Faeden des Schicksals
weiße Kleid klebte an ihr. Zumindest war es einst weiß gewesen, das wusste sie. Jetzt war es rot, hatte die Farbe dieses Saftes angenommen, der sie so unglaublich abstieß.
Weg hier! Sie musste weg. Wie verrückt versuchte sie das Ufer zu erreichen, wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. Sie spürte den Grund. Die Steine unter ihr waren rutschig und sie glitt aus, fiel erneut in die Flüssigkeit. Mit einem Schrei kam sie hoch, krabbelte, kroch, schleppte sich weiter.
Etw as kam näher. Ein Heulen war zu hören. Es schien aus den Tiefen hinter ihr zu kommen, wollte sie jagen. Sie sah nach vorne, erreichte das Ufer und …
Vor ihr saß eine Frau auf einem Baumstamm. Langes braunes Haar umgab sie, sanfte Augen blickten auf sie herab. Sie hielt ihr die Hand entgegen.
Caitlyn griff danach. Die Zeit schien stehen zu bleiben. Ein Seufzen kam der Frau über die Lippen.
„Hass ist kein Weg für die Ewigkeit“, sagte sie mit sanfter Stimme.
Caitlyn starrte sie an. Dann hörte sie ein Rumoren hinter sich. Sie sah sich um, erkannte, wie die dunkle Flüssigkeit zu blubbern und zu schäumen begann.
„Hilfe!“, schrie sie und versuchte weiter , zu der Frau zu kommen.
„Rette meine Kinder!“ Der Satz hallte um sie herum wieder.
Alles schien sich plötzlich in Zeitlupe zu bewegen. Die Naturgesetze wurden scheinbar umgekehrt, verdreht. Caitlyn spürte, dass alles schneller ablaufen sollte, doch die Klarheit ließ für sie alles in einem langsameren Zeitfenster geschehen.
Die Frau hatte ihre Hand gepackt und mit einer leichten Bewegung schleuderte sie Caitlyn zum anderen Ufer des Sees. Einen Augenblick lang fühlte sie sich schwerelos. Aus dem schäumenden Bereich stieg eine Bestie auf, ein Schrei, der alles zum Erstarren brachte. Dieses grauenvolle Ding stürzte sich auf die Frau, ließ diese aus Caitlyns Gesichtsfeld verschwinden. Ein Schrei verklang in einem seltsamen Laut; ein Ziehen und Reißen, als würden Sehnen auseinandergezerrt.
Caitlyn kam schmerzhaft auf der anderen Seite auf, tauchte ein wenig in das dortige Wasser. Die Zeit kam wieder ruckartig in Gang. Der Grund unter ihr war weg, wie war das möglich? Sie sank immer tiefer. Sie spürte, wie ein Strudel sie hinabriss und sie nicht mehr losließ. Panisch versuchte sie zu schwimmen, strampelte und –
„Nein!“ Caitlyn schoss mit einem keuchendem Schrei nach oben. Ein Platschen, Wasser, das von ihr tropfte, ihr Körper zitterte. Mit einem Keuchen griff sie nach dem Rand der Wanne und –
Wanne! Wasser! Normales Badewasser, kein Blut! Und auch keine seltsamen Laute von zerreißenden Körpern. Stattdessen war etwas anderes zu hören.
Caitlyn sah auf und blickte sich verstört um. Das Wasser war inzwischen kalt. Himmel, wie lange hatte sie denn hier gelegen? Und das neue Geräusch ertönte immer noch. Sie raffte sich aus dem Wasser und stieg auf die kalten Fließen. Ihr Blick ging nach draußen.
Es war ein Klingeln. Allmählich fand sie in die Realität zurück. Ein Handy! Sie ging los, lief in ihr Schlafzimmer, wo das Gerät auf dem Bett lag und griff danach.
Das Letzte, was sie lesen konnte, war Laarnis Name, dann hörte es auf, bevor sie das Gespräch annehmen konnte.
Verdammt, fuhr es ihr durch den Kopf. Sie hatte ihre Freundin ganz vergessen. Sie war aus dem Zirkus verschwunden, ohne etwas zu sagen. Da musste sie sich doch Sorgen machen. Trotzdem zögerte Caitlyn, sie gleich zurückzurufen.
Warum nur? Mit einem Seufzen ließ sie sich auf das Bett sinken. Wie spät war es eigentlich? Erneut hob sie das Handy vor die Nase und starrte auf das Display.
Nachmittag. Ihr Gehirn hatte die Frage gestellt und die Antwort aufgenommen, trotzdem folgte keine Verarbeitung. Und nun? Sie ertappte sich dabei, wie sie sich ernsthaft die Frage stellte, was sie mit dieser Information anstellen sollte.
Sie hatte das Gefühl , die Zeit würde von den Wänden tropfen, sich wie Staub auf dem Boden absetzen, während Caitlyn nichts anderes tat als zur Decke zu starren. Hin und wieder verschwamm ihr Blick ein wenig und sie blinzelte. Sonst geschah nichts.
Wie lange lag sie hier? Hatte sie nichts Besseres zu tun? Doch die Fragen halfen ihr nicht, sich aufzuraffen und irgendetwas Sinnvolles zu tun. Nein, stattdessen blieb ihr Körper liegen und weigerte sich, sich in irgendeiner Weise zu bewegen.
Atmete sie überhaupt noch? Sie war sich nicht einmal darüber sicher. Sie fühlte sich wie in einem von Dalís Bildern eingesperrt. Hatte der Künstler genauso
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