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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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nichts.«
    »Sucht ihr noch Leute dafür?« Ich verkniff mir die Frage, denn selbst in der größten Verzweiflung (und der Umstand, dass ich Lydia anrief, war der Beweis, wie verzweifelt ich war) bewahre ich noch einen Rest von Selbstachtung.
    Außerdem, was soll‘s, schließlich bin ich jetzt in die Imbissbranche eingestiegen. Sieben Tage, nachdem Dad mir das Angebot gemacht hatte, gab ich mich geschlagen und sagte Ja.
    Und jetzt stehe ich hier: die neue Sandwich-Schmiererin. Oh Mann, ob ich den Bratgestank von Curry-Hühnchen jemals wieder aus meinen Haaren herauskriege? Curry-Hühnchen in Vollkornmantel ist heute nämlich das Gericht des Tages. Asiatische Küche trifft auf europäische Küche, und heraus kommt ein vollwertiges Curry-Gericht, das, wie ich sagen muss, sich in der Mittagstischbranche zu einem echten Verkaufsschlager entwickelt. Die Leute stehen bis auf die Straße hinaus Schlange.
    Für Dad zu arbeiten ist eine ganz neue Erfahrung. Während ich bis jetzt im Glauben war, mein Vater wäre der weltfremdeste Mensch der Welt, musste ich feststellen, dass in seinem Laden, mitten im Herzen von Covent Garden, mehr Szeneleute und Modefreaks verkehren, als ich an einem normalen Tag im Zone zu sehen bekam. Und wissen Sie was? Seine Kundschaft vergöttert ihn, weil er hinter seiner Theke vor Charme strotzt und für jeden einen netten Spruch übrig hat. Robbie Williams höchstpersönlich könnte sich von meinem Vater abschauen, wie man mit seinen Fans umgeht, und würde Dad sich auf seine Theke stellen und »Angels« anstimmen, wäre ich erstens nicht sonderlich überrascht und würde zweitens sogar darauf wetten, dass jeder einzelne seiner Kunden dazu ein Feuerzeug schwenkt. Selbst japanische Touristen, die sich mit ihren Reiseführern in Dads Geschäft verlaufen in der Hoffnung, endlich den Buckingham Palace gefunden zu haben, verlassen den Laden mit einem Lächeln im Gesicht (und häufig auch mit einem von Dads XXL-Sandwiches).
    Hier geht es den ganzen Tag lustig zu, ohne dass dies auf Kosten anderer geschieht. Ich weiß nun, dass zwei identische Uhren in Dads Geschäft hängen, beide mit einem kleinen Messingschild versehen. Auf dem einen steht »LONDON«, auf dem anderen »WOOD GREEN«. Dad ist überzeugt, dass dies seinem Laden »eine internationale Flair« verleiht. Das Schild über der Eingangstür ist ebenfalls neu. Es hat Dad nicht einmal etwas gekostet, da es von der Werbeagentur ein paar Häuser weiter gestiftet wurde, in der Hoffnung, damit eine Auszeichnung zu ergattern. Habe ich jemals erwähnt, wie der Laden meines Vaters heißt? Ich glaube nicht. Er heißt Chez Jimmy , was mich jedes Mal zum Lachen reizt.
    Aber alles in allem ist diese ... äh ... neue Karriere, die ich eingeschlagen habe, gar nicht so schlecht. Mir gefällt es, dass ich diese neue Seite an meinem Vater als Sandwich-Gott erlebe. Zudem erfüllt es mich mit Stolz, dass ich in der Lage bin, ein Thunfischsandwich mit perfekter, gelbbrauner Kruste zu überbacken und gleichzeitig Dads Stirn abzutupfen wie eine OP-Schwester, während der Chirurg den Flügel eines Truthahns amputiert.
    Ich muss zugeben, die Arbeit macht großen Spaß. Allerdings hat der Job auch einen gravierenden Nachteil. So ertappe ich mich häufig auf allen vieren. Genau wie im Moment, wo ich auf dem Boden knie.
    »Was du machst da unten?«, fragt Dad. Die Frage ist nicht ganz unberechtigt.
    »Ich suche diesen Gurkenhobel von Tupper«, entgegne ich.
    »Die Hobel nicht ist da unten, sondern ist hier oben auf die Kühltheke.«
    Das weiß ich natürlich, aber das werde ich ihm nicht sagen. In Wahrheit habe ich mich nämlich, wie ein Kampfsoldat der königlichen Marine unter feindlichem Beschuss, auf den Boden geworfen, weil ich gerade Ruby vom Zone vor dem Schaufenster vorbeibummeln sah. Das Problem ist, dass ich in Covent Garden arbeite und somit die Chancen ziemlich hoch stehen, meinen ehemaligen Arbeitskollegen zu begegnen. Gott sei Dank ist mir das bis jetzt erspart geblieben, da ich mittlerweile sehr geübt bin in meiner Wegducktechnik.
    Es ist nicht so, dass ich mich schäme. Warum sollte es mir auch peinlich sein, in einem Imbiss zu arbeiten, mit einer weißen Plastikschürze und einem Haarnetz statt im knappen Sportdress und mit verkehrt aufgesetzter Baseballkappe? Na schön, ein wenig peinlich ist mir das Ganze schon. Aber ich ziehe hauptsächlich jedes Mal dieses Tauchmanöver durch, weil ich nicht einen einzigen meiner hohlen, niederträchtigen, es mit

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