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Fabula

Fabula

Titel: Fabula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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ihm wie ein Schlag ins Gesicht gewesen. »Sie stellen mich vor die Wahl, meinen Bruder zu verraten oder die Frau, die ich liebe, sterben zu lassen.«
    »So läuft das Spiel, Sie haben es erfasst.«
    »Das ist nicht fair.«
    »Es ist mir egal, ob es fair ist oder nicht. Das sind die Regeln, und nach diesen Regeln wird gespielt.« »Und wenn ich diesen Preis zu zahlen bereit wäre?« Er hob die Hände. »Es ist nur eine Frage.« Sie musterte ihn wie eine Spinne die Fliege im Netz. »Würden Sie das tun?« »Nein.«
    »Das dachte ich mir.« »Aber ich könnte es tun.«
    »Jemand, der ist wie Ihr Bruder, könnte es tun, ja.« Sie seufzte und rieb sich das Licht aus den Augen. »Aber jemanden zu linden, der es freiwillig tut, ist ... schwierig.« Sie hob den Blick. »Um ehrlich zu sein, Mr. Darcy, es ist noch niemals vorgekommen, dass jemand den Preis für jemand anderen gezahlt hat. Sie sollten sich diesbezüglich keine Hoffnungen machen. Denn Hoffnung ist eine wertvolle Mahlzeit, die man nicht leichten Herzens essen sollte.«
    Colin nickte.
    Er hatte verstanden.
    Oh, Danny, du hast richtig Mist gebaut.
    »Wenn Sie Ihren Bruder suchen, wo immer er sein mag, ihn dort finden und dann zu mir bringen«, sagte sie, »dann ist uns allen geholfen. Das, Mr. Darcy, ist der einfachste Weg, die Dinge zu regeln.«
    Denn sonst kehrt die böse Sherazade zurück, und das ist nicht gut, nein, das ist für alle ganz, gaaaaanz schlecht.
    »Und wie soll ich das anstellen? Ich meine, ich habe nicht die geringste Ahnung, wo Danny stecken könnte.«
    Sie wird Geschichten erzählen, und keiner wird aus diesen Geschichten mehr herausfinden.
    Die böse, böse Sherazade.
    Madame Redgrave erhob sich und zog den Hut wieder auf, langsam, bis ihr Gesicht zur Hälfte im Schatten lag. »Wenn Sie am Wohlbefinden Ihrer kleinen Freundin hier interessiert sind«, zischle sie, »dann wird Ihnen, da bin ich mir sicher, schon etwas einfallen.« Sie schnippte mit den Fingern, und ein lautes Tosen erfüllte den Raum. Jede einzelne kleine Biene, mit Ausnahme der einen, die Livia gestochen hatte, erhob sich in die Lüfte.
    »Wie finde ich Sie?«, fragte Colin, der vom Bett aufstand und sich neben Livia kniete.
    »Sagte ich das etwa nicht? Culzean Castle ist jetzt mein Heim.« Sie breitete die Arme aus. Gelb-schwarze Wolken umschwärmten sie. »Der Mond wird Sie auch zu mir führen. Er ist überall daheim, wissen Sic, In allen Welten.« Colin konnte schon wieder den Wind spüren, den all die winzigen Flügel erzeugten. »Sie werden es tun, Mr. Darcy. Sie werden Ihren Bruder finden und ihn zu mir bringen.« Sie deutete mit dem Finger, der voller Bienen war, auf Livia. »Sonst wird Ihre Freundin bald schon sterben.« Bei diesen Worten stürzten sich die Bienen auf die Frau in Weiß, und als sich die Wolke aufgelöst hatte, da war Madame Redgrave verschwunden.
    »Das hat mir noch gefehlt«, grummelte Colin.
    Was hatte sie gesagt? Er solle Livia einfach nur küssen, als sei dies ein Märchen?
    Er hoffte nur, dass Madame Redgrave ihn nicht angeschwindelt hatte.
    Er betrachtete Livia.
    Sie atmete, ruhig, gerade so, als schliefe sie nur.
    Sogar das Fensterglas war wieder da. Draußen konnte man die Lichter im Hafen erkennen und die Dächer der anderen Häuser unten in Portpatrick. Es war alles so, wie es immer gewesen war, so, wie es sein sollte. Aber da war die tote Biene, die neben Livias Arm lag, regungslos. Und auf dem Arm hatte sich die Haut zu einem winzigen Mal verfärbt. Es hatte die Form einer winzigen Wabe, die manchmal ihren Umriss zu verändern schien und sich rot von der Haut abhob.
    »Livia!«
    Sie regte sich nicht, zuckte nur mit den Lidern.
    Colin musste an den Kuss unter dem Mistelzweig denken, an all die Dinge, die er ihr damals nicht gesagt hatte, an Black Head und den Zauber, der dort atmete, an den Galloway Graveyard und daran, dass er sich nicht mehr vorstellen konnte, ohne sie zu sein.
    Er beugte sich über sie, bis ihr Atem seine Lippen streifte. Dann küsste er sie, und seine Hand lag an ihrem Haar, das so weich war wie der Duft einer Sommernacht.
    »Livia«, flüsterte er erneut.
    Zuerst blinzelte sie nur zögerlich, dann öffnete sie die Augen. »Hab ich was verpasst?«, fragte sie.
    »Nicht wirklich«, antwortete er und nahm sie in die Arme und küsste sie noch einmal.
    Sie spürte einen leichten Schmerz. »Was ist das?« Sie berührte die Wabe auf ihrer Haut, die zu atmen schien.
    Colin erklärte es ihr.
    Er erzählte ihr alles. Angefangen

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