Fähigkeiten unbekannt
präzise und gewissenhafte Arbeit geleistet hatte. Es war nichts vergessen worden. Jede Möglichkeit hatte man ausgeschöpft.
Mit den Gedanken an die drohende Gefahr schlief ich ein. Die Injektion begann zu wirken.
4.
Der Maskenbildner war kein spezialisierter Theaterkünstler, sondern ein Mann mit drei akademischen Graden, Fachgebiet Biochemie.
Vor zwei Stunden hatte er mir die neue Einsatzmaske über den Kopf gestreift, nachdem das »Gesicht« des Oberst Gunson endgültig entfernt worden war. Bei diesem Vorgang war es erforderlich, das künstlich gezüchtete, lebende Gewebe der Biofolie an vier verschiedenen Stellen durch winzige chirurgische Eingriffe von meiner Haut abzutrennen. Dort war die Folie verwachsen gewesen, so daß es unmöglich war, eine solche Spezialanfertigung gleich einer gewöhnlichen Dienstmaske vom Gesicht zu ziehen.
Die lebenden Faserenden der neuen Hülle waren mit den frischen Einschnittwunden verklebt worden. Unter dem aufgesprühten Zellplasma war der Heilungsprozeß in vollem Gange. Er dauerte nicht lange und mußte bald beendet sein. Die leichten Schmerzen waren längst abgeklungen.
Hannibal hatte das Gesicht eines älteren, verkümmert aussehenden Mannes erhalten. Sein von Natur aus eiförmiger Kopf wirkte unter dem hauchdünnen Überzug besonders erheiternd, zumal er nun eine Glatze hatte. Das synthetische Gewebe der Masken ernährte sich aus unseren natürlichen Blutkreisläufen.
Ich war mit meiner äußeren Erscheinung zufrieden. Der Alte war offenbar der Meinung, man müßte mich in einen strahlenden Helden verwandeln. Anscheinend hatte er einmal etwas von der galanten Zeit gehört.
Psychologisch betrachtet, war das richtig, da im allgemeinen nur attraktive Männer auf schöne Frauen Eindruck machen können. Der Chef plante, unter Umständen die Weiblichkeit des Jahres 1811 in seine Ermittlungen einzuspannen. Es konnte durchaus sein, daß es in dieser Hinsicht zu Komplikationen kam.
Aus diesen Erwägungen heraus hatten die Spezialisten ein vorteilhaftes Äußeres für mich gewählt. So gut hatte ich im Leben noch nicht ausgesehen, was ich – um der Wahrheit willen – gern zugeben möchte.
Anders lag der Fall bei Hannibal. Er war mit seinen neuen Gesichtszügen gar nicht einverstanden. Auf seinem umfangreichen Sprachschatz hatte er Flüche und Schimpfworte hervorgekramt, die die Damen und Herren der biochemischen Maskenabteilung eilig in die Flucht schlugen.
Jetzt lag der Zwerg apathisch auf seinem Bett. Er sah ausgesprochen giftig aus.
»Für einen amerikanischen Offizier, der angeblich noch unter dem alten George Washington gegen die Soldaten Seiner Britannischen Majestät kämpfte, siehst du wirklich bezaubernd aus«, sagte ich lächelnd. »Ich habe gehört, die Indianer vom Stamme der Huronen wären besonders wild auf Kahlköpfe gewesen. Vermeide nach Möglichkeit jede Begegnung mit Trophäenjägern, sonst ist dein Skalp fort.«
Er beschimpfte in übler Weise meine Ahnen, mein ethisches Empfinden und zweifelte schließlich noch an meinem Geisteszustand.
Na ja, der Zwerg hatte noch nie Hemmungen gekannt. Dabei war ich sein direkter Vorgesetzter!
»Schön ruhig bleiben, Kleiner«, sagte ich friedfertig. »Ich kann zum Beispiel beweisen, daß mein Vater kein Alkoholkranker war.«
»Säufer habe ich gesagt!« betonte er aggressiv und gab mir Gelegenheit, seine »behandelten« Zähne zu bewundern.
Da ein alter Mann aus dem Jahre 1811 unmöglich eine gutgearbeitete Prothese getragen hatte, zumindest war das mehr als unwahrscheinlich, hatten ihm
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