Fähigkeiten unbekannt
bestimmt nicht angerufen.«
»Okay, ich mache mich auf den Weg. Führen Sie den Mann in mein Arbeitszimmer. Ende.«
Ich schaltete langsam ab und versuchte, meine plötzlich bebenden Fingerspitzen vor dem Blick des Russen zu verbergen.
»Schlechte Nachrichten?« fragte er. Auf seiner Stirn bildeten sich Falten. Kapitän Tronsskij war der Verbindungsoffizier zum russischen Hauptquartier auf Luna.
»Keine Ahnung. Ein Kurier aus Washington. Man wird mich doch nicht endlich ablösen wollen?«
Tronsskij lachte und meinte:
»Ein Mann sollte abgelöst werden, wenn er länger als drei Monate in dieser Hölle war. Wir leben hier in einem Fluidum aus Vergangenheit und Gegenwart. Das kann ein normaler Mensch nur dann auf die Dauer aushalten, wenn die erwähnte Vergangenheit lediglich aus Rätseln besteht. Das ist zwar schon zermürbend genug, aber wenn noch alle Augenblicke unbegreifliche, unvorhersehbare Gefahren hinzukommen, dreht man langsam durch.«
Seine Lippen zuckten. Der Ausdruck seiner Augen wollte mir nicht gefallen. Tronsskij war schon zu lange auf dem Mond. Es wurde Zeit, daß er für mindestens sechs Monate zur Erde zurückkehrte.
»Übernehmen Sie hier das Kommando, Stepan«, bat ich. »Achten Sie um Himmels willen darauf, daß die Leute rechtzeitig die Raumhelme schließen. Ich möchte nicht wieder einige Unfalltote haben. Die eingesprengten Kammern in den Stollenwänden werden wohl vor dem voraussichtlichen Sog schützen. Nur die schwere Maschine bleibt draußen, okay?«
Er erhob wortlos die Hand. Ich wandte mich zum Gehen.
»Gunson …!«
Das war mein offizieller Name. Ich verharrte im Schritt und drehte langsam den Kopf. Tronsskij war etwas blaß, jedoch auffallend ruhig.
»Drehen Sie mir nicht durch«, warnte ich hastig. »Wir brauchen Sie hier noch.«
Sein Lächeln wirkte gekünstelt, die Haltung seines Kopfes war anormal.
»Keine Angst«, entgegnete er. »Wissen Sie, worauf ich schon seit Monaten warte? Vielleicht ahnen Sie es. Wir alle denken daran; einige in der Form lautstarker Diskussionen, andere grübeln stillschweigend darüber nach. Gunson, es wäre nicht gut, wenn wir eines Tages einen Marsianer finden würden. Auch wenn er längst tot ist, sehe ich gewisse Gefahren für das Seelenleben unserer Leute. Die Vergangenheit ist zu groß und zu gewaltig, verstehen Sie. Ich möchte keinen finden! Ich möchte niemals in die erloschenen Augen eines Lebewesens sehen, das unsere Vorfahren noch als Neandertaler kannte.«
Ich verstand ihn nur zu gut. Wir alle fürchteten diesen Augenblick; die Wissenschaftler bildeten keine Ausnahme. Besonders die Bakteriologen waren beunruhigt. Wir hatten keine Ahnung, welche Mikrolebewesen auf dem untergegangenen Mars heimisch waren. Auch unser Wissen über die Körperchemie der fremden Intelligenzen war äußerst dürftig. Wir kannten sie von Filmen her, aber das war auch alles.
»Sie werden schätzungsweise Glück haben«, sagte ich betont forsch. »Wahrscheinlich werden wir wieder Maschinen oder gar eine Wohnstadt finden. War das alles, Tronsskij?«
»Alles«, bestätigte er und drehte sich um. Ich passierte weit hinten die provisorische Luftschleuse. Wir hatten sie aus Panzerplast quer zum neuen Stollen eingegossen, doch war es fraglich, ob sie dem Sog und dem Druck gewachsen war.
Eine wirklich stabile Schleuse gab es erst dort, wo wir mit dem neuen Durchbruch begonnen hatten.
Ich kletterte auf meinen kleinen Elektrowagen und fuhr los. Der Tunnel war zwei Kilometer lang. Schnurgerade verlief er nach Süden, hinüber zu den bereits bekannten Abteilungen der unterlunaren Stadt.
Ich passierte die schwere Schleuse aus
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