Faeden des Schicksals
seufzte Owen. „Ich war blind, wenn es um unser Volk ging.“
„Schön, dass du es einsiehst“, antwortete sie bissig.
„Manchmal macht uns das Alter nicht weise, sondern stur.“ Sie hörte, wie seine Stimme brach. „Wir machen alle Fehler. Meine waren …“ Er schluckte schwer. „… unverzeihlich. Ich habe lange gebraucht, bis ich merkte, was ich alles falsch gemacht hatte.“ Er hob den Blick. Caitlyn sah Tränen darin. „Ich hatte gehofft, in Laarni etwas zu finden, was meine Seele heilt. Ich hatte gehofft, ihr irgendwann mein Erbe übergeben zu können. Doch alles, was ich ihr gab, war mein Hass.“
Caitlyn blieb ruhig. Vor ihr saß ein Werwolf, ein Wesen, das wahrscheinlich mit einem Schlag das ganze Schiff neben ihr zerstören konnte.
„Vampire und Werwölfe scheinen sich immer wieder zu verlieben.“ Sein Blick ging in den Himmel. „Aber immer endet es im Hass. Wie einst bei unseren Gründern.“
„Ihr glaubt wirklich an diese ganzen alten Geschichten“ , stellte Caitlyn mit einem skeptischen Blick fest.
„Irgendwann wirst du es verstehen .“ Er stand auf. „Orpheus hat seine Geliebte Eurydike getötet.“
„Darum wurde sie zum Vampir, die Geschichte hatten wir schon .“ Caitlyn wurde etwas unruhig. Was wollte er eigentlich von ihr?
„Er hat sie später getötet“, korrigierte Owen. „Er hat sie endlos gejagt. Erst wollte er sie erlösen, dann wollte er sie für ihr Tun bestrafen. Und schließlich überwog der Hass und er wollte sie einfach töten.“ Seine Lider schlossen sich. „Er hat es geschafft. Und weißt du, was ihre letzten Worte waren?“
Sie hob eine Augenbraue, sagte jedoch nichts.
„Ich wollte bei dir sein.“ Owen brach in die Knie.
Etwas erschrocken wich Caitlyn zurück. Er weinte. Tränen liefen über seine Wangen. Warum ging ihm das so nah? Irgendetwas stimmte hier nicht.
„Owen …“ flüsterte sie. Das Ganze wirkte einfach zu bizarr.
„Laarni soll das nicht … auch erleben“, keuchte er schließlich, wischte sich die Tränen ab und stand wieder auf. Seine Hand ballte sich zur Faust.
Einen Moment starrte sie seinen Rücken an. Ihr Blick ging zurück zum Boot. Es lag still im Wasser. Kein Anzeichen, dass jemand dort wohnte. Ihre Freundin versank vielleicht gerade in der Dunkelheit.
„Ich werde Laarni nicht im Stich lassen“, begann sie. „Wenn du ihr helfen willst, pass auf sie auf, aber komm ihr nicht zu nahe. Ich werde einen Weg finden , sie zu überzeugen.“
„Danke“, es war nur ein Ausatmen, in dem das Wort mitschwang.
„Du kannst mir danken, wenn ich es geschafft habe“, fauchte sie nur. Er hatte ihr eine Seite an sich gezeigt, die wahrscheinlich sonst niemand gesehen hatte. Er hatte geweint, war vor ihr zusammengebrochen. Aber ihr Mitleid galt ihrer Freundin, nicht ihm. „Wenn ihr etwas passiert, mache ich dich verantwortlich.“
Er nickte nur.
„Ich werde Zeit brauchen. Ich muss irgendetwas finden, das sie überzeugt. Und das finde ich nur bei jenen, die sie wegen euch so abgrundtief hasst.“
„Ich werde alles tun , um sie zu schützen“, meinte er.
„Das will ich hoffen. Sonst verfolge ich dich bis in die Hölle , wenn es sein muss.“ Caitlyn wandte sich um. Sie ging den Pier entlang zu einem Wagen, der dort scheinbar auf sie wartete. Kaum näherte sie sich, gingen die Scheinwerfer an. Kurz darauf öffnete sich die Tür und Bennett stieg mit einem Grinsen aus.
„Was machen Sie hier?“, fragte Caitlyn verwirrt.
„Heute gehe ich meinem Nebenjob nach.“ Er kam ihr entgegen. „Alex bat mich, Sie abzuholen.“
„Sie sind …?“ Sie brach ab.
„Ein Detective ist der sicherste Begleitschutz, den es gibt.“ Sein Grinsen wurde breiter. „Also , die Dame, steigen Sie ein und nennen Sie mir Ihr Ziel.“
„Na schön .“ Sie ging auf den Wagen zu. Dieses Mal keine Limousine, zum Glück auch kein auffälliger Polizeiwagen, sondern ein einfacher Ford Escort älteren Baujahrs. „Ich würde gern zu Alex fahren.“
„Das hatten wir gehofft.“ Er startete den Wagen mit einem Zwinkern.
20.
Sie waren zu dem Gebäude unterwegs, in dem Alex seine Wohnung besaß. Allerdings gingen sie nicht direkt dorthin, sondern hielten zuvor bei einem Restaurant. Wahrscheinlich weil Caitlyn während der Autofahrt ständig der Magen geknurrt hatte.
„Sie essen nichts?“ Sie blickte verwundert auf, als er nur etwas zu trinken bestellte.
„Ich bin nicht hungrig“, winkte er ab.
„Ich hoffe , es stört sie nicht, wenn ich
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