Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
neunzehn
Uhr. Fahr mal rechts ran«, erwiderte er und gab wohl gerade Fahrunterricht, so
dachte Winkler.
»Wo
ist denn die Fahrschule?«
»An
der B 65 am Emsland-Stadion, nicht zu verfehlen. Steht draußen groß dran,
Herr Bulle.«
»Dulle,
nicht Bulle«, gab Winkler zurück und schmunzelte. Er hätte beinahe Polizist
gesagt.
»Und
wie teuer wird das ungefähr?«
»Pauschal
achthundert Euro. Das mit den Stunden kriegen wir schon irgendwie hin. Kein
Problem.«
»Und
der Unterricht? Wie oft muss ich kommen? Ich habe Klasse zwei und drei. Beide
beim Bund gemacht«, log er. Eckelhoff grinste immer noch.
»Das
klären wir heute Abend. Am besten kommst du um acht Uhr vorbei, dann sind die
anderen Schüler wieder weg und wir können in Ruhe reden. Wo warst du denn beim
Bund?«, fragte Reichert kameradschaftlich und wechselte zum vertraulichen ›Du‹.
»In
Lingen, bei den Panzern, aber das ist lange her. Gut, Max, dann bis heute
Abend.« Er legte auf.
»Da
kannst du mal sehen, was so in der Fahrschulszene abgeht. Pauschalangebote am
Telefon und die Ausbildung nimmt der anscheinend auch nicht so genau. Man ist
schnell per ›Du‹ und ich glaube, da ist noch Spielraum, wenn ich bar bezahlen
würde.«
»Wann
schnappen wir ihn uns?«, fragte Erik.
»Heute
Abend. Wir informieren die Kollegen in Rheine, du weißt, anderes Bundesland.
Dann holen wir ihn aus seinem Laden und nehmen ihn gleich mit. Kümmerst du dich
darum?«
»Geht
klar! Bis dahin sehe ich die Listen weiter durch«, er blätterte durch den
Stapel, »ist sehr interessant. Die meisten SMS stammen übrigens von weiblichen
Fahrschülern. Wer weiß, was der alles so gedreht und worin der seine Finger
hatte. Hier, höre dir die mal an:
»Hallo
gerd, deine neue frisur ist ja geil. Macht dich zehn jahre jünger und wenn ich
keinen freund hätte, könnte ich schwach werden. Lguk, heike. ps. Morgen wieder
rock?«
»Was
heißt den lguk?« Winkler verstand die Kürzel nicht.
»Liebe
Grüße und Küsse, weiß doch jeder.«
»Aha«,
er kratzte sich am Hinterkopf, »ich bin wohl zu alt für diese Sprache und für
das Web 2.0. Und wenn ich mir vorstelle, dass diese Heike, vielleicht ist sie
so um die achtzehn Jahre alt, mit Schuster geliebäugelt hat und extra Röcke zur
Fahrstunde anzieht? Der Kerl war achtundvierzig, zwei Jahre älter als ich.
Mann, was muss der es nötig gehabt haben. Macht mit Jugendlichen rum und sörrt
die voll, dass sie scharf auf ihn werden.« Winkler hatte sich leicht in Rage
geredet, denn er sah seine Töchter vor dem geistigen Auge.
»Dennis,
das sind Einzelfälle. In einer großen Herde von weißen Schafen ist immer auch
ein schwarzes. Ich habe meine Führerscheine in einer Fahrschule in Lingen
gemacht, bin mit dem Moped von Geeste dorthin gefahren. Da lief alles korrekt,
gute Ausbildung, realistische Preise und kompetente Fahrlehrer. Also, nicht
verallgemeinern.«
»Sorry!
Natürlich sind das Einzelfälle. Ich habe gerade nur an meine Mädchen gedacht.
So, ich muss noch zu Merger, mach mit den Listen weiter und rufe die Kollegen
in Rheine an. Wir treffen uns um sieben bei mir zu Hause.«
Kapitel 36
Der Espresso schmeckte lecker. Winkler saß neben seiner Tochter
Katrin auf dem Sofa und sah zum wiederholten Male auf seine Armbanduhr.
»Musst
du nochmal weg?«, wollte sie wissen und stellte ihre Espressotasse auf den
Tisch.
Er
liebte es, wenn sie beide sich zum gemeinsamen Smaltalk trafen. Mit Katrin
redete er anders als mit Svenja, irgendwie tiefgründiger. Über seine Arbeit
redete er normalerweise nicht mit ihr. Mehr über die Dinge, die sonst so auf
der Welt passierten.
Katrin
wollte nach dem Studium ins Ausland und armen Kindern helfen. Als Entwicklungshelfer
für zwei Jahre nach Äthiopien, sei ihr nächstes Vorhaben. Sie wollte von ihm
wissen, was er davon hielte und er fand es toll.
»Ja,
wir haben heute noch einen Einsatz in Rheine, ein Kollege holt mich gleich ab.
Sag mal, du hast doch deinen Führerschein in Lingen gemacht. Gab es in dieser
Zeit vonseiten des Fahrlehrers irgendwelche Unregelmäßigkeiten?«
»Wie
meinst du das, Papa?«, fragte sie überrascht.
»Ich
meine, hat der dich angemacht?«
»Ach
Papa. Nein, natürlich nicht. Der war doch viel älter als ich, bestimmt zwanzig
Jahre. Du hast mich doch zu der Fahrschule geschickt. Da war nichts! Außerdem
bin ich fast nur mit einer Fahrlehrerin gefahren. Ich habe auch von anderen
Fahrschülern nichts Derartiges gehört. Wie kommst du da jetzt drauf?«
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