-harten Konsonanten. Ich bin glücklich.

20.
    2 Uhr früh. Ich sitze auf dem Fußboden, den Rücken gegen die Wand gepresst. Die verschiedenen Stimmen im Nebenzimmer werden jetzt endlich weniger.
    2.45 Uhr. Die Schritte auf dem Gang werden häufiger. Die letzten Kunden stolpern über die Treppen, schlagen Haus- und Autotüren zu.
    Ich zähle bis 100 und reise in den achten Monat des Jahres 1989, atme die hitzegeschwängerte Luft und blinzle gegen die pralle portugiesische Sonne, die auf das Dach des Reisebusses knallt, in welchem mein Großvater mir die Zahlen erklärt. Kopfsteinpflaster und Schlaglöcher schütteln meine mühsam arrangierten Ziffern durcheinander. Die 87 ist die schwerste Zahl. Sie erweckt noch immer das Bild der gelben, sandbestäubten Busfenster. Die 100 schleudert mich zurück über den Atlantik. Meine Flugzeit beträgt zwei Silben. Zehn Jahre älter lande ich im Keller der Centennial, rapple mich auf und schleiche aus dem Zimmer.
    Mit angehaltenem Atem, alle Sinne angespannt, stehe ich lauschend vor Joshs Tür. Das Haus knackt leise mit seinen hölzernen Gliedern. Draußen foltert der Mond eine winterstarre Landschaft mit scharfen Glitzersplittern.
    Wir sind hier unten tatsächlich allein.
    Ich atme leise und flach. Ich greife nach den Gürtelschlaufen und ziehe die Jeans nach unten, bis kurz übers Schambein. Dann öffne ich die Tür.
    Die Glut der blauen Lichtschlange ist noch nicht erloschen. Josh liegt auf seinem Schlafsack. Er ist wach.
    Überrascht stützt er sich auf den Ellbogen und wirft einen fragenden Blick zu mir hoch. Wortlos lege ich die rechte Hand auf den Türrahmen. Joshs Blick verfängt sich in meinen Fingern. Mit seinen Augen am Zügel wandert meine Hand vom Türrahmen in Richtung Taille, hält kurz inne und streicht dann weiter, dem Hüftknochen entgegen. Ich ertaste den Saum des Sweatshirts, greife nach der Naht. Schnell und leicht ziehe ich mir den Stoff über den Kopf. Ein Post-it aus Baumwolle segelt neben mir zu Boden. Die neue Seite fleischfarben. Mit nacktem Oberkörper stehe ich da, schiebe die Füße aneinander und bewege die Hüften. Eine Meerjungfrau in Jeans, angestrahlt vom neonblauen Tiefseeleuchten. Zwei kleine Rundungen zeichnen zarte, kreisförmige Beschwörungsformeln ins Dunkel.
    Schließlich breche ich den Bann.
    Mein Lächeln hebt die Hypnose auf. Ich bücke mich nach dem Kapuzenpullover, kehre dem Blau den Rücken und verschmelze mit der Dunkelheit.
    Gleich darauf liege ich eine Tür weiter auf dem Schaumgummi und höre mein Herz pochen.
    Josh hatte mich in all seiner charmanten Dreistigkeit am Vorabend um diese Vorstellung gebeten. Eine Bitte, die ich zunächst mit einem ruppigen »In your dreams!« abschmetterte und doch ⁠… Die Sache reizte mich. Den ganzen Tag über wollte mir dieser unverschämt direkte und zugleich ziemlich mutige Vorschlag, dessen Folgen ich nicht überblicken konnte, nicht mehr aus dem Kopf gehen.
    Es ging um mehr als nur um Brüste-Zeigen, das war klar.
    Plötzlich war da jemand, der mich überraschte, herausforderte und vor allem nicht langweilte.
    Das musste belohnt werden.

21.
    Josh: »I told Sam.« Ich: »Told him what?«
Josh: »About us.«
Ich: »You – oh. Oh fuck

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