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Fänger, gefangen: Roman

Fänger, gefangen: Roman

Titel: Fänger, gefangen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Collins Honenberger
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dass seine Reisen nach Chicago, zwei in drei Wochen, tatsächlich Treffen mit Kinderärzten waren, Spezialisten für AML. Jetzt geht es wieder um dasselbe. Sie ist sauer, dass er hinter ihrem Rücken mit Ärzten gesprochen hat. Seit die Tests zurückgekommen sind und gezeigt haben, dass ihr Sprössling von Leukämie verseucht wird, vertraut sie niemandem aus dem Medizin-Establishment mehr. Und es ist schwer vorstellbar, wie ein Kinderarzt hier helfen soll. Wie präzise kann Medizin sein, wenn die Experten einen eins zweiundachtzig großen Teenager behandlungstechnisch kleinen Kindern gleichsetzen?
    Trotzdem bin ich froh, dass Dad endlich aufgehört hat, die Diskussion vor mir geheim zu halten. Es ist zwar nicht dasselbe, als wenn sie mich einladen würden, an ihren Entscheidungen über meine Zukunft teilzuhaben, aber es ist leichter zu ertragen als die geflüsterten Gespräche und verschlossenen Türen. Ich bin nicht sicher, wie es zu seinem plötzlichen Meinungsumschwung kam oder ob es vielleicht nur vorübergehend ist, weil er sich wegen der heimlichen Arztbesuche verteidigen will.
    Laut Mom ist nicht die KRANKHEIT unser Feind, die Ärzte sind es. Sie trifft sich gewissenhaft einmal pro Woche mit der Heilpraktikerin, um die Kräuterpräparate abzuholen, die Misty für meinen »Zustand«, wie Letztere es nennt, empfiehlt. Wenn Miss T. Undertaker das alles behandelt, als wäre es nur vorübergehend, ist das für mich okay. Vorübergehend bedeutet immerhin nicht tödlich. Es ist eine verdrehte, tröstende Logik.
    Seit Wochen schon habe ich mich auf diese Debatte wegen des Schulbesuchs vorbereitet. Ich bin so weit. Seit Merediths Vorschlag habich meine Argumente wie Coladosen auf einen Zaun gereiht. Ich habe all die Tricks und Kniffe ausgelotet, sodass ich Löcher in ihre jeweiligen Theorien schießen kann. Nachdem Mom Dad gegenüber Platz genommen hat, setze ich mich ebenfalls. Als ich anfange zu sprechen, sehen die beiden erstaunt auf, als hätten sie ganz vergessen, dass ich da bin. So viel zu der Lass-uns-offen-über-alles-reden-Strategie, aber das stoppt mich jetzt auch nicht mehr.
    »Schulbesuch ist Pflicht, oder? Die Schulbehörde kann Kinder zwingen, zur Schule zu gehen.« Obwohl mein Knöchel durch die Schiene geschützt ist, gebe ich acht, nicht gegen das Tischbein zu stoßen. Jetzt Schmerz zu zeigen, wäre das Ende meiner Glaubwürdigkeit. »Dann ist ... vielleicht auch das Gegenteil richtig: Ich habe ein Recht, zur Schule zu gehen. Das könnte gesetzlich verbrieft sein.«
    »Daniel, dein Vater und ich müssen Erwachsenendinge entscheiden.«
    »Die mich betreffen.«
    Dad legt seine Hand auf ihre, ein Signal, das ich kenne. Er denkt, sie begibt sich auf gefährliches Terrain. Ich packe die Gelegenheit beim Schopf und hake nach.
    »Müsstet ihr nicht einen medizinisch begründeten Antrag auf Hausunterricht stellen oder so etwas?« Es ist alles Teil meines Plans.
    Da der Gedanke, dass die Regierung ihr vorschreibt, was gut für ihre Kinder sein soll, meiner Mom generell nicht passt, erscheint es mir wie Zustimmung, dass sie nicht sofort aufspringt und protestiert. Dad wirft mir einen dankbaren Blick zu. Ich bin vernünftig, erleichtere ihm seine Aufgabe. Wenn es ein außergerichtliches Verfahren gibt, das einen Streit über Prinzipien vermeidet, wäre es der einfachste Weg, das alles ohne Gerichtsprozess zu klären. Dads großer Albtraum ist, dass Mom Randale macht.
    Er nickt zustimmend, in seinem Gesicht spiegelt sich Erleichterung wider. Er lächelt mich sogar an, mich, der den Landons all diese Probleme eingebrockt hat. »Wir könnten einen Antrag auf Hausunterricht stellen, Sylvie.«
    »Das ist nicht recht«, sagt sie. »Er lernt genau dieselben Sachen, die die anderen Schüler auch lernen. Er ist nur physisch nicht im Schulgebäude anwesend. Ich will, dass sie ihm dieselben Tests geben wie den anderen.«
    »Lass uns einfach zu dem Termin gehen und sehen, was sie zu sagen haben.« Dad hebt die Hand, damit ich ruhig bleibe. »Wir hören zu und bleiben offen für alles. Und wir sollten damit anfangen, sie nicht als unsere Feinde zu betrachten.«
    Nach dem Termin mit der Schulbehörde, aber noch bevor der Schulinspektor seinen offiziellen Beschluss verkündet, kommt ein weiterer Brief vom Essex County Sozial- und Jugendamt, wieder mit goldenem Siegel, in dem steht, dass sie einen Sozialarbeiter zur Überprüfung vorbeischicken werden, aber ohne Termin, was das Ganze meines Erachtens sinnlos macht. Diesmal

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