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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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jeder Gelegenheit über die goldenen alten Zeiten des Reisens schwärmt, hält sich erstaunlich bedeckt. Oh, sieh an: Die Krissi schreibt schon die erste Karte an die Daheimgebliebenen. Das wird sie nächste Woche noch einmal machen und die Woche drauf vielleicht auch, doch dann wird sie ihre deutschen Blutsbrüder und -schwestern vergessen und die Freundschaftsbändchen in einen Rest-Mülleimer schmeißen. Wie immer lautet die grausame Strafe dafür, dass nicht ausreichend Technik am Start ist: Wir müssen reden. Okay, ich fange an.
    »Was meintest du eigentlich gestern Abend mit den Millionen, die das Tape wert ist?«
    »Ach, nix«, brabbelt Nick in sein Knie rein.
    »Komm schon, Alter!«
    Begleitet von einem »Ääääääh« in Überlänge schiebt er sich langsam hoch.
    »Also«, er muss aufstoßen und klopft sich mit der Faust so Opa-mäßig gegen das Brustbein.
    »Hier ist meine Theorie - aber nich lachen, okay?«
    »Ehrenwort!«
    Wow, wenn er schon so fragt, wird seine Theorie richtig weit draußen sein.
    »Ich seh die Sache so: Irgendein, äh, Top-Kunde hat der Datacorp das Tape zum Auslesen gegeben.«
    Top-Kunde? Also eine Regierung. Mann, wir sind doch unter Garantie raus aus der Firma, wozu noch das vertrauliche Getue? Nachdem er einen großen Schluck Magensäure runtergewürgt hat, fantasiert Nick los.
    »Ein paar Ärsche in der Company haben spitzgekriegt, dass die Daten auf dem Tape 'ne Menge wert sind, und dachten: Warum sich mit dem normalen Honorar zufriedengeben, wenn man auch das Doppelte oder Dreifache kassieren kann? Und diese Typen wollen den Kunden jetzt erpressen, so nach dem Motto: Entweder ihr zahlt, oder ihr kriegt eure Daten niemals.«
    Wieder ist einer der seltenen Momente da, in denen seine Paranoia fast plausibel klingt.
    »... und die haben dann John aus dem Weg geräumt, weil er mit unserer Hilfe den Job sauber durchziehen wollte«, spinne ich weiter. Mit dem üblichen »könnte sein« duckt sich Nick weg, um mir nicht recht geben zu müssen. Jetzt ist es Zeit, mal die ganze Story aus ihm rauszuholen.
    »Okay. Und wohin fahren wir jetzt? Wer ist der mysteriöse Mister X mit dem IBM einundfünfzig-zehn im Keller, der uns helfen wird, das Tape auszulesen?«
    Nick lockert den Sicherheitsgurt, damit er sich wieder in den Sitz sinken lassen kann.
    »Warts ab«, flüstert er.
    »Komm schon: Spucks aus!«
    Langsam geht mir sein Getue mächtig auf den Sack.
    »Ich sage: Warts ab«, kläfft Nick zurück. Ach, na klar! Jetzt ist klar, warum er nicht mit den Details rausrückt. Das ist eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass die Company als Nächstes mich entführt. Und je weniger ich weiß, desto weniger kann ich verraten und desto sicherer ist er. Schlau. Allerdings auch ziemlich abgebrüht. RemainingFlightTime: 8h flimmert über den Röhrenfernseher, den Captain Kranich ungefähr hundert Meter von uns weg im Gang aufgehängt hat. Aber das ist doch kein Grund, sich zu langweilen! Genau das würde Mutter jetzt sagen, genau so, wie sie es auf den zahllosen Urlaubsfahrten Richtung Süden gesagt hat, als Klimatisierung bedeutete, ein Handtuch oben ins - natürlich von Hand runtergekurbelte - Fenster reinzuklemmen. Als in den Kopfstützen von Mama und Papa noch kein Bildschirm eingebaut war und An-Bord-Unterhaltung darin bestand »Ich sehe was, was du nicht siehst« oder „Ich packe meinen Koffer« zu spielen. Was für absolut grauenhafte Zeiten. Wenn gar nichts mehr ging, konnte man sich noch die Anleitungen aus dem Erste-Hilfe-Kissen reinziehen, die hatten echte Splatterqualität, so von wegen: Wenn Hirnmasse austritt, sofort Dreieckstuch drunterlegen. Der Beifahrer ist immer noch voll und ganz mit Aufstoßen beschäftigt. Vielleicht möbelt ihn ja 'ne Runde Auto-Ausfüllen auf? Ich schubse ihn an.
    »Bitte vervollständigen Sie diese Reihe: Willie Nelson, Al Jarreau, Bruce ...«
    »... Springsteen, dann Kenny Loggins, dann der Dude, den wir nicht kannten, und so weiter, blabla ...«,leiert Nick runter, »schließlich Daryl Hall, Wacko Jacko, der ewig coole Huey Lewis, am Schluss die Feuersirene Cindy Lauper. Ich weiß, Alter, die Reihenfolge der Sänger bei 'We Are The World'. Hatten wir schon tausend Mal.«
    Gelangweilt popelt er am Knebelverschluss des Klapptischs rum, bis er aufpoppt und der Tisch auf seine Knie donnert - was ihm allerdings nicht mehr als ein geflüstertes »D'oh« entlockt. Muss ich jetzt etwa über was Ernstes reden? Womöglich über sein Kind? Von selbst erzählt er

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