Faeden des Schicksals
erschaffen?“, schnaubte er. „Die Population der Vampire hätte längst die der Menschen übertroffen. Nun …“ Alex fuhr sich durch das Haar. „… es gibt andere Vampire. Jene, die als Vampir geboren werden. Aber nur wenige überleben. Die Wandlung, einen Akt, der im besten Fall ein halbes Jahr dauert, kann nicht jeder durchstehen.“
„Ihr könnt … gebären?“ Caitlyn klappte der Unterkiefer herunter. „Was sind das für Vampire?“
„Sie haben es nicht einfach. Ein solches Wesen wird selten geboren. Sie altern deutlich langsamer als Menschen. Irgendwann setzt die Wandlung ein, sofern sie diese erleben. Sie kommt, sobald sie erwachsen sind, das kann bei jedem unterschiedlich lange dauern.“ Alex sprach wie ein Lehrer. Objektiv und ohne Gefühle. „Wie gesagt, es gibt wenige, die auf diese Art zur Welt kommen. Die meisten verwandeln sich durch das Ritual.“
„Es kann also nicht aus Versehen geschehen?“ Caitlyn schluckte.
„Nein.“ Er lächelte sie sanft an. „Du hast Angst davor, zu uns zu gehören“, stellte er fest.
„Es wäre …“ Sie zögerte. „Ich weiß es nicht.“
„Keine einfache Vorstellung , Blut zu trinken.“
„Wie macht ihr das?“ Sie sah zu ihm auf. „Lebt ihr nur davon?“
„Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Wir brauchen es hin und wieder. Die einen häufiger, andere seltener. In der heutigen Zeit ist es recht einfach, an Blut zu kommen, ohne …“ Alex brach ab, sah betroffen zu Boden.
„Ohne zu töten?“, führte sie den Satz zu Ende.
„Die meisten Menschen sterben am Schock, wenn man die Zähne in sie schlägt“, erklärte er. „Und wenn nicht, dann gibt ihnen später der Blutverlust den Rest. Es ist schwer, immer im richtigen Moment loszulassen.“
Caitlyn wich unwillkürlich ein wenig zurück.
Vampir, das Wort hallte in ihren Gedanken wider. Was hatte sie erwartet? Wesen, die Blut tranken, um zu überleben. Sie spürte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte. Vor ihr stand ein solches Wesen und sie führte mit ihm eine Unterhaltung über die Biologie seiner Rasse. Sie sollte Angst haben, sollte sich von ihm abwenden, fliehen.
„Ich habe nie behauptet , ohne Sünde zu sein“, sagte er und ließ sie aufblicken. „Vielleicht ist das der Grund, warum ich heute versuche, andere zu schützen. Dich zu schützen.“ Er fuhr sich durch die Haare. Es wirkte nervös.
Sie konnte den Blick nicht anwenden. Es gab so viele Fragen, die ihr auf dem Herzen lagen, so viel, was sie faszinierte, von dem sie mehr wissen wollte. Doch stattdessen zog sie sich zurück. „Ich sollte gehen.“
„Ich habe dich aufgehalten, entschuldige“, war alles, was er sagte.
Caitlyn konnte nicht glauben, dass er wirklich ein Wesen sein sollte, das in irgendeiner Weise grausam war. Er war gebildet, zurückhaltend, verhielt sich wie ein Gentleman und gestand sämtliche seiner Fehler ein. Caitlyn glaubte, dass ihm das Thema mehr als schwergefallen war. Seine Bewegungen, seine Körpersprache und der Ton in seiner Stimme. Nichts zeigte etwas von einem eiskalten Killer.
Der Mörder!
Es fuhr ihr eiskalt durch die Gedanken. Sie hatte es in dem Chaos der letzten Tage fast vergessen. Für einen winzigen Moment war sie fast versucht, Alexander um Asyl zu bitten. Immerhin wäre sie hier bestimmt sicher.
Aber sie würde mit einem Vampir zusammenleben. Und konnte sie ihm wirklich vertrauen?
Caitlyn schüttelte den Kopf. Sie musste zurück. Musste mit Laarni sprechen. Aus mehreren Gründen. Sie drehte sich um und ging mit entschiedenen Schritten auf die Tür zu.
Alex folgte ihr, schloss den Aufzug auf und fuhr mit ihr nach unten, während er per Telefon einem Fahrer Bescheid gab. Der Wagen parkte unten vor dem Eingang, als sie dort angekommen waren. Noch einmal drehte sie sich zu ihm um.
„Danke, für alles“, sagte sie und merkte, wie ihre Stimme ein wenig zitterte.
„Solltest du Hilfe brauchen“, begann er, „ruf mich an. Auch am Tag. Ich habe genügend Leute, die dir helfen können.“
„Danke.“ Sie nickte.
Der Fahrer war bei ihr und hielt einen Schirm über sie. Caitlyn duckte sich darunter. Ein letzter Blick zu Alex und sie verschwand im Regen. Sie spürte seinen Blick, doch sie wollte sich nicht noch einmal zu ihm umwenden. Hatte sie Angst , doch noch zu bleiben? Schnell stieg sie ins Auto und die Türe wurde geschlossen. Kurz darauf wurde der Motor gestartet und sie fuhr vom Anwesen. Der Regen fiel so dicht, dass sie ohnehin nichts sehen konnte.
Erst als sie vor
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