Fabelheim: Roman (German Edition)
gut. Vor allem, wenn wir die Feen überzeugen können.«
»Sie zu verzaubern?«
»Die Nacht darin zu verbringen«, erklärte Lena. »Feenlaternen waren schon immer eine der sichersten Schutzmaßnahmen gegen Kreaturen mit zweifelhaften Absichten.«
»Aber ich dachte, das Haus wäre bereits sicher.« Kendra war gerade dabei, den Stiel eines großen, orangefarbenen Kürbisses anzusägen.
»Ein paar Extra-Sicherheitsmaßnahmen schaden bei Festnächten nie. Insbesondere in einer Mittsommernacht nach all dem Aufruhr in jüngster Zeit.«
»Wie sollen wir sie jemals alle vor heute Abend aushöhlen«
»Überlass das Dale. Er könnte sie alle allein aushöhlen und hätte noch Zeit übrig. Es werden nicht gerade Kunstwerke, aber dafür sehr, sehr viele. Du höhlst sie nur zum Spaß aus; er weiß, wie man es macht, wenn man muss.«
»Das Aushöhlen hat mir noch nie besonderen Spaß gemacht«, sagte Kendra.
»Ach nein?«, erwiderte Lena. »Ich liebe die schleimige Konsistenz und die Gelegenheit, mich bis zu den Ellbogen
zu beschmieren. Es ist so, als würde man im Schlamm spielen. Und danach gibt es immer köstliche Pasteten.«
»Ist dieser weiße hier zu klein?«
»Vielleicht sparen wir ihn uns für den Herbst auf.«
»Glauben Sie, dass die Feen kommen werden?«
»Schwer zu sagen«, gestand Lena. »Einige werden mit Sicherheit kommen. Normalerweise haben wir keine Mühe, so viele Laternen zu füllen, wie da sind, aber heute Nacht könnte das anders sein.«
»Was ist, wenn sie nicht auftauchen?«, fragte Kendra.
»Wir werden auch ohne sie zurechtkommen. Künstliche Beleuchtung funktioniert auch, wenn auch nicht so gut wie die Feen. Mit den Feenlaternen bleibt der Aufruhr immer weiter vom Haus weg. Zusätzlich wird Stan noch Stammesmasken, Kräuter und andere Schutzvorrichtungen aufstellen.«
»Ist diese Nacht wirklich so schrecklich?«
»Ihr werdet jede Menge beunruhigender Geräusche hören.«
»Vielleicht hätten wir die Milch heute Morgen weglassen sollen.«
Lena schüttelte den Kopf, ohne den Blick von ihrer Arbeit abzuwenden. »Zu den gemeinsten Tricks, die heute Nacht zur Anwendung kommen werden, gehören List und Illusion. Ohne die Milch wärt ihr noch anfälliger dafür. Sie könnten ihre wahre Erscheinung nur noch besser verhüllen.«
Kendra schnitt einen weiteren Kürbis ab. »So oder so, ich werde nicht hinschauen.«
»Ich wünschte, wir könnten etwas von deiner Einsicht auf deinen Bruder übertragen.«
»Nach allem, was geschehen ist, bin ich sicher, dass er sich heute Nacht benehmen wird.«
Die Tür des Gewächshauses ging auf, und Dale steckte den Kopf herein. »Kendra, komm her, ich möchte dich mit jemandem bekannt machen.«
Von Lena gefolgt ging Kendra zur Tür. Auf der Schwelle blieb sie stehen und stieß ein leises Kreischen aus. Eine riesige, affenartige Kreatur marschierte auf das Gewächshaus zu; sie zog eine Art Rikscha von der Größe eines Wagens hinter sich her. »Was ist das?«
»Das ist Hugo«, krähte Seth, der in dem gigantischen Schubkarren hockte. »Er ist ein Roboter aus Schlamm!« Seth sprang aus dem Karren und lief zu Kendra hinüber.
»Ich bin vorausgegangen, damit du ihn näher kommen sehen konntest«, erklärte Dale.
»Hugo kann unglaublich schnell rennen, wenn man es ihm sagt«, schwärmte Seth. »Dale hat mir erlaubt, ihm Befehle zu geben, und er hat mir immer gehorcht. Siehst du? Er wartet auf Anweisungen.«
Hugo stand reglos neben dem Gewächshaus und hielt immer noch die Rikscha fest. Hätte sie Hugo nicht in Bewegung gesehen, hätte Kendra geglaubt, er wäre eine grob behauene Statue. Seth drängte sich an Kendra vorbei ins Gewächshaus.
»Was ist er für ein Geschöpf?«, fragte Kendra Lena.
»Ein Golem«, antwortete sie. »Belebte Materie mit rudimentärer Intelligenz. Er macht den größten Teil der schweren Arbeiten hier.«
»Er lädt die Kürbisse ein.«
»Und rollt sie in seinem Karren zum Haus hinüber.«
Seth verließ das Gewächshaus mit einem ziemlich großen Kürbis. »Darf ich ihr einen Befehl zeigen?«, fragte er.
»Natürlich«, sagte Dale. »Hugo, gehorche dem nächsten Befehl von Seth.«
Seth hob den Kürbis mit beiden Händen auf Hüfthöhe und lehnte sich ein Stück zurück, um nicht vornüber zu fallen, dann näherte er sich dem Golem. »Hugo, nimm diesen Kürbis und wirf ihn, so weit du kannst, in den Wald.«
Der erstarrte Golem erwachte zum Leben. Er nahm den Kürbis in seine gewaltige Hand, verdrehte den Leib wie ein Speerwerfer
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