Extra scha(r)f
gelingt das nicht völlig. Ich kann sie immer noch hören.
In diesem Moment geht die Badtür einen Spalt auf, und Emily gleitet herein.
»Verschwinde, hörst du?«, schreie ich sie an und schaufele rasch Schaum über die richtigen Stellen. »Gott, kann man denn in diesem Haus nirgends ungestört sein?«
»Ich und Mum haben uns die Finger wund geschrubbt, um es hier sauber zu haben, bevor unsere Gäste kommen. Ohne deine Unterstützung«, sagt Emily und setzt sich auf den Toilettendeekel.
Ihre Bemerkung bringt mich ins Grübeln. Stimmt, hier ist es wirklich blitzsauber. Was geht hier vor? Normalerweise machen Mum und Emily nie freiwillig sauber.
»Ich habe euch nicht darum gebeten«, erwidere ich.
»Kann Sasha wieder gehen?«, fragt sie.
Diese kleine Giftschlange. Sie weiß bestens Bescheid. Aber sie könnte auch nur bluffen. Da ich meine beste Ausrede nicht riskieren will, indem ich Emily auf die Probe stelle, sage ich nur: »Hau ab, geh wieder nach unten. Da kannst du weiter das wohlerzogene Töchterchen mimen.«
»Eigentlich solltest du da unten sitzen, um deine zukünftigen Schwiegereltern kennen zu lernen.«
»Verpiss dich endlich, du miese, kleine -«
»Sieh mal an, was haben wir denn hier?«, fällt sie mir ins Wort. Sie zieht etwas aus ihrer Jeans. »Ach, das ist ja dein Handy. Hey, schauen wir uns doch mal diese SMS an.« Sie liest laut vor. »Muss nicht schon wieder ein Klo sein. Ich frage mich, was das zu bedeuten hat?«
Dieses gemeine, niederträchtige, hinterhältige Biest!
Jetzt hat sie mich in der Hand. Aber richtig.
»Gib mir sofort mein Handy, du blöde Kuh.« Ich muss meine gesamte Willenskraft aufbieten, um sie nicht anzubrüllen.
»Okay«, entgegnet sie und lässt das Handy provokativ über der Wanne schweben. »Also, was hast du auf dem Klo getrieben? Du solltest es mir sagen, oder soll ich Dad fragen, wie er die SMS versteht?«
»Wenn du das Handy ins Wasser fallen lässt, bringe ich dich um.«
Leider muss ich mich geschlagen geben, da Emily mein Leben in einem Schaumbad zu ertränken droht. Sie hat gewonnen. Wieder einmal. Warum lerne ich nie daraus?
»Was willst du also?«, frage ich genervt.
»Ich bin momentan ziemlich pleite«, entgegnet sie. »Mit einem Zehner wäre mir schon geholfen.«
»Nimm ihn dir aus meiner Geldbörse.« Was soll ich sonst sagen? Sie weiß zu viel, und mit einem Zehner für ihr Schweigen komme ich noch billig davon.
»Du hast Glück«, sagt sie und legt das Handy auf einen sicheren Platz. Dann verschwindet sie genauso leise, wie sie gekommen ist.
Was für ein verrückter, bescheuerter Tag.
Ich schließe die Augen und lasse mich bis zu den Nasenlöchern ins Wasser sinken. Ich wünschte, ich könnte die Stimmen ausblenden. Warum müssen Griechen immer so schreien? Die Stimmen sind jetzt noch deutlicher zu verstehen, da sich die Unterhaltung mittlerweile in die Diele verlagert hat. Wenigstens heißt das, dass die Gäste im Begriff sind zu gehen. »Ihre Haus ist sehr sauber«, sagt Maroulla gerade. »Wie Sie machen das? Normal ist nicht so sauber bei englische Leute.«
»Danke, Maroulla, wir versuchen unser Bestes«, gibt meine Mutter zurück, ohne zu erwähnen dass sie a) streng genommen keine Engländerin ist und b) im Prinzip nichts vom Saubermachen hält. »Eine gewisse Ordnung muss eben sein, nicht wahr?«
Verzeihung, aber was für eine Ordnung? Was läuft hier eigentlich? Wenn mein Vater Gäste einladen will und meiner Mutter vorschlägt, eventuell einmal mit dem Staubtuch durchs Haus zu gehen, erntet er von ihr normalerweise lediglich ein gelassenes Die sollen uns so nehmen, wie wir sind . Aber bei diesen Leuten will sie offenbar Eindruck schinden. Wozu?
Ich will gar nicht genauer darüber nachdenken, also lasse ich es. Stattdessen wandern meine Gedanken zurück zur Mittagspause und der besten Nummer in der Geschichte des Sex. Das geht so lange gut, bis sich der unwiderstehliche Karl in meiner Vorstellung in den Sohn von George und Maroulla Georgiou verwandelt - sprich in Danny DeVito jr., nur noch kleiner, dicker und ohne das Charisma.
Ich schlage die Augen plötzlich wieder auf... und sehe einen winzigen Hoffnungsschimmer.
Doktor Dino war nicht dabei.
Sein Fernbleiben bedeutet bestimmt, dass er von einer arrangierten Ehe genauso wenig hält wie ich.
Tja, das hoffe ich zumindest.
Mittlerweile ist mein Badewasser kalt, mein schöner Schaum hat sich aufgelöst, und meine Haut ist derart runzlig und aufgeweicht, dass ich zweimal
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