Faith (German Edition)
nur eingebildet? Der Wolf hätte sie doch sicher einholen können, wenn das sein Ziel gewesen war. Richards Verhalten war merkwürdig gewesen, er hatte behauptet, den Grauen nicht gesehen zu haben. Damals schon hatte sie den Eindruck gehabt, dass Richard log.
Hatte er den Wolf geschickt?
„Sag meinem Vater und Richard wo wir sind, geh zu ihnen zurück.“
Es war vielleicht den Versuch wert, mit dem Tier zu sprechen, auch wenn sie sich dabei lächerlich vorkam.
Adam war endlich stehen geblieben.
Er und Jamal sahen gebannt zu, wie der Wolf sich erhob und vor Faith den Kopf senkte. Danach wandte er sich um und verschwand in der Ferne.
„Ich konnte seine Gedanken lesen.“ Sie sah die Jungen verwirrt an.
„Offenbar hat Richard meinen Vater wirklich gefunden, Patricia hat die Wahrheit gesagt.“
„So langsam glaub ich alles.“
Jamal steckte, mit zitternder Hand, den Pfeil zurück in den Köcher.
„Bist du sicher, dass nicht die Sorge um deinen Vater dich den Wolf hören lässt?“, fragte Adam skeptisch. Er war nicht so schnell bereit, ihr zu glauben wie Jamal.
„Lasst uns weitergehen, hier kann uns jeder schon von Weitem sehen. Außerdem möchte ich wissen, was das da vorne für ein Gebäude ist.“
Adam war ungeduldig, verwirrt und er hatte Angst. Was sollte noch alles geschehen?
Aber er war nicht der Typ, der sich von seiner Angst lähmen ließ.
Um die Kuppeln und Türme des Palastes flogen laut kreischend Schwärme von Silbermöwen. Als die Freunde näher kamen, entdeckten sie das schier endlose, sich aufbäumende Meer dahinter.
Schillernd entstiegen Kaskaden silberner Tropfen den anrollenden meterhohen Wellen, die sich am Ufer brachen, sich zurückzogen, um dann erneut anzugreifen.
Weißer Schaum bedeckte den Strand. Mit jeder anbrandenden Woge wurde eine Flut von glitzernden Fischen an Land gespült, die im Morgenlicht wie flüssiges Silber funkelten.
Die Möwen stürzten sich laut schreiend aus ihrer luftigen Höhe auf diese köstliche Mahlzeit, um sich mit ihrer Beute sofort wieder emporzuschwingen.
Die Ankunft der Freunde war nicht unbemerkt geblieben.
Die Bestien, die um das Gebäude herumschlichen, näherten sich ihnen mit gesträubtem Fell. Jamal nahm wieder den Bogen von der Schulter, Faith griff ganz unbewusst nach dem Mondsteinring auf dem Zeigefinger ihrer linken Hand. Doch der Ring war nicht mehr da.
Lisa ist weg
Laura unterbrach ihr Spiel und drehte sich auf dem Klavierhocker um. Lara stand in der Tür.
„Ich mach mir Sorgen.“
Laura hob fragend die Augenbrauen und wartete auf die Fortsetzung.
„Um was geht’s?“
„Ich kann Lisa nicht erreichen.“
„Sie würde sich melden, wenn etwas nicht in Ordnung wäre.“
Lara war den Tränen nahe.
„Wenn Adam was passiert ist.“
Hinter Lara erschienen nun auch Lena und Noah im Musikraum. „Wir müssen überlegen, was wir tun sollen. Wir haben alle versucht, Lisa zu erreichen.
Sie meldet sich nicht. Das Handy ist nicht ausgeschaltet, aber sie geht nicht ran. Auch auf Roberts Festnetz ist nichts zu machen. Am besten wäre es hinzufahren und nachzusehen.“
Noah holte Luft und fuhr fort: „Ich trommle die Jungs zusammen, wir treffen uns unter den Arkaden im Hof.“
Laura suchte Valerie und die Mädchen gingen, trotz des einsetzenden Regens, nach unten in den Innenhof.
Es war deutlich wärmer geworden in den letzten zwei Tagen, der Schnee nahm bereits eine schmutziggraue Färbung an.
Nach und nach erschienen auch Christian, Viktor, Bruno, Paul und Noah, sie hatten Ben im Schlepptau.
„Ich hab auf dem Weg hierher versucht, Lisa zu erreichen. Nichts zu machen. Aber ich habe eine SMS von ihr.“ Er las den anderen die Nachricht vor: Wir haben einen blauen Schmetterling am alten Baum gesehen. Faith, Jamal und Adam versuchen, diese andere Welt zu finden. Ich halte die Stellung und kümmere mich um Wolle. Melde mich, Lisa . Ben stutzte. „Die SMS ist alt, verdammt, wie kann das sein …“ „Wie alt?“
„Zwei Tage“, sagte Ben schuldbewusst. „Ich hatte das Ding verlegt.“
Wieso hatte Lisa Bens Handynummer? Aber das war jetzt nicht so wichtig. Christian machte sich Sorgen um Jamal und natürlich auch um Faith und Adam.
„Ich fahre morgen hin und sehe mich um.“
„Wir können Lisa nicht noch eine Nacht allein lassen. Wenn sie gestürzt ist oder krank kann sie sich nicht melden.“
Ben und Christian beschlossen, den Bus zu nehmen und sofort zur alten Villa fahren. Sie würden sich eine Ausrede einfallen
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