Fahrt zur Hölle
quietschen begann, als Lüder ihn durchkitzelte.
»Was ist denn hier los?« Hauptkommissar Thiel streckte seinen Kopf aus der offenen Bürotür in den Flur hinaus. »Wer macht hier so einen Lärm?«
»Das ist kein Lärm«, erwiderte Lüder, »sondern Teil zwei der Beamtenprüfung.«
Dann befreite er den jungen Mann und lud ihn zu einem Becher Kaffee ein, den sie im Geschäftszimmer einnahmen.
Dort wurden sie von Dr. Starke überrascht. Der Kriminaldirektor strahlte, als er Lüder erblickte, streckte ihm die Hand entgegen, und es schien, als würde er sie nicht wieder freigeben wollen. Lüder war überrascht. Die Freude des Abteilungsleiters klang ehrlich und nicht aufgesetzt.
»Kommen Sie mit zu mir«, bat ihn Dr. Starke in sein Büro. Dort ließ er sich von Lüder Bericht erstatten.
»Das klingt befremdlich.« Der Kriminaldirektor wiegte den Kopf. »Wir sollten uns jeden weiteren Schritt überlegen. Das ist ein heißes Eisen, da kann man sich leicht dran verbrennen. Vielleicht ist es klug, erst einmal ein wenig Zurückhaltung zu üben.«
»Damit wäre niemandem gedient. Mit Sicherheit wird die Presse von der Affäre erfahren. Damit würden auch wir in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Abgesehen von der Frage, ob Strafvereitelung im Amt vorliegen könnte, sind in jüngster Zeit zahlreiche Dinge publik geworden, bei denen man den Ermittlungsbehörden schiere Pannen vorgeworfen hat. Alle diese Fälle hatten einen politischen Hintergrund und haben manch Leitenden Kopf und Stellung gekostet. Die mussten ihren Abschied nehmen und sich in den vorläufigen Ruhestand zurückziehen. Sie sind doch noch zu jung, um schon am Vormittag auf dem Golfplatz Ihre Runden zu drehen.«
»So war das nicht gemeint«, beeilte sich Dr. Starke zu versichern. »Vergessen Sie nicht, dass wir hier in Kiel alles unternommen haben, um Sie wieder freizubekommen. Auf mein Betreiben hin haben Herr Nathusius und ich Staatssekretär Holzbunge aufgesucht, den Sie ja aus Berlin kennen. Der hat mit dem Innenminister gesprochen, und der Druck, den Herr Nathusius und ich aufgebaut haben, hat letztlich dazu geführt, dass die Bundeswehr die Befreiungsaktion durchgeführt hat.«
Lüders bedauerte, dass der alte Ministerpräsident nicht mehr im Amt war. Den neuen kannte er nicht. Noch nicht. Doch der schien seine eigenen Sorgen zu haben, da er sich so oft die Haare raufen musste, dass er jetzt ohne herumlief.
»Na, Sie können schon wieder lächeln«, zeigte sich Dr. Starke erfreut. »Wir sind alle froh, dass die Sache ein gutes Ende genommen hat.«
»Noch ist dieser Fall nicht abgeschlossen«, mahnte Lüder. »Als Nächstes interessiert mich, wer Hans-Günter Schöster wirklich ist.«
Dr. Starke fuhr mit Daumen und Zeigefinger über seine Mundwinkel.
»Da gibt es ein kleines Problem.«
Lüder ahnte es, überließ es aber dem Abteilungsleiter, es auszusprechen, und zog fragend eine Augenbraue in die Höhe.
»Nun, äh – ja«, druckste Dr. Starke herum. »Schöster ist schon gestern im Golf von Aden auf ein anderes Schiff umgestiegen.«
»Bitte? Ich hatte den Kommandanten der ›Sachsen‹ ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Schöster nach Deutschland überstellt werden muss.«
»Den Fregattenkapitän trifft kein Verschulden. Er hat extra noch einmal nachgefragt, als er die Anweisung aus Potsdam erhielt.«
»Vom Führungskommando der Bundeswehr? Ich kann mir nicht vorstellen, dass man dort solche Entscheidungen trifft.«
»Das ist zutreffend. Die kam aus Berlin.«
»Vom Kanzleramt? Hat das auf den Verteidigungsminister eingewirkt? Oder wer spielt dort sonst noch mit?« Lüder war enttäuscht. Das wollte er nicht unhinterfragt im Raum stehen lassen.
»Ich weiß es nicht«, gestand der Kriminaldirektor ein. »Über den Urheber ist nichts bekannt geworden.«
»Dann müssen wir unsere Ermittlungen dahin gehend ausdehnen«, sagte Lüder.
Ihm war bewusst, dass es eine rhetorische Floskel war. Walter Rukcza zum Beispiel war auch Mitglied des Bundestages und genoss deshalb Immunität. Und in der Hierarchie noch höher stehende Persönlichkeiten würde man kaum mit diesem Vorgang in Verbindung bringen können. Mit Sicherheit würde Oberstaatsanwalt Brechmann nicht mitwirken.
»Und die Container?«
»Dazu liegen mir keine Informationen vor.« Dr. Starke wirkte sichtlich kleinlaut.
»Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass bei uns gekungelt wird wie in einer Bananenrepublik.« Lüder unternahm gar
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