Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
auf das Schiff geschmuggelt? Was wäre passiert, wenn es nicht den ungeplanten Betriebsunfall mit dem Piratenüberfall gegeben hätte?«
    »Ihre Phantasie geht mit Ihnen durch«, sagte Rukcza. »Ich bin mir sicher, dass es für alles eine rational nachvollziehbare Erklärung gibt.«
    »Es sei Ihnen versichert, dass ich danach suche«, schloss Lüder das Gespräch.
    Was wäre, wenn man in Berlin nach der Kaperung der »Holstenexpress« in helle Aufregung geraten war, da man sehr wohl vom brisanten Inhalt der Container wusste und das auf jeden Fall geheim halten wollte? Das würde auch erklären, dass keine Lösegeldforderung publik geworden war. Die hatte man schnell und diskret befriedigt. War es vielleicht sogar eine versteckte Drohung des Reeders Nils Jessen gewesen, als er in der Berliner Runde erklärt hatte, die Reederei könne sich ein Lösegeld nicht leisten? Hatte der Flensburger damit die Weichen dafür gestellt, dass die Bundesrepublik dafür aufkommen sollte? Aber warum hatte man das Kieler Landeskriminalamt eingeschaltet und Lüder förmlich genötigt, nach Afrika zu fliegen? Noch waren nicht alle Fragen geklärt.
    Lüder genoss die Seereise nach Dschibuti. Die Mannschaft der »Sachsen« unternahm alles, um ihm die vierundzwanzig Stunden so angenehm wie möglich zu gestalten. Er wurde umsorgt, hervorragend verpflegt und empfand sogar einen Hauch von Kreuzfahrtfeeling.
    In dem ehemaligen Seeräubernest hatte die Botschaft alles vorbereitet. Es gab keine Probleme mit fehlenden Papieren, der Flug war gebucht, und es blieb keine Zeit, um etwas von Dschibuti zu sehen. Danach stand Lüder auch nicht der Sinn.
    Bald darauf saß er in einem Flugzeug der Air France, und Kapitän Legrande, wie er sich vorgestellt hatte, sorgte für einen reibungs- und komplikationslosen Flug nach Paris. Lüder schlief die ganze Zeit über und nickte auch auf den beiden Anschlussflügen nach Amsterdam und von dort nach Hamburg immer wieder ein.
    Margit erwartete ihn am Terminal und schloss ihn fest in die Arme. Sie sagte keinen Ton, erhob keinen Vorwurf und gab sich viel Mühe, ihre Tränen zu verbergen. Auch die Fahrt nach Kiel verlief schweigend. Worte waren überflüssig, die ineinander verhakten Finger sagten mehr als alle Erklärungen.
    Die Fragen wurden später gestellt, als er im Hedenholz in Kiel eintraf. Die Kinder bestürmten ihn, Jonas wollte alles genau wissen, und Margit versuchte vergeblich, den Nachwuchs abzublocken. Lüder war es recht.
    Er mochte nichts erzählen. Zu unwirklich war das, was er erlebt hatte. So beschränkte er sich auf Allgemeinplätze und schmückte den Besuch in »Afrika« mit bunten Bildern aus, die er in blumigen Worten ausmalte.
    Es war schön, wieder in Kiel zu sein.

NEUN
    Es war wundervoll gewesen, im eigenen Bett zu schlafen, ohne auf Geräusche achten zu müssen, tief, fest und traumlos, und zuvor den vertrauten Duft der Frau zu erleben, die neben ihm lag; es war erneut eine unruhige Nacht, doch diesmal nicht vor Sorge, sondern vor Glück.
    Lüder ließ sich unendlich viel Zeit im Bad, genoss das warme Wasser, empfand das Summen des Rasierapparats wie Musik und dachte an Galaydh, der jetzt keine Zahnbürste mit dem erfrischenden Pfefferminzgeschmack der Zahnpasta benutzte, sondern seine Zähne mit einem Kauholz reinigte.
    So gern Lüder auch das gemeinsame Frühstück noch länger ausgeweitet hätte, er musste ins LKA .
    »Was sind das für Sitten?«, empfing ihn Friedjof, der Bürobote, auf dem Flur. »Du gehst in Urlaub, ohne dich zu verabschieden. Warst du wieder in Schweden?«
    »Ich habe einen Kurzurlaub im Urwald gemacht«, erwiderte Lüder.
    »Jaja.« Friedjof lachte. »Das glaube ich dir auch.«
    »Ich war wirklich in Afrika, Friedjof.«
    »Da hast du etwas versäumt«, erwiderte Friedjof. »Inzwischen ist Holstein Kiel Deutscher Meister geworden.«
    »Im Mannschaftshalma? Beim Aktenweitwurf? Oder im Dampfnudelrollen?«
    Friedjof nahm einen Aktenstapel, den er auf seinem Rollwagen transportierte, und deutete an, Lüder damit bewerfen zu wollen.
    Lüder sprang auf den jungen Mann zu, und ehe sich Friedjof besinnen konnte, hatte Lüder ihn überwältigt und mit Handschellen an den Aktenwagen gefesselt.
    »Nun geh zu Dr.   Starke«, empfahl ihm Lüder. »Der ist auch Polizist. Der wird dich wieder losschließen.«
    »Du warst gar nicht in Afrika, sondern in Moskau. Das sind hier Methoden wie in … wie in …«, sagte der junge Mann. Weiter kam er nicht, weil er laut zu lachen und zu

Weitere Kostenlose Bücher