Fabula
Hölle.«
Sie schnippte mit den Fingern. »Genau das ist es, woran sich Mr. Moon ergötzt.«
»Hat er sonst nichts zu tun?«
»Er kümmert sich um die Gezeiten und vergleichbare Dinge. Das andere ist sein Zeitvertreib, sozusagen.«
Erschrocken erkannte Colin, welches der Preis war. »Danny war dazu bereit gewesen, selbst in den Mond zu gehen und Mutter Gesellschaft zu leisten.«
»Ja und nein«, antwortete die Frau in Weiß. »Ja, weil er behauptete, dass er dazu bereit war, und nein, weil er verschwunden ist, nachdem er wohl erkannt hat, dass er es doch nicht will.«
»Er hat sich verdrückt?«
»Hat er.«
Das sah Danny nicht ähnlich.
Oder doch?!
Warum hatte er das überhaupt machen wollen? Was hätte er selbst davon gehabt?
Nichts, rein gar nichts!
Nichts hätte er davon gehabt.
Warum also, in aller Welt, hatte er etwas so Dummes getan?
»Was hat das mit mir zu tun?«, wollte Colin wissen.
Madame Redgrave sagte mit Nachdruck: »Ihr Bruder sollte den Preis entrichten, doch dann ist er verschwunden.«
»Passiert Ihnen das öfter?«
Jetzt wirkte sie verärgert. »Normalerweise nicht.«
»Aber?«
»Niemand kann sich vor mir verstecken. Aber Ihr Bruder hat es trotzdem geschafft.«
»Und wie hat er das angestellt?«
»Er besitzt die gleiche Gabe, die auch Sie besitzen, Mr. Darcy. Sic sind beide die Söhne Helen Darcys. Und bei Ihrer beider Geburt hat eine Dschinni Sie beide mit einem Kuss bedacht.«
Herrje, die alte Geschichte. Sie stimmte also doch!
»Eine Sherazade ist ein Wesen aus einer Oase, wussten Sie das nicht?«
»Ich dachte immer, Mutter sei aus Haddington.«
Die Frau in Weiß musste lachen. »Ja, so ist das manchmal.« Dann kehrte sie zum Thema zurück. »Im Grunde genommen ist das Problem, das mich hergebracht hat, ganz einfach. Die meisten Probleme sind immer und überall ganz einfach, das liegt in der Natur von Problemen, Sie wissen das, alle Menschen wissen das, aber nur die wenigsten erkennen es auch.« Sie seufzte und schaute ins Bienenfenster hinein, in dem nichts zu sehen war außer Bienen. »Mr. Moon verlangt es nach dem Preis, Ihr Bruder ist verschwunden, weil er den Preis nicht zahlen will, und Mr. Moon ist jetzt, verständlicherweise, will ich meinen, recht ungehalten.«
Colin machte einen Vorschlag, der ihm selbst irgendwie gar nicht gefiel: »Er könnte meine Mutter wieder freilassen.«
»Das geht nicht.«
»Warum?« »Es geht eben nicht. Die Ewigen sind da sehr eigen. Geschäft ist Geschäft.«
»Hm.«
»Wenn er sie wieder freiließe, dann wäre das ...«, sie suchte nach einem geeigneten Wort für das, was dann passieren könnte, »... nicht gut.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, gar nicht gut. Sie ist eine Sherazade, und es wäre für Sie, Mr. Darcy, und auch für Ihren Bruder - und eventuell auch für mich - keine erstrebenswerte Lösung.«
Livia stöhnte leise auf.
»Schlechte Träume«, kommentierte Madame Redgrave das Geräusch. Colin ging nicht darauf ein. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Madame Redgrave brachte es auf den Punkt: »Sie müssen Ihren Bruder finden, denn nur Sie können das tun. Wenn jemand herausfinden kann, wo er sich versteckt hält, dann sind das Sie.«
»Und was werden Sie dann mit ihm tun?«
»Ich werde ihn Mr. Moon überlassen.«
»Warum sollte ich es dann tun?«, fragte Colin. »Ich habe mit diesem Geschäft nichts zu tun.« Warum sollte er seinen Bruder verraten?
»Sie sollten es tun, weil Sie diese Frau dort drüben lieben«, sagte die Frau in Weiß.
Das war der Moment, in dem Colin die Biene bemerkte, die auf Livias Arm lag. Sie rührte sich nicht, die kleine Biene, und es gab nur einen Grund dafür, dass sie sich nicht rührte.
»Meine Bienen«, sagte Madame Redgrave, »sind meine Kinder. Es sind beileibe keine gewöhnlichen Bienen.« Sie lächelte süffisant und entblößte dabei schneeweiße Zähne. »Sie sind etwas ganz, ganz Besonderes.«
»Was hat sie getan?«
»Die kleine Biene?«
»Wer sonst?«
»Sie hat sich geopfert, für mich.« »Was heißt das?« »Für Sie, Mr. Darcy?« »Ja.«
»Und das Mädchen?«
»Verdammt noch mal, jetzt reden Sie schon!«
»Ein Gift rinnt durch ihre Adern, was nicht besonders gut ist.« Die alten Augen funkelten. »Aber auch nicht besonders schlecht, denn es steht in meiner Macht, Livia zu heilen.« Sie sah Colin tief und fest in die Augen und betonte: »Wenn - ich - es - will!«
Alles in Colin verkrampfte sich.
Er hatte verstanden.
Ihre Worte, so kühl und berechnend, waren
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