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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Der jüngere der Jugendlichen stieg mit in das Boot. Dann startete der Mann den Außenbordmotor, und das wendige Gefährt nahm rasch Fahrt auf. Der kräftige Volvo-Motor schien Lüder moderner und neuer Bauart zu sein.
    Lüder vermied den Blickkontakt mit den beiden und versuchte sich zu orientieren. Dem Sonnenstand nach fuhren sie in südlicher Richtung und durchquerten eine Art Lagune, bis das Boot nach einer längeren Fahrtstrecke nach links schwenkte. Das Wasser war flach, und zu beiden Seiten waren Sandbänke zu erkennen.
    Der Mann ließ das Boot auf den Strand auflaufen und zwang Lüder, es an Land zu ziehen. Dann musste er vor den beiden herlaufen, nachdem sie ihm eine Richtung angegeben hatten. Das Gehen erwies sich als schwierig. Der sandige Boden, der einer Dünenlandschaft ähnelte, war mit niedrigen Gräsern bewachsen. Es war ein kräftezehrender Marsch, auch wenn es nur eine Dreiviertelstunde dauerte, bis am Horizont eine Siedlung auftauchte.
    Das musste Hafun sein, eine Hafenstadt auf dem Landvorsprung, der hier in den Indischen Ozean hineinreichte. Lüder sah eine Ruine, die ein wenig an die herabgestürzte Fassade des World Trade Centers erinnerte. Die Reste eines zerstörten Stegs ragten wie tot aus dem Wasser. Die Straßen zwischen den weiß getünchten Häusern mit den auffallend grünen Dächern waren staubig. Ein Belag fehlte.
    Kurz darauf hatten sie ihr Ziel erreicht, zwei Hütten in Strandnähe. Sie waren von einer der für Somalia typischen Mauern umgeben. Das Tor wurde hinter ihnen geschlossen, nachdem seine Führer von zwei anderen Männern begrüßt worden waren. Die drei erwachsenen Männer verschwanden ins Innere des Hauses, während der Junge sich in den Schatten der Hütte setzte und die MP i auf den Knien hielt. Dabei ließ er Lüder, der mitten auf dem Hof stand, nicht aus den Augen.
    Nachdem man ihn eine Weile hatte stehen lassen, hockte Lüder sich auf den sandigen Boden. Es war mittlerweile warm geworden, und der Schweiß drang ihm aus allen Poren. Außer einem aus der Hütte dringenden Palaver war nichts zu hören. Das passte zum Gesamteindruck des Anwesens. Es wirkte verlassen.
    Schließlich kamen die drei Männer aus der Hütte. Lüders Führer verabschiedete sich und wurde zum Tor begleitet, während einer der Bewacher auf Lüder zukam und in gebrochenem Englisch sagte: »Kommen Sie.«
    Er führte Lüder zur zweiten Hütte, zog aus seinem Gewand einen altertümlichen Schlüssel, über den sich jeder Requisiteur eines Historienfilms begeistert gezeigt hätte, schob den zusätzlichen stabilen Sperrriegel auf und öffnete die Tür.
    »Rein«, sagte er.
    »Wie soll es weitergehen?«, begehrte Lüder auf.
    Aber der Mann holte aus und trat Lüder schmerzhaft an den Oberschenkel. Lüder stolperte in das Innere und hörte, wie hinter ihm krachend die Tür ins Schloss fiel.
    Lüder schlug eine Welle unglaublichen Gestanks entgegen, die ihm den Atem raubte. Er versuchte flach zu atmen, aber die schlechte Luft blieb. Dann bemerkte er die Menschen, die wie in einem schlechten Mantel-und-Degen-Film auf dem Fußboden kauerten, gegen die Wand lehnten oder sich zusammengerollt hatten.
    »Hello« , sagte er auf Englisch.
    Unverständliches Gemurmel drang ihm entgegen.
    »Ich bin Achim Wolfram, Journalist aus Kiel«, versuchte Lüder es auf Deutsch.
    »Aus Kiel?« Eine Stimme in unverkennbar breitem Hamburger Dialekt kam aus einer Ecke. Dann schraubte sich eine Gestalt in die Höhe und wankte mehr, als dass sie ging, auf ihn zu. Im Halbdunkel sah Lüder eine Hand, die sich ihm entgegenstreckte.
    »Hein Piepstengel. Von Hamburch. Genau genommen von Barmbek. Kennst die Dehnhaide? Da bin ich von her. Mensch. Wie haben sie dich denn erwischt? Bist auch mit ’nen Kahn unterwegs gewesen?«
    »Ich bin auf der Suche nach den Entführern der ›Holstenexpress‹ und ihrer Besatzung.«
    »Glückwunsch. Hast beide gefunden. Komm, setz dich.« Piepstengel zog Lüder am Ärmel an die Wand und ließ sich dort nieder. Lüder setzte sich neben ihn.
    »Mensch. Das ist ja ’nen Ding.« Piepstengel war sichtlich aufgeregt. »Hätt ich nicht gedacht, dass da so ’n Schreiber bis hierher dackelt. Nur für uns.« Er stieß seinen Nachbarn an. »Das glaubst nicht, Datu, was?« Dann knuffte er Lüder in die Seite. »Ach, der versteht mich ja nicht. Ist Matrose. Kommt von den Philippinen. Komisch, was? ’nen deutsches Schiff, und nur zwei können die Sprache.«
    »Wer spricht noch Deutsch?«, fragte Lüder in den

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