Extra scha(r)f
-«
Aaah! In einer Behindertentoilette durchgevögelt worden?
»- rückwärts durch eine Hecke geschleift worden.«
Puh.
Sie gibt mir immer noch keine Antwort auf meine Frage. »Mum, wer ist da drin?«, frage ich mit besonders viel Nachdruck.
»Mach jetzt bitte kein Theater. Dein Vater hat lediglich alte Freunde von uns eingeladen, okay?«
Ich höre sämtliche Alarmsirenen in meinem Kopf schrillen. »Das sind die Eltern von diesem Arzt, nicht wahr? Ich dachte, Dad wollte sie erst am Sonntag einladen?«
Meine Mutter gibt keine Antwort, aber ihr Gesicht spricht Bände.
Jetzt habe ich den Salat. Nachdem mein Vater vor ein paar Tagen den Besuch dieses Arztes angekündigt hat, habe ich mir für Sonntag einen ausgeklügelten Fluchtplan überlegt. Am Sonntag wollte ich die an den Rollstuhl gefesselte Sasha zu dem texanisehen Wunderheiler bringen, der in London nur eine kurze Stippvisite einlegt. Offenbar hat mein Vater aber Lunte gerochen und die Einladung einfach auf Mitte der Woche vorverlegt, um mich zu überrumpeln. Dieser hinterhältige Schuft.
»Mum! Warum hast du ihm das erlaubt? Ich mache da nicht mit. Sieh zu, dass du sie wieder loswirst.« Wahrscheinlich klinge ich ein wenig hysterisch. Nicht weiter verwunderlich, ich bin es auch.
»Reg dich wieder ab«, entgegnet sie bestimmt. »Das sind wirklich nette Leute. Du wirst dir keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn du sie wenigstens kurz begrüßt, oder?«
»Vergiss es.« Ich sehe bereits meinen Vater, der im Wohnzimmer den eilig herbeigerufenen Popen instruiert: »Okay, ich halte sie fest, Sie machen sie zu eine Ehefrau. Sie ignorieren ihre Geschrei. Sie schreit, weil ist glücklich.«
»Mum, wie kannst du da nur mitspielen?«
»Was heißt hier mitspielen? Wir plaudern lediglich mit unseren Gästen. Dino ist übrigens gar nicht dabei.«
»Wer zum Teufel ist Dino?«
»Der Arzt.«
Doktor Dino. Wohl eher Dino, der verdammte Dinosaurier, denn er muss schon prähistorisch sein, wenn er die alte Tradition billigt, dass Väter ihre Töchter gegen das höchste Gebot verschachern.
»Es sind nur seine Eltern da«, erklärt Mum mir. »Ein ganz harmloser Besuch.«
Ich verstehe nicht, weshalb meine Mutter meinem Vater in dieser Sache seinen Willen lässt, und ich kann nur hoffen, dass sie einen raffinierten Plan in der Hinterhand hat, einen, der noch besser ist als die Wandlung von Theglou zu Charlotte. Während der gesamten Ehe hat meine Mutter Dads gelegentlichen Rückfällen in griechische Traditionen immer standgehalten. Zudem hat sie glücklicherweise in den letzten vier Jahren sämtliche Versuche meines Vaters boykottiert, mich zwangszuverheiraten. Doch jetzt habe ich den Eindruck, als habe sie ihre Meinung geändert. Ich habe zwar keine Ahnung, wie es dazu kommen konnte, aber meine Mutter verhält sich wirklich ungewohnt.
»Komm schon, Herzchen«, sagt sie und gibt mir einen sachten Schubs in Richtung Wohnzimmer. »Sie wollen gleich gehen. Gib dir einen Ruck.«
Ich unterdrücke meine Panik und zwinge mich, ruhig zu bleiben. Was habe ich schon für eine Wahl?
»Seht mal her, ich habe Charlotte mitgebracht«, verkündet meine Mutter gleich darauf, während sie meinen starren Körper in das Wohnzimmer schiebt.
»Ah, Chaglotta«, dröhnt mein Vater, »endlich du bist da. Das sind George und Maroulla Georgiou.«
Beide erheben sich gleichzeitig, und ich zwinge mich zu einem Lächeln, während ich ihnen die Hand gebe. Ich mustere das Paar. Beide sind klein und dick. Und beide haben einen Bart. Wahrscheinlich haben sie dieselben Gene. Wie mag dann wohl Doktor Dino aussehen?
Wir nehmen alle Platz und sehen uns verlegen an. Erst jetzt bemerke ich Emily. Sie saß vorhin eingequetscht neben Maroulla auf dem Sofa, jetzt steht sie und schenkt Tee ein. Sie mimt die perfekte Tochter, kann jedoch nicht widerstehen, mir ein schadenfrohes Grinsen zuzuwerfen. Das hier gefällt ihr.
»Sie arbeiten also in Studio für Fitness?«, fragt Maroulla, wobei sie das Kunststück fertig bringt, »Studio« so klingen zu lassen, als wäre es mit einem Bordell gleichzusetzen. »Sie arbeiten immer so lange?«
Diese Frage ist gefährlich. »Spät nach Hause kommen« steht ganz unten auf der Liste der erwünschten Eigenschaften einer zukünftigen Schwiegertochter - direkt zwischen »cracksüchtig« und »HIV-positiv«.
»Oh ja, ich komme meistens sehr spät nach Hause«, betreibe ich absichtlich Antiwerbung in eigener Sache.
»Theglitsa ist Managerin von Studio«, verkündet
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