Extra scha(r)f
während ein anderer Teil von mir wiederum am liebsten Karl packen und ihn zur nächsten Behindertentoilette schleifen würde ... Am besten, ich höre auf die hochprofessionelle innere Stimme. Karl wird warten. Hoffentlich.
Ich komme hinter der Empfangstheke hervor und stelle mich mitten ins Foyer, während Blaize näher kommt. »Hallo, willkommen in The Zone«, sage ich und strecke ihr die Hand entgegen. »Ich bin Charlie, die neue Geschäftsführerin. Ich führe Sie nach oben in -«
Ich verstumme, weil Blaize mich völlig ignoriert. Meine Hand schwebt immer noch in der Luft. Bin ich etwa unsichtbar? Ich werfe einen kurzen Blick in den Spiegel hinter mir, um zu prüfen, ob ich unversehens die magische Fähigkeit besitze, mich in Luft aufzulösen. Der dumme Gesichtsausdruck und der offene Mund meines Spiegelbilds sagen mir jedoch, dass keine Magie im Spiel ist. Blaize rauscht einfach an mir vorbei, ihren Hofstaat im Schlepptau, und bleibt erst vor Karl stehen. Was hat das zu bedeuten? Ich weiß ja, dass Karl unwiderstehlich ist, aber selbst ich habe ihn nicht so unverhohlen angeschmachtet, als ich ihn das erste Mal sah. Was macht sie denn jetzt? Scheiße. Sie gibt ihm einen Begrüßungskuss. Augenblick. Die beiden müssen sich kennen. Aber Karl hat nie erwähnt, dass er irgendwelche Popstars kennt.
Was hat er überhaupt erwähnt, frage ich mich.
Nachdem Blaize mit ihrem Herumgeknutsche fertig ist, widmet sie mir endlich ihre Aufmerksamkeit. »Danke, aber Karl kann mich nach oben bringen.« Sie hakt sich bei ihm unter und sagt zu ihm: »Du kennst doch den Weg, oder?«
»Ja, wir haben Studio 4, nicht wahr?« Karl sieht mich fragend an, und ich gebe einen erstickten Laut von mir, der ein Ja sein soll. So viel zu meiner supercoolen Fassade. Mit weit offenem Mund stehe ich da wie eine Vollidiotin. Aber Verzeihung - was zum Teufel geht hier eigentlich vor sich?
Blaize und Karl machen sich auf in Richtung Fahrstuhl, und ich kann nichts weiter tun, als ihnen hinterherzustarren.
Kurz bevor die Fahrstuhltür sich schließt, zwinkert Karl mir zu.
Dieser Bastard.
Das war vor fünfzehn Minuten.
»Wo bleibt eigentlich Rebecca, verdammt?«, fluche ich.
Professionell, wie ich bin, habe ich sie mit Erfrischungsgetränken zu Studio 4 hochgeschickt ... na schön, sie soll dort ein wenig herumspionieren.
»Ich weiß nicht, warum du so einen Aufstand machst«, sagt Daniel. »Ich sage dir, Karl gehört zu Blaizes Tänzern. Das kann gar nicht anders sein.«
Wahrscheinlich hat er Recht, aber ich brauche die Bestätigung. Und natürlich will ich wissen, ob er mit ihr mehr macht als nur tanzen.
In diesem Augenblick gleitet die Fahrstuhltür auf, und Rebecca erscheint wieder.
»Und?«, frage ich sie.
»Sie kennen sich, eindeutig«, antwortet sie.
»Das ist wohl offensichtlich. Was treibt er da oben?«
»Er steht neben Blaize und macht diese Bewegung.« Rebecca hebt die Arme hoch und wackelt mit den Hüften. »Und wenn Jenna anzählt, ist er der Erste -«
»Ich habe es dir doch gesagt«, quatscht Daniel dazwischen.
Nachdem ich nun die Bestätigung habe, fühle ich mich auch nicht besser, und ich lasse mich auf den Tisch sinken. Gleich darauf spüre ich Daniels Arm um meine Schulter. »Sieh mal, ist doch alles halb so wild«, sagt er. »Dieses Herumturteln hat doch überhaupt nichts zu bedeuten. Das ist doch gang und gäbe zwischen Popstars und Tänzern. Außerdem ist Blaize nicht annähernd so hübsch wie du.«
»Blödsinn. Sie sieht klasse aus. Und sie hatte schon zwei Nummer-Eins-Hits.«
»Also gut, ich habe eine Idee«, verkündet Daniel plötzlich entschlossen. »Becks, schnapp dir Stift und Papier. Du wirst dir ein paar Notizen machen müssen.«
Rebecca nimmt sich einen Zone-Notizblock und wartet mit gezücktem Stift.
»Gut, jetzt ist es halb drei. Wenn wir uns beeilen, könnte es noch klappen ...«
Rebecca blickt Daniel gespannt an. Ich muss zugeben, dass ich ebenfalls etwas neugierig bin.
»Okay, Charlie, zuerst musst du ein Demotape aufnehmen. Oben im Büro steht ein Kassettenrekorder, den können wir dafür benutzen ...«
Ach so, wieder eine von Daniels bescheuerten Ideen.
»... Becks bringt das Tape anschließend zu Simon Cowell, dem Top-Produzenten in London. Noch heute vor Agenturschluss könntest du den Vertrag unterschreiben, morgen die Platte aufnehmen, am Freitag in Top of the Pops auftreten, und am Sonntag stehst du auf Platz eins der Charts. Blaize wird gar nicht wissen, wie ihr
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