Fänger, gefangen: Roman
in der Stadt mit Rezeption und Fahrstuhl ...! Während ich mich beim Empfangschef nach weniger teuren Hotels erkundige, verliert der Taxifahrer die Lust am Warten. Auch gut – ich will nicht wissen, wie viel er für die halbe Stunde berechnet hätte, die ich brauche, um dem kleinen ausländischen Mann an der Rezeption zu erklären, was ich will.
Als ich schließlich einen Auszug aus den Gelben Seiten in der Hand halte, auf der eine Liste mit Anbietern für wöchentliche Zimmervermietungen steht, knurrt mein Magen laut und vernehmlich. Ich nehme drei von Nicks zerknüllten Dollarscheinen, um mir eine dieser berühmten Brezelnbei einem Straßenhändler zu kaufen, und geh nach Osten Richtung Fifth Avenue, als wüsste ich, was ich hier tue. An einer Ecke greift ein Mädchen aus dem Schatten heraus nach meinem Ellbogen. Sie trägt den kürzesten Minirock und die höchsten Absätze, die ich je gesehen habe. Während sie spricht, sieht sie sich immer wieder nach beiden Seiten hin um, als hielte sie nach etwas Ausschau. Ich bin nicht sicher, was das alles soll.
»Willst du New York sehen?« Ihre Stimme klingt hoch und brüchig. Schwer zu sagen, ob sie nervös oder verängstigt ist. »Für einen Schein kann ich dir die Sehenswürdigkeiten zeigen und dafür sorgen, dass du Spaß hast. Zwei Stunden für einen Schein, Kumpel. Ist es nicht das, was du willst?«
Ich weiß, dass Holden, als er zu einem Mädchen dieser Art Ja sagte, erst mal eine Zeit lang festsaß, und das will ich nicht. Er mag sich ja gut ausgekannt haben mit heißen Tanzschuppen und Bars, die nicht nach dem Ausweis fragen, aber ich hab nicht stundenlang Zeit, um in einer Bar zu sitzen und Smalltalk zu machen. Wenn Mack dabei wäre oder mir die Zeit nicht davonlaufen würde ...
»Vielleicht ein andermal«, sage ich im Weitergehen.
Sie macht ein missmutiges Gesicht und will meinen Arm greifen. Ich weiche zurück und verfehle den Kantstein. Ein Wagen saust haarscharf an mir vorbei, ein Schwall Abgase weht mir ins Gesicht. Ich taumele, lehne mich vor, spüre, dass ich falle. Sie packt mich am Ärmel, hält mich fest und zieht mich auf den Gehsteig zurück.
»He«, sagt sie. »Du musst besser aufpassen, Kumpel. Aus welchem Land kommst du?«
Und noch bevor ich was antworten oder erklären kann, ist sie mit dem Strom der vorüberziehenden Arme und Beine verschmolzen, als hätte ich sie mir nur eingebildet. Die Ampel schaltet auf Grün, und für eine kurze Sekunde leert sich der Bürgersteig um mich herum. Als er sich wieder füllt, ist sie weg.
Ich werde von den anderen Fußgängern mitgerissen, bis ich schließlich das Schild der Fifth Avenue sehe. Hier sind die Gehsteige breiterund die Passanten eine Mischung aus Anzugträgern und Kauflustigen. Mehr Frauen in High Heels, mit glitzerndem Schmuck, schwingenden Ledertaschen. Ohne nachzudenken, lasse ich mich von der Menge an freundlichen Wachposten mit blank polierten Goldknöpfen vorbei und durch eine gläserne Drehtür schieben. Die Worte TRUMP TOWER stehen groß und golden über dem Eingang. Ich habe davon gehört, aber nicht durch Holden.
Ehe ich es mich versehe, fahre ich die Rolltreppe hoch. Alles ist golden, auf jeder Etage blitzen die Schaufenster, funkelnde Halsketten liegen um die künstlichen Hälse kopfloser Schaufensterpuppen in Cocktailkleidern. Niemand kann an mir mit meinem abgewetzten Rucksack und Dads kleinem Rollkoffer vorbei, während ich an dieser unglaublichen Wand aus Wasser, an Schlingpflanzen und Blumen vorbeifahre. Es sieht aus wie ein Bild von Hawaii in der Sonntagsreisebeilage der Zeitung.
Vielleicht kommt Dad hierher, wenn er seine New Yorker Verleger besucht, um fertige Manuskripte abzugeben. Meredith würde es gefallen, wie du hier völlig vergisst, dass du in der Stadt bist. Wenn ich eine Idee hätte, wie ich das am besten hinkriege, würde ich hier als Hausmeister anheuern. Ich könnte irgendwo in der Nähe eine Kellerwohnung mieten, und Meredith und Mack könnten mich besuchen kommen.
Kurz bevor mir die Beine wegknicken, erreiche ich die dritte Etage. Ich löse mich aus der Fahrstuhlschlange und setze mich an einen leeren Tisch am Rand eines Cafés, von dem aus man die Wand aus Wasser und die Lobby überblicken kann. Ich schwitze und will gerade loslaufen, um die Toiletten zu suchen, weil ich Angst hab, dass ich das bisschen, das ich seit Virginia gegessen habe, wieder von mir gebe, als das Nasenbluten anfängt. Die Pinguinkellner im Trump Tower sehen es nicht gerade gerne,
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