Geschöpf für seine Leistung eine Rechnung schickt, und dazu noch per E-Mail.«
Colin und Livia starrten ihn an.
»Du hast wirkliche eine E-Mail bekommen?«
Danny lachte noch immer, doch es klang wie das schrille Lachen von jemandem, der trotzig dem Irrsinn die Stirn bietet. »In der E-Mail stand, dass sie für die von ihr erbrachte Leistung mein Leben in die Obhut eines Mr. Moon zu geben habe. Begleichen Sie den Rechnungsbetrag (netto), indem Sie sich beim nächsten Erntemond in das Licht der Himmelsscheibe stellen (angezogen!). Genau das hat in der Mail gestanden.«
»Klingt verrückt.«
»Du kannst es dir anschauen«, sagte er, »
[email protected] . Passwort: bdylan. Ich hab sie nicht gelöscht.« Er strich sich nachdenklich über den Bart. »Ich habe Miss Robinson angerufen, weil ich sicher sein wollte, dass Mutter tatsächlich fort ist.«
»Und?«
»Alles bestens, alle waren aufgeregt, weil keiner wusste, wo sie abgeblieben war.«
»Madame Redgrave hatte also Wort gehalten«, sagte Livia.
»Aber ich Idiot dachte, dass ich den Preis in Dollar bezahlen müsste. Von einem Leben im Mond gemeinsam mit Mutter war nie die Rede gewesen.«
Das war der Teil, den Colin und Livia bereits kannten.
»Warum bist du wieder nach Ravenscraig gegangen?«
Er lachte wieder dieses verlegene, verzweifelte Lachen, das Colin die ganze Zeit über schon nicht gefiel. »Eigentlich wollte ich nur hierher zurückkehren, nach Rio Bravo. Ich dachte mir, dass Madame Redgrave mich hier nicht finden würde. Nur wie es dann weitergehen sollte, wusste ich auch nicht.«
»Aber warum ausgerechnet Ravenscraig?«
»Ich dachte, dass es mir von dort aus vielleicht gelingen würde. In meinem alten Zimmer. Ich dachte mir, dass die Erinnerungen an das, was geschehen war, mir die Kraft geben würden, nach Rio Bravo zu gehen.«
»Aber es hat so nicht funktioniert.«
Danny wirkte jetzt, zum ersten Mal seit dem Beginn dieses Gesprächs, völlig verwirrt: »Wieso, ich bin doch hier.«
»Es hat also funktioniert?«
»Ja.«
»Ich dachte, du seist über den Friedhof hierhergekommen.«
»Nein, ich bin nach Stranraer gefahren, und mitten auf der A77 bin ich nach Rio Bravo gegangen. Im Radio lief The River, und das hat irgendwie etwas zum Klingen gebracht.«
»Aber deinen Wagen, den hätte man doch finden müssen.«
»Den grünen Rover?« »Ich habe mir auch einen gemietet.«
Danny sagte: »Der Rover steht drüben, hinter den Stallungen. Ich bin mit dem Rover hierhergekommen. Ist'n Ding, was?! Ich bin mitsamt dem Wagen übergewechselt. Wenn wir das früher gewusst hätten, dann wären wir mit den Rädern hergefahren.«
Colin stutzte.
»Und das gelbe Band?«
»Welches gelbe Band?«
Er erklärte es Danny.
»Ich bin seit Vaters Begräbnis nicht mehr dort gewesen«, sagte Danny. »Von einem gelben Band weiß ich nichts.«
Sie sahen einander an, Livia und Colin. Bisher war Colin einfach davon ausgegangen, dass sein Bruder ihm ein Zeichen hinterlassen hatte.
»Der Galloway Graveyard ist immer dein Zufluchtsort gewesen, Colin. Du bist auch später immer dorthin gegangen, hast stundenlang mit einem Buch zwischen den Grabsteinen verbracht und hinaus auf die See geblickt. Dort hast du dich sicher gefühlt.«
Ja, dachte Colin, das gehört wohl auch zu den Dingen, die ich mehr und mehr vergessen habe.
We go down to the river.
»Mein Zufluchtsort war immer mein Zimmer. Dort war meine Gitarre.« Danny klopfte sanft auf das Holz und strich fast zärtlich über den Hals und berührte die Saiten. »Wenn ich Musik machte, dann war ich nicht mehr bei Mutter, dann war sie fort.«
And into the river we dive.
»Ergibt das einen Sinn?«, fragte Colin.
Es war Livia, die ihm antwortete: »Ja, tut es.«
Die beiden Jungs, die jetzt Männer waren, sahen sie an.
»Gemeinsam konntet ihr immer nach Rio Bravo gelangen. Doch wenn ihr allein seid, dann müsst ihr es von einem Ort aus tun, an dem ihr euch nie von eurer Mutter habt behelligen lassen. Für dich, Colin, war es der Galloway Graveyard. Und für Danny war es die Musik oder sein Zimmer, in dem er seine Ruhe hatte.«
»Ich habe es immer abgeschlossen, als ich ein Teenager war, weißt du noch?!«
»Ja«, murmelte Colin, »jetzt weiß ich es wieder.«
»Ich habe es abgeschlossen, nachdem wir hier in Rio Bravo - ich glaube, es war dort drüben - die Burdettes besiegt hatten. Danach ist Mutter draußen geblieben. Sie hat es nicht einmal gewagt, die Klinke zu drücken oder nach mir zu rufen, wenn ich dort