Fänger, gefangen: Roman
grundsätzlich umweltschädigend, eine Grube auszuheben und den Lebensraum für Molche oder Regenwürmer, oder was auch immer in den Gärten der Leute haust, zu zerstören.
»Wie kommt es, dass niemand schwimmt?«, fragt Meredith.
»Falls du es noch nicht bemerkt hast: Es ist fast November. Ein bisschen kalt zum Planschen.«
»Aber Leonard hat gesagt, sie wären letzte Woche noch schwimmen gewesen«, erwidert sie. »Er hat gefragt, ob Juliann und ich rüberkommen und den Pool ausprobieren wollen.«
Ich gebe mein bestes Piratengrollen. »Darauf möcht ich wetten.«
»Wir könnten ihn jetzt ausprobieren. Du und ich.« Sie bückt sich, dippt mit einer Hand ins Wasser und sieht mich freudestrahlend an.
Ich kann direkt die Gedanken in ihrem hübschen Kopf rumoren hören. Das ist die Brückenstürmerin, die ich kenne.
Sie kommt ganz dicht an mein Ohr, dichter, als es ohne Leute drumherum nötig ist, und flüstert: »Wir hätten ihn ganz für uns allein.«
»Würde ich dann zu sehen kriegen, was unter der äußeren Doppelgängerschicht ist?«
Daraufhin zieht sie sich das Laken über den Kopf, steigt aus den schwarzen Ballerinas und schiebt die Jeans runter. Als sie auch das schwarze Gymnastikding auszieht, sehe ich kurz etwas Weißes aufblitzen, bevor sie ins Wasser gleitet und wie eine Meerjungfrau abtaucht. Das weiße Blitzen ist vorbei, noch ehe ich registriert hab, was es war.
»Meredith.«
»Schsch.« Sie taucht wieder auf. »Komm und rette mich. Hier könnten Krokodile sein.«
Mack will noch nicht gehen. Juliann und vier Typen aus dem Lacrosse-Team machen Gläserrücken auf einem Ouija-Brett. Die Typen trinkenBier aus Flaschen, die sie unter dem Tisch verstecken. Gläserrücken hab ich nicht mehr gespielt, seit ich zehn war. Und ich werd nicht wieder damit anfangen. Mack tut mir leid. Er ist kleiner als jeder dieser Typen, aber schlauer als alle zusammen. Er sollte
Ring of Fire
singen und Juliann in die Nacht hinaustragen. Aber er hält trinktechnisch mit den Typen mit und überrascht mich, weil er sie anscheinend überzeugt, dass er ein Profi ist.
Senator Yowell ist sichtbar abwesend, was Leonard dazu verführt, mit seiner tollen Party anzugeben. Hasst ihr das auch so wie ich – Eigenlob? Was für ein Poser! Es kann die beste Party aller Zeiten sein, aber der Gastgeber darf das nicht selbst über sie sagen. Das weiß sogar ich, obwohl wir noch nie eine Party in unserem Haus hatten. Schon gar nicht im Hauboot. Könnt ihr euch die Schlagzeilen vorstellen?
Jugendliche ertrinken bei Hausbootparty.
Den Kamin dekorieren Bierflaschen, und daneben steht ein weiteres Grüppchen Gäste. Vielleicht haben die Lacrosse-Spieler das Bier mitgebracht? Ich habe das Bild in Lebensgröße vor Augen, wie Senator Yowell vor der Party das ganze Budweiser in die Vorratskammer räumt und wegschließt. Im Vergleich zu mir oder Holden leben die Yowells auf dem Präsentierteller, trotz der KRANKHEIT und des Prozesses wegen Vernachlässigung.
Die gerichtliche Anhörung muss das große Gesprächsthema der Stadt sein, da mittlerweile fast alle Erwachsenen, die wir kennen, die Straßenseite wechseln, wenn sie uns kommen sehen. Wenn meine Eltern nicht beantragt hätten, das Verfahren auszusetzen, und die Anhörung gewonnen hätten, würde ich jetzt Chemo kriegen und nicht Merediths Hand halten. Ich würde das verpassen, was schon jetzt zur besten Nacht meines Lebens geworden ist. Ohne Einschränkung.
Die Musik ist langsamer, und nur zwei Paare tanzen. Andere sitzen auf den Sofas im zweiten Wohnzimmer und im großen Wohnzimmer und sind wild am Knutschen. In der Ecke hocken zwei Typen, die ich nicht kenne, dicht über einen Beistelltisch gebeugt, und ich hab allmählich das ungute Gefühl, dass die Party außer Kontrolle gerät. Ichwürde Meredith gerne die Augen zuhalten, aber dann fällt mir wieder die Hakensache in der Küche ein und dass Meredith aus der großen Stadt Charlottesville kommt, also ist sie mit so was bestimmt viel erfahrener als ich. Man sollte meinen, dass das den Druck ein bisschen verringert. Aber es ist erstaunlich, wie allein schon daran zu denken, dass ein anderer Typ sie berührt, mich fertigmacht. Ich kann kaum atmen.
Sie bleibt dicht hinter mir, das Doppelgängerlaken straff um die Schultern gespannt. Ich rieche ihr Parfüm und das Chlor in ihren Haaren. Alle zwei oder drei Schritte stößt uns jemand an, und ein Tropfen fällt aus ihrem Haar auf meinen Hals. Kalt, aber wunderbar, weil er erst ihre Haut
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