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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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Tiefspül-WC, die weeeesentlich mehr Details enthält, als einem, lieb ist; geradezu analfixiert, oder, Sigmund? Erstaunlich, wie sehr er sich für Sachen begeistern kann, durch die kein Strom fließt. Früher undenkbar. Hausbesitzer zu sein bedeutet anscheinend, dass dich das Haus besitzt. Da - das Licht in dem Auto geht wieder aus. Ich presse die Augen zu. Wird wohl doch Personal gewesen sein.

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    Warum in aller Welt schmeckt Nutella aus diesen kleinen Aluschälchen viel besser als aus dem Glas? Zuhause verrotten die Becher im Schrank, doch sobald man im Frühstücksraum eines Hotels sitzt, muss man einfach immer weiter Nutella in sich hineinschaufeln, bis das Aluschälchen ratzekahl leer ist. Eine der wenigen Freuden einer Geschäftsreise, die man auch zu zweit genießen kann - anders als diese herrliche Minute, in der das Pay-TV noch nichts kostet. Wir sitzen im Frühstücksraum des Hotels zur guten Verkehrsanbindung. Und es ist verdammt hell. Nicht nur das Holz der Tische, sondern der ganze Raum. Viel zu hell für die kurze Nacht. An den porentief weißen Wänden hängen im Abstand von vielleicht 30 Zentimetern rote Plastikrosen. dazwischen selbst gemalte Aquarelle mit toskanischen Landschaften drauf. Cherchez la femme. Die anderen Gäste, allesamt Business-Heinis, starren stumm auf ihre Rechner, während sie mit der freien Hand mechanisch Müsli in sich hineinschaufeln. Früher raschelte an so einem Ort hier und da noch eine Zeitung, jetzt hört man nur noch das Klickern der Tastaturen. Auf einem Pult neben dem Eingang liegt zwar ein einsames Exemplar irgendeiner Lokalpostille. doch mit so einem Käseblatt will sich keiner der Weltmänner hier sehen lassen. Die checken lieber ihre Auktionen im Netz. Nick haut rein, als ob er seit Tagen nichts gegessen hätte. Er schmatzt und lacht und freut sich, dass er in wenigen Stunden wieder mit seiner Sabina zusammen sein kann. Früher hat er sich noch Mühe gegeben, dieses Gefühlsgedusel unter der Decke zu halten, so aus Rücksicht auf den armen Single. Doch das ist lange vorbei. Mittlerweile zwängt er mir den Pärchenpower-Mist gnadenlos auf, und zwar schön ausführlich: langatmige Protokolle von gemeinsamen Kinoerlebnissen. Shoppingtouren und Ausflügen.
    » ... dann haben wir da am Ufer gesessen, und die ganzen Vatertagsbötchen sind grölend vorbeigeschippert.«
    Eine weitere Geschichte mit schlechtem Verhältnis zwischen Rauschen und Signal. Auf den interessanten Kern der Story, nämlich Was für einen Bikini trug Sabina, geht er nicht ein. Triangel? Definitiv, sie kann es sich ja seit Neuestem leisten. Nick ist so ein furchtbar diskreter, geschmackvoller und asexueller Gentleman. Es ist Zeit, dass er mit seinem Romantik-Roman mal zum Ende kommt.
    »Hm. Aber mal was anderes: Was machen wir denn jetzt?«
    Nick schiebt sich ein weiteres Schinkenbrötchen in den Mund.
    »Na, nach Hause fahren!«
    Er lacht, dass die Krümel fliegen.
    »Vorausgesetzt, dass Major Tom nix dagegen hat.«
    Stimmt, da steht ja noch eine Antwort aus. Ich klappe unterm Tisch meinen Rechner auf. Was soll John schon geschrieben haben? Dass wir den Grid weiter rösten sollen, bis er noch mehr Daten ausspuckt? Wo nichts ist, lässt sich auch nichts herzaubern. Nein, die Sache ist durch, es sei denn, er schiebt noch Irvings Diskettenbox rüber, dann könnten wir die auch noch auslesen. Dafür bräuchten wir allerdings das passende Laufwerk für den Grid, so verlangt es das oberste Retro-Gesetz: Selbst die bestmöglich erhaltenen Medien taugen nichts ohne die passende Hardware zum Auslesen. Da, eine ungelesene Nachricht, ist sogar noch heute Nacht reingekommen. Ob John immer noch in diesem Führerbunker rumhängt? Bestimmt nicht. Wahrscheinlich ist er längst in die nächste Zeitzone weitergejettet oder läuft beim Iron Man auf Hawaii mit. Nachricht öffnen. Autsch, das wird Nick wehtun. Er schneidet gerade ein weiteres rundes Brötchen mit dem Messer auf und schmiert fingerdick Honig rein. Im Film würde der Regisseur jetzt langsam die klirrenden Teller und das Tastaturklicken ausblenden, bis die Tonspur komplett schweigt und man im Kinosaal das Popcorn auf den Boden rieseln hören kann. So ein Die-ganze-Welt-verschwindet-um-den- Helden-Moment. Wie bringe ich es ihm bei?
    »Hör mal ...«
    Nick schaut auf seine treu-ehrliche Art hoch, sodass es mir noch mehr leid tut, ihn enttäuschen zu müssen.
    »Schätze, unser Auftrag ist noch nicht vorbei.«
    Sein Kiefer kommt knirschend zum Halten.

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