Fänger, gefangen: Roman
und kann mich gerade noch davon abhalten, Mack einen kritischen Blick zuzuwerfen. Wegen ihrer Anspielung auf Football brauche ich für uns dringend ein paar Hintergrundinformationenüber die beiden. Wenn ein Mädchen auf Footballspieler steht, verringert das die Chancen für Außenseitertypen wie Mack und mich. Wie er es geschafft hat, ein Mädchen dazu zu bringen, auf die große Frage mit Ja zu antworten, ist mir immer noch ein Rätsel, aber das ist eine andere Geschichte.
»Macht ihr auch Sport?«, frage ich, als Mack nichts sagt.
Meredith sieht zu Juliann, die auf ihre Füße guckt. Sie trägt so Gesundheitssandalen, hat aber rosa lackierte Zehennägel.
Wow!
Meredith lächelt entschuldigend. »Kein Football«, witzelt sie.
Gleichzeitig sagt ihre Schwester: »Nur Schulsport.«
Mack und ich klatschen uns in Gedanken ab, und er sagt: »Dans Bruder ist ein Superstar in seiner Fußballliga. Das Angebot an Mannschaftssportarten ist hier ... äh, überwältigend. Es gibt hier nicht viel anderes ...« Er bricht ab. Ich merke, dass er in der noch frühen Phase des Kennenlernens lieber nichts über die Schwachpunkte von Essex County erzählen will.
Die Mädchen nicken, als wüssten sie, dass die wenigen Freizeitbeschäftigungen nicht der wahre Grund dafür sind, dass wir den Mannschaftssport so ablehnen. Sie geben sich solche Mühe, uns nicht zu verärgern, dass ich schon wieder sauer werde, dass Mack unsere Abmachung gebrochen hat, die KRANKHEIT nicht zu erwähnen.
Natürlich verpasse ich meinen Platz in der Reihe beim Friseur. Während ich es gerade eben erst merke, ist meine Mutter wahrscheinlich schon stinksauer, aber immerhin konnten wir die Zwillinge dazu bringen, uns am Freitagabend an der Pier unter der Brücke zu treffen, um angeln zu lernen. Das ist viel besser als das Band-Konzert, wo die halbe Stadt dabei ist. Verabredungen eins zu eins – Mack wird langsam zum Experten. Ohne Auto ist es schwierig, einen Ort zu finden, an dem man mit einem Mädchen allein sein kann.
Als ich zum Friseur komme, sitzt meine Mutter draußen im Subaru. Damit, dass es zu heiß wäre, versuche ich mein Keuchen zu entschuldigen. Sie streckt mir ihre leere Hand entgegen.
»Gib mir die zehn Dollar.« Sie ist wirklich böse. »Du kannst morgen mit dem Fahrrad zum Friseur fahren.«
»Wie wäre es mit Freitag?«, frage ich. »Da wollten Mack und ich den neuen Nachbarn zeigen, wie man angelt. Die sind aus Charlottesville.«
Sie sieht mich nur an, mit diesem schmalen, hintergründigen Lächeln, das eigentlich keins ist, sagt aber nicht Nein, obwohl es unwahrscheinlich ist, dass sie mich Fahrrad fahren lässt. Seit Juni hat sie Panik, dass ich dabei ohnmächtig werde und vom Rad kippe.
»Das mit dem Angeln würd ich mir an eurer Stelle noch mal überlegen«, sagt sie trocken. »Nicht viele Mädchen mögen das.«
Dazu fällt mir nichts mehr ein, weil ich viel zu sehr damit beschäftigt bin, mir zu überlegen, woher sie weiß, dass die neuen Nachbarn Mädchen sind.
4
Als wir zum Supermarkt kommen, läuft die stellvertretende Geschäftsführerin draußen unruhig auf und ab. Effies Gesicht, leicht aufgedunsen von zu vielen Donuts, hat rote Flecken. Sie war früher eine Kundin von Mom bei der
Tafel
, einem inoffiziellen Ableger der örtlichen Wohltätigkeitsorganisation, die kostenlos Essen verteilt, meistens überschüssigen Käse und Fleisch aus Rückrufaktionen. Mom hat dieses Projekt vor Jahren in Tappahannock ins Leben gerufen. Es ist ein bewährtes kommunales Verfahren zur Vermögensumverteilung in sehr bescheidenem Rahmen. Manchmal helfen Mack und ich dabei, die Kisten auszupacken und in einzelne Päckchen zu sortieren. Jetzt, wo Effie den Job im Supermarkt hat, ist sie quasi aufgestiegen. Eine von Moms Erfolgsstorys.
»Effie.« Mom weicht den automatischen Türen aus, um die dicke Frau zu umarmen. Effie trägt eine Schürze mit einem lila Löwen drauf. »Was ist los?«
»Sie kürzen meine Stundenzahl.«
»Ach, Effie!«
Mom nimmt ihre Hände und führt das Mädchen zu einer Bank im Schatten. Effie hat geweint, aber jetzt, wo sie Publikum hat, fängt sie an zu schimpfen und wird immer lauter. Das kleine Engelstattoo auf ihrer Schulter tanzt, während sie sich in Rage redet.
»Ich krieg keine Sozialleistungen, wenn ich weniger als vierzig Stunden arbeite. Keine Krankheitstage. Keinen Urlaub. Das ist Beschiss.«
»Wer hat das angeordnet.«
»Der Regionalleiter in Raleigh.«
Ich lehne mich gegen das Gebäude, und nur meine
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