Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Export A

Export A

Titel: Export A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kränzler
Vom Netzwerk:
seinem Ansehen mehr, als dass es ihm nützt. Sein letzter Schachzug in dieser Sache war die Gründung der » KP «. Die KP ist ein Zusammenschluss junger Männer zwischen 15 und 20. Die Mitglieder der Verbindung erkennt man an einem kreisförmigen Brandmal auf dem rechten Unterarm.
    Die Initiation in die Gemeinschaft verläuft stets nach demselben Muster: Eine teure Zigarre wird angesteckt, macht die Runde und wird schließlich auf dem Arm des Neulings ausgedrückt, den die kreisrunde Wunde fortan als vollwertiges Mitglied der Gemein schaft ausweist.
    Der Name KP rührt von den Initialen der Highschool bzw. des Stadtteils Porter Creek her. » PC « wurde zu » CP «.
    CP wiederum ist die unter den Jungs gültige Abkürzung für »cunt-patrol«. Der um Anstand bemühte Jordan veranlasste, wohl um das Four-Letter-Word »cunt« etwas abzuschwächen, die Änderung der Initialen und ersetzte das C durch das vermeintlich seriösere K.
    Anfangs zeichnete sich ein typischer KP ler vor allem durch ein besonders attraktives Äußeres und eine überdurchschnittliche Erfolgsquote beim weiblichen Geschlecht aus. (Bezeichnenderweise ist kein einziger meiner Mitbewohner KP -Mitglied ⁠…). Ein Haufen Dandys mit freimaurerischen Ambitionen auf der Suche nach chicks und Kicks.
    Nach und nach verstrickten sich die KP ler jedoch in allerhand Schwierigkeiten und kamen sowohl mit dem Gesetz als auch mit Banden aus anderen Stadtvierteln in Konflikt. Der Charakter der Verbindung änderte sich, bildete mafiöse Strukturen und Methoden aus. Die KP war nicht länger bewundernswert, sie war bedrohlich.
    Für Jordan erfüllte sie ihren Zweck: Er blieb im Gespräch. Es gab weiterhin Jungs, die zu ihm aufsahen. Kaum einer wagte es, seine Autorität in Frage zu stellen.
    Ich hatte Glück. Sowohl Jordan als auch sein kleiner Bruder Ash mochten mich. Sie verwandten viel Energie darauf, sich vor mir, dem einzigen Mädchen, als Gentlemen zu präsentieren. Jordan versäumte es nie, mir einen Platz auf dem Sofa anzubieten, und gewährte mir stets den ersten Zug. Ganz geheuer waren mir diese Zuwendungen, diese Pseudo-Privilegien nicht. Man konnte sich nie sicher sein, ob nicht doch einmal eine Rückzahlung, ein Preis, ein Gefallen fällig werden würde. Wenn Jordan seine Marihuana-Blöcke, 5000 Dollar je Kilo, unter der Jacke hervorzauberte, saß ich mit angehaltenem Atem neben ihm und versuchte, den Gedanken an mögliche Forderungen, die vielleicht einmal an mich gestellt werden würden, weit, weit fortzuschieben.
    Irgendetwas scheint es heute zu feiern zu geben. Keine Ahnung, was.
    Die Einzelheiten der Deals wurden meist mit unglaublich wichtig tuerischen Gesichtern geheimgehalten. Vor allem Josh, von dem man nie so recht wusste, ob er nun abhängiger Dealer oder dealender Abhängiger war, versuchte, sich in Jordans Gegenwart als gewiefter Händler darzustellen, eine Rolle, die schlecht zu ihm passte und ihn oft unfreiwillig komisch wirken ließ. Er hatte die Angewohnheit, seine Nervosität in einem Wortschwall aus Slangfloskeln zu ertränken, die aus dem Mund eines Weißen absurd und lächerlich klangen.
    Eine weiterer Teil der peinlichen Komödie war die Art, wie er mit Bernie umsprang, der als Laufbursche, Page oder Haussklave herhalten musste und diese Demütigung nur äußerst widerwillig über sich ergehen ließ. Dummerweise war er auf den kostenlosen Schlafplatz, den ihm diese Dienste sicherten, angewiesen, und deshalb raffte er sich dann doch mit einem leisen »Fuck you, Josh« auf, holte das Telefon aus dem Obergeschoss, startete den Wagen oder lief Kippen holen.
    Gerade ist er leise vor sich hin fluchend die Treppen zum Wohnzimmer hinaufgestiegen und sucht mal wieder das Telefon. Wir sind eingeladen. Jordan will mit uns zu den Hotsprings fahren. Ewigkeiten vergehen, bis endlich das Telefon gefunden, die Limousine bestellt und alle aufbruchbereit sind.
    Es ist meine erste Fahrt in einer Limousine. Als der schwarze Uralt-Cadillac auf uns zugescheppert kommt, ahne ich, dass der Markenname der einzige Luxus bleiben wird ⁠…
    Der Fahrer steigt nicht aus. Er denkt gar nicht daran, uns die Türen aufzuhalten. Uns, das sind Jordan, Josh, Bernie, Declan, Dave, Graham und ich. Nacheinander klettern wir in den Wagen und quetschen uns auf die Bänke im Fond. Schließlich kommt Leben in die Silhouette hinter dem Steuer, sie dreht den Kopf und fragt nach dem Reiseziel. Mir wird klar, warum sie sich nicht mit Türöffnen und weiteren Höflichkeiten

Weitere Kostenlose Bücher