Faktor, Jan
einmal die Spannung des unteren
Fadens viel zu straff, das andere Mal klemmte der obere Faden irgendwo - und
die Spannung stimmte wieder nicht. Das übernächste Mal steckten hinter der
Spulenkapsel festgebackene Fussel.
- Sie näht
aber noch, meinte Dana.
Daß die
Batterien in ihren Taschenlampen ausliefen, war die Regel. Warum aber alle
Abflußrohre - trotz gelegentlicher Reinigung - dauernd voller Dreck nicht
gekannter Güte waren, war seltsam. Dieser Dreck bildete in den Rohreneine Art
Teppichboden, oft lagen darin langgestreckte schmale Läufer - geflochten aus
Haaren und pflanzlichen Fasern. Wir freuten uns beim Anblick der befreiten
Dreckmasse immer wieder von neuem. Das war in dem Zusammenhang aber auch das
einzige Vergnügen. Bei uns zu Hause produzierten wir und unsere Umwelt niemals
einen derartigen Rohr-Schmant und nicht annähernd so viele Faserkuchen.
Weil ich
handwerklich vieles noch nicht wirklich beherrschte und einiges erst lernen
mußte, beging ich oft böse Fehler. Ich schaffte es beispielsweise nicht, einen
Stuhl aus Hartholz zu stabilisieren, obwohl ich der Meinung war, mit Holz
einigermaßen umgehen zu können. Bei dieser Reparatur hatte ich sogar zwei
Stahlwinkel und viele Schrauben verbaut, der Stuhl wackelte aber trotzdem
weiter und brach eines Tages unter Danas dickem Nachbarn zusammen. Der sah sich
die reparierten Schwachstellen unter der Sitzfläche gleich an - noch auf dem
Boden im Liegen. Dabei entdeckte er meine Winkel und die vielen lockeren
Schrauben - diese steckten nämlich in völlig ausgehöhlten, beim Schrauben
freigeleierten Löchern.
- Welcher
Idiot war hier dran? So ein Schwachsinn! Die Löcher hätte man vorbohren müssen,
geleimt ist hier auch nichts.
Nach
diesem Vorfall bekam ich einen Schreck, ich könnte hier bei Dana eines Tages zu
einem Onkel-Ableger mutieren. Oder vielleicht zu einer noch viel schlimmeren
Kreatur - Onkel ONKEL war im Vergleich zu mir ein wahrer Zauberer. Warum ich
den Stuhl nicht geleimt hatte, konnte der Nachbar nicht wissen. Ich hatte nicht
nur keinen Leim dabei, mir fehlten längere Zwingen, mit denen ich die ganze
Sitzfläche hätte umfassen können. Daß ich beim Schrauben in das edle harte Holz
glatte Krater hineingewühlt hatte, quält mich bis heute.
Im stillen
Konkurrenz- und Abgrenzungskampf mit meinem Onkel entwickelte ich irgendwann
eine Leidenschaft für alle Arten von Werkzeugen. Mir sollte nie wieder ein
passendes oder sogar rettendes Werkzeug für einen speziellen Eingriff fehlen.
Eine Zeitlang kaufte ich wahllos alles mögliche, was ich bezahlen konnte. Und
ich konnte es: Ich fand immer eine ahnungslose Tante, die die Notwendigkeit
dieser oder jener Anschaffung akzeptierte und mir das nötige Geld gab. In Prag
gab es damals einige überraschend üppig sortierte Eisenwarenläden, und
Werkzeuge waren zum Glück überhaupt nicht teuer. Besonders gern kaufte ich
exotische, kurios aussehende Arbeitsgeräte, bei denen ich nicht einmal wußte,
für welche Arbeiten sie eigentlich gedacht waren. Ich war mir aber sicher: In
meiner glücklichen Zukunft würde es kein beschämendes Versagen mehr geben. Und tatsächlich
gab es später immer wieder solche Momente. Manchmal erst nach zehn oder
fünfzehn Jahren kam ein dreibackiger Abzieher zum Einsatz, ein um die Ecke
bohrender Futteraufsatz oder beispielsweise ein dünner, ganze fünfunddreißig
Zentimeter langer Schraubenzieher.
Meine
frühen handwerklichen Einsätze sind im Grunde aber nicht mein Thema. Die
eigentliche Problembaustelle war damals selbstverständlich Dana selbst. Und
mich umschimmelte das dumme Gefühl, sie in ihrem Haus auf Dauer doch nicht
allein lassen zu dürfen. Bei Frauen hatte ich später nie etwas dagegen, wenn
sie Hilfsbedürftigkeit abstrahlten. Bei Dana wußte ich aber nicht, wo ich hätte
anfangen sollen. Bei Wasserrohren, Batterien, Ameisenrouten? Und egal, wie
viele Vitamine und Mineralstoffe sie dank ihrer Brennesselsuppen zu sich nahm,
sie lebte furchtbar ungesund.
Meine
Fluchttendenzen hingen im Grunde, wie schon angesprochen, nicht mit Danas
Hygieneproblemen oder ihren teilweise unerträglichen Tieren zusammen. In ihrer
ganzen Sanftheit - und das merkte ich erst relativ spät - steckteunterschwellig
auch etwas furchtbar Diktatorisches. Weil ich so viel jünger war, ordnete ich
mich in der Regel bedenkenlos unter, irgendwann war es mit meiner
Bedenkenlosigkeit aber zu Ende. Dana brachte ihrer verseuchten Umgebung, ihren
kränkelnden Geräten oder ihren
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