Faeden des Schicksals
hatte.
„Soll ich es mir mal ansehen?“ Laarni stand auf.
„Ja, ich glaube, das wäre keine schlechte Idee.“ Caitlyn wurde abwesend. Sie streifte das Shirt ab, das sie zum Schlafen angehabt hatte und ließ ihre Freundin den Verband entfernen.
„Nicht schlecht“, Laarni stieß einen leisen Pfiff aus. „Es scheint schon fast komplett verheilt zu sein.“
„Wirklich?“
„Du scheinst eine hervorragende Selbstheilung entwickelt zu haben.“ Klang ihre Stimme belegt?
„Es geschehen noch Zeichen und Wunder.“ Caitlyn zog sich an und ließ sich auf die Bank sinken. „Wenigstens ein Problem weniger.“
„Du machst dir darüber keine weiteren Gedanken?“, fragte Laarni und zog eine Augenbraue hoch.
„Wir haben andere Probleme, findest du nicht?“ Caitlyn biss in ein Stück Pizza hinein. Schon dieser erste Bissen erinnerte ihren Körper daran, wie hungrig sie war. Kein Wunder nach all den Geschehnissen. „Willst du mir nicht was erklären?“
Ein Schnauben erklang. „Sicher.“ Laarni griff erneut zum Essen. „Nur wird das Ganze nicht so einfach.“
„Fang am Anfang an“, schlug Caitlyn vor.
„Ich dachte , die Geschichte über Adam und Eva würdest du kennen.“
„Laarni ! Haben wir Zeit für solche Witze?“
„Ehrlich gesagt“, begann ihre Freundin. „Ich bin mir nicht sicher, ob nicht ohnehin schon alles zu spät ist.“
„Wofür zu spät? Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen.“
Laarni sah auf, mit einem so ernsten Blick , wie Caitlyn ihn nie zuvor bei ihr gesehen hatte. „Um dein Leben zu schützen.“
***
Der Satz hatte Caitlyn einfach umgehauen. Sie hatte mit den Worten gerungen, nur um festzustellen, dass sie keines davon mehr über die Lippen brachte. Als sie sich wieder etwas gefangen hatte, hatte Laarni die restlichen Fragen abgeschmettert.
„Ich werde es dir auf meine Art erklären“, hatte sie geantwortet und das war fast das Letzte gewesen, was sie beide besprochen hatten.
Nach dem Essen war sie von Laarni durch die halbe Stadt geführt worden. Sie fanden ihr Auto recht weit entfernt. Caitlyn verkniff sich die Frage, warum der Wagen in diesem Viertel stand, das weder nahe der Praxis noch ihrer Wohnung lag. Laarni würde schon ihre Gründe für ein solches Verhalten haben. Zumindest hoffte sie das, sonst musste sie sich ernsthaft Gedanken über eine Einweisung ihrer Freundin in eine Klinik für Geisteskranke machen.
Wenigstens bewegte sich Laarni nicht mehr so vorsichtig wie in der Nacht. Scheinbar rechnete sie bei Tag nicht damit , verfolgt zu werden. Caitlyn sparte es sich, zu fragen. Es hatte sich ergeben, dass ihre Freundin nicht in redseliger Laune war. Es war sinnlos, Laarni in dieser Stimmung zu irgendetwas bewegen zu wollen. Sie starrte also einfach aus dem Fenster und wartete, was geschah. Als der Wagen zum Stehen kam, wunderte sie sich jedoch sehr.
„Ein Zirkus?“ Caitlyn drehte sich mit fragendem Blick zu ihrer Freundin um. „Wie viele Sicherungen sind denn in den Tagen, die ich dich nicht gesehen habe, bei dir durchgebrannt?“
„Keine.“ Laarni grinste ihr zu und stieg aus. „Also, kommst du mit?“
„Haben wir Zeit für einen Zirkusbesuch? Warst nicht du diejenige, die von Zeitdruck gesprochen hat?“
„Richtig.“ Sie zog eine Sonnenbrille hervor und setzte sie auf. „Aber ich sagte auch, dass ich dir alles auf meine Art erkläre.“
„Durch einen Zirkusbesuch?“ Caitlyns Augenbrauen rutschten nach oben.
„Warte es ab.“
Laarni ging auf den Zirkus zu. Verwirrt folgte ihr Caitlyn.
Das gewaltige Zelt ragte in der Mitte des Platzes auf. Ein Zaun grenzte es ein und gab den Zuschauern nur eine Möglichkeit , hineinzugelangen. Einige Plakate hingen hier und Caitlyn blieb stehen.
Der Zirkus zur dreizehnten Stunde . Wo hatte sie das schon einmal gesehen?
„Die Vorstellung fängt heute erst in drei Stunden an“, warf sie ein und sah Laarni hinterher, die unbeeindruckt zum Eingangstor weiterging. Es war verschlossen, doch das hielt sie nicht auf. Stattdessen zog sie einen kleinen Schlüssel hervor und öffnete.
„Woher …?“ Caitlyn starrte sie nur an. Ein Lächeln war alles, was sie als Antwort erhielt.
Sie folgte Laarni weiter auf das Zelt zu. Einige Stimmen waren zu hören. Laarni ließ sich nicht aufhalten und schlug die Plane zur Seite.
Das Innere war angefüllt mit Bänken, die nach hinten anstiegen. Eine Manege bildete das Zentrum, in der einige Schausteller ihre Auftritte probten. Ein ganz normaler Zirkus eben.
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